Matthias Mayer: "Ich muss mich nicht als Sieger feiern lassen"
Die Art und Weise, wie Sportler ihre Karrieren beenden, sagt einiges über den Menschen hinter dem Athleten aus. Die Sportwelt erlebte groß inszenierte Rücktritte, die live zur Primetime im TV liefen, andere verzichteten auf die große Show und verkündeten den Abschied kurz und bündig via Social Media oder Presseerklärung.
Und dann gab es Matthias Mayer, der sich auf eine Art verabschiedete, die in dieser Form einzigartig ist.
Vor einem Jahr stellte sich der dreifache Olympiasieger in Bormio nach der Besichtigung des Super-G zum ORF-Interview und sagte Adieu. „Das ist jetzt aber ein Schmäh“, wurde er von Rainer Pariasek live auf Sendung gefragt. Es war kein Schmäh, wie wir heute wissen.
Rückkehr ausgeschlossen
In einem ersten Interview ein Monat nach dem Rücktritt hatte Mayer noch eine Rückkehr in Aussicht gestellt. „Wenn ich für mich das Feuer finde, wieder Zielen nachzueifern – warum sollte es kein Comeback geben?“, sagte er damals in Afritz am See. Inzwischen ist dieses Kapitel abgeschlossen. Nun kehrt der 33-jährige Kärntner als Mitglied des ÖSV-Betreuerstabs nach Bormio zurück.
Wann war Ihnen bewusst, dass Sie nicht mehr zurückkehren wollen?
Matthias Mayer: Im Frühling war mir klar, dass das nichts mehr wird. Damals habe ich ein eMail von der Anti-Doping-Behörde bekommen und musste mich an dem Tag festlegen, ob ich in der heurigen Saison starte oder nicht. Ich wollte mich zu diesem Zeitpunkt aber nicht festlegen. Deshalb habe ich damals gesagt: ,Na, jetzt tu’ ich es nimmer.‘
Denken Sie denn noch wie ein Abfahrer?
Teilweise schon. Ich kann mir natürlich die Ideallinie vorstellen, ich kann mir vorstellen, wie es ist, da runterzufahren. Aber ich kann mir körperlich nicht vorstellen, wie das gehen soll.
Wie viel Zeit würden Sie heute verlieren?
Das ist echt eine interessante Frage, wo ich stehen würde, wenn ich jetzt mitfahren würde. Ich habe kein Training betrieben, aber eine gewisse Grundkondition ist da. Und mit meiner Erfahrung wüsste ich schon, was ich zu tun hätte. Es würde schon irgendwie funktionieren. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich unbedingt eine Abfahrt runterfahren müsste.
Klingt so, als wäre die Abfahrerkarriere schon weit weg.
Ich habe mit dem Rennläuferleben abgeschlossen. Es ist inzwischen richtig weit weg. Mir kommt es vor, als hätte ich einen neuen Lebensabschnitt begonnen. Deshalb mag ich mich in das Rennfahren jetzt gar nicht mehr so reinversetzen. Mir taugt es, das Ganze jetzt von der anderen Seite zu sehen. Ich will meine Informationen und mein Wissen an die Kollegen weitergeben.
Wie genau sieht ihre Rolle im Abfahrtsteam aus?
Cheftrainer Marko Pfeifer ist im Sommer auf mich zugekommen und wollte, dass ich die Mannschaft zu einigen Rennen begleite. Ich mach’ das gerne, weil ich es in gewisser Weise auch in meiner Verantwortung sehe, dass ich mithelfe. Und es ist bei den Läufern auch sehr gut angekommen. Die Athleten kommen zu mir und fragen mich nach meiner Einschätzung und wie ich die Dinge sehe. Ich bin da ein wenig wie ein Lehrer, der vor allem eines vermitteln möchte: Dass sie den Ski mit Freude laufen lassen sollen.
Werden Sie denn manchmal noch sentimental, wenn Sie ihre früheren Teamkollegen wie zuletzt in Gröden bei der Siegesfeier erleben?
Ich freue mich da für die Athleten mit. Mir fehlt das echt nicht, ich muss mich nicht als Sieger feiern lassen. Natürlich waren das schöne Ereignisse und Erinnerungen, wenn ich durch das Ziel fahre, und der Einser scheint auf und ich kann dann jubeln. Auf Dauer muss ich das aber nicht haben. Es war wirklich schön, das zu erleben, aber ich habe damit auch abgeschlossen.
Wie sehen denn Ihre Pläne abseits des Skisports aus?
Ich habe kein konkretes Ziel und muss mir auch keinen Stress machen. Zurzeit ist es sehr angenehm, vor allem wenn ich wie jetzt nebenbei im Weltcup dabei bin. Ich werde nicht mehr in den Mittelpunkt gestellt. Das ist angenehm, seit ich nicht mehr aktiv bin. Die Leute haben eine echte Freude, wenn sie mich sehen. Früher habe ich mich beobachtet gefühlt und bin mir oft gehyped vorgekommen.
Kommentare