„Heute war der richtige Tag für diesen Moment. Es ist jetzt einfach so. Ich freue mich, dass ich diesen Schritt gemacht habe“, sagte Matthias Mayer in Bormio. Auf die Frage, welche Gründe ihn zu diesem Schritt bewogen haben, meinte er nur: „Ich brauche keinen Grund.“
Große Leere
Dass sich Matthias Mayer in den vergangenen Monaten die Sinnfrage gestellt hat, ist kein Geheimnis. Nachdem er bei den Winterspielen in Peking im Super-G die Goldmedaille gewonnen hatte, die ihn zum erfolgreichsten österreichischen Skifahrer der Olympia-Geschichte aufstiegen ließ, verspürte der Kärntner ein Gefühl der Leere. „Die Frage stand im Raum, ob ich weitermachen soll. Es gibt eigentlich keinen besseren Moment, als mit dem dritten Olympiasieg aufzuhören“, erzählte Mayer im Sommer.
Natürlich hätte es für ihn noch Ziele und Herausforderungen gegeben. Matthias Mayer hat erstaunlicherweise nie eine WM-Medaille gewonnen, auch eine Kristallkugel fehlt in seiner Trophäensammlung. Aber rechtfertigt das die Gefahren, denen sich ein Abfahrer aussetzen muss? Matthias Mayer hat das Privileg, in der Blüte seines Rennläufer-Lebens und in bester Gesundheit die Bühne verlassen zu dürfen. Das ist keineswegs selbstverständlich in diesem Hochrisiko-Sport. Auch Mayer wäre beinahe ein Opfer seiner großen Leidenschaft geworden. 2015 brach er sich in Gröden zwei Wirbel und entging nur knapp einer Querschnittlähmung.
Menschliche Größe
Die sportliche Lücke, die der Sieger von elf Weltcuprennen hinterlässt, ist das eine. Fast noch mehr wird Matthias Mayer als Teamleader und Integrationsfigur fehlen. Der Kärntner war der Beweis dafür, dass im Hochleistungssport sehr wohl auch Platz ist für Menschlichkeit.
Ihm wäre es im Gegensatz zu früheren ÖSV-Stars niemals in den Sinn gekommen, seine Erfahrungen und sein Wissen nicht an die Teamkollegen weiterzugeben. Er kehrte nie den Superstar und Olympiahelden hervor, sondern er war tatsächlich: Mensch Mayer.
Soziale Ader
Mit seiner Familie nahm er vor einigen Jahren Flüchtlinge bei sich daheim auf, ohne das an die große Glocke zu hängen, weil es für ihn eine Selbstverständlichkeit war. Als Teile Kärntens letzten Sommer von einer Hochwasserkatastrophe betroffen waren, rückte Matthias Mayer mit seiner Schaufel an und half mit.
Der Sieger, der immer Mensch geblieben ist – das wird von Matthias Mayer als Athlet in Erinnerung bleiben. Und seine letzten Worte in Bormio, die einige als Zeichen für eine mögliche Rückkehr verstehen wollen: „Ich könnte zehn Jahre weiterfahren. Aber jetzt reicht’s einmal.“
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