So wie die mediale und öffentliche Glorifizierung von Sportlern mitunter übertrieben ist, so überspannen auch die Postings, die seit Donnerstag in den sozialen Medien zu lesen sind, den Bogen. Wahrscheinlich nehmen das Entsetzen und die Aufregung auch deshalb solche Ausmaße an, weil gerade hierzulande mit „Ski-Ikonen“ gerne höhere Ansprüche verknüpft werden. Nach dem Motto: Wer auf zwei schmalen Brett’ln mit 140 km/h in Kitzbühel die Streif hinunterrast, der wird doch wohl im echten Leben nicht so schnell aus der Spur geraten.
Darf denn, bitteschön, ein dreifacher Olympiasieger keinen Fehler begehen? Ist es einem Sporthelden etwa nicht gestattet, Schwächen zu zeigen? Glaubt wirklich ernsthaft wer, dass ein Idol wie Matthias Mayer in allen Lebenslagen funktionieren und immer alle Erwartungen erfüllen muss?
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Einzelsportler werden gerne einmal als Egoisten abgestempelt, die weder links noch rechts schauen. Aber gerade Matthias Mayer war nie ein Selbstdarsteller, sondern jemand, der immer darauf geachtet hat, dass es den anderen gut geht: So haben er und seine Familie seinerzeit bei sich daheim Flüchtlinge aufgenommen, ohne es an die große mediale Glocke zu hängen.
Es war auch Mayer, der seine ÖSV-Mannschaftskollegen davon überzeugen konnte, zehn Prozent der Preisgelder an Bedürftige zu spenden. Nach seinem dritten Olympiagold vor zwei Jahren in Peking schenkte er jedem Mitarbeiter des Betreuerstabes eine Luxusuhr. Noch wenige Stunden vor seinem Eklat schwärmten die jungen ÖSV-Abfahrer, wie rührend sich Mayer in seiner neuen Rolle als Trainer und Mentor um sie kümmern würde. Mayer hat stets auf die anderen geschaut, dabei ist er selbst womöglich zu kurz gekommen.
Wahrscheinlich hat es genau so kommen müssen: An diesem einzigartigen Schauplatz mit seinem unvergleichlichen Ambiente. Nirgendwo wird die Heldenverehrung so betrieben wie in Kitzbühel. Dass Matthias Mayer gerade an diesem Ort einen Aushänger hat, ist ein Hilfeschrei, der hoffentlich für ihn Gehör findet und weder skandalisiert noch tabuisiert wird.
Man darf und muss an dieser Stelle die psychischen und privaten Probleme ansprechen, die im Dezember 2022 zu seinem spontanen Rücktritt geführt haben.
Matthias Mayer hatte als Skifahrer die Gabe, auf der Piste die größten Schwierigkeiten mit einer faszinierenden Leichtigkeit zu meistern. Das Leben stellt ihn nun vor größere Herausforderungen als die Mausefalle.
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