„Wir haben immer spezielle Handys, spezielle Computer mit nach China genommen“, erzählt Sinologin Susanne Weigelin-Schwiedrzik dem KURIER. Dass Daten von den Geräten „abgesaugt“ werden, wisse jeder, der sich näher mit China beschäftigt.
Wer sich in China aufhält, finde sich im Grunde damit ab, seine Daten mit der Regierung zu teilen, sagt der Buchautor und Journalist Mark Dreyer in Peking zum KURIER. „Wir verwenden WeChat für alles. Nachrichten, Steuern zahlen, Essen bestellen, all diese Apps sind in das WeChat-System integriert.“
Es gilt die Regel: je bequemer, desto durchsichtiger. Die Frage sei nicht, wie viele Daten gesammelt werden, sondern, was damit geschehe – Datenlecks und Hackerangriffe sind eine nahe liegende Gefahr, sagt Dreyer, der sich in einem Buch („Sporting Superpower“) und einem Podcast („China Sports Insider“) mit den Spielen in Peking auseinandersetzt.
In China wird zudem fast in jedem Gebäude die Temperatur gescannt – erfasst mit der „My2022“-App, die sich auch jeder Ausländer 14 Tage vor Ankunft aufs Handy laden muss. Der Vorwand der Behörden: der Kampf gegen Corona. Die Sorge der Kritiker: dass diese Art der Kontrolle nie mehr verschwindet.
Denn nicht nur in Peking, auch bei künftigen Olympischen Spielen sei umfassende Überwachung geplant, kritisierten zuletzt Europaparlamentarier. „Solche Systeme wie Gesichtserkennung beginnen mit außerordentlichem Einsatz und werden dann zur Norm“, glaubt der EU-Abgeordnete Patrick Breyer aus Deutschland. Noch sei biometrische Massenüberwachung in der EU verboten. Doch vor allem Frankreich, wo die nächsten Sommerspiele 2024 stattfinden, dränge in der EU auf eine Zulassung. 3,84 Kameras seien pro 1.000 Einwohner bereits installiert. Kein Vergleich mit China: Dort sind es in manchen Städten um die 100 pro 1.000 Einwohner.
Breyers Kollegin Gwendoline Delbos-Corfield glaubt, dass es biometrische Überwachung auch schon bald in Europa geben könnte. „Der Vorwand der Sicherheit hat für viele Vorrang vor den Grundrechten“, sagt sie. Großereignisse und Sportveranstaltungen setzen Trends bei der Überwachung, glaubt Patrick Breyer, „als Testlauf für die gesamte Gesellschaft“.
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