Augen auf: Diese Skistars stehen in diesem Winter im Fokus

Manuel Feller: Hoffnungsträger, Hingucker, Heilsbringer.
Nach den Rücktritten von Hirscher, Svindal, Neureuther und Vonn ist Platz für neue Helden. Wer rückt ins Rampenlicht?

198 Weltcupsiege, 43 Medaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, 14 Gesamtweltcupsiege - mit Lindsey Vonn, Marcel Hirscher, Aksel Lund Svindal und Felix Neureuther hat nicht irgendwer den Skisport verlassen. Dieses Quartett hat diesen Sport über eineinhalb Jahrzehnte geprägt, sie waren nicht nur Seriensieger sondern auch Publikumslieblinge und Botschafter des Skisports.

Wenn jetzt am Samstag in Sölden mit dem Riesentorlauf der Damen die neue Saison eröffnet wird, dann fährt auch die Ungewissheit mit: Wird durch die Rücktritte dieser Stars das Interesse am Skisport schwinden? Wer kann in die riesigen Fußstapfen von Hirscher, Vonn, Svindal und Neureuther treten? Welche Sportler rücken nun ins Rampenlicht?

Gelegenheit für einen Blick in die Kristallkugel: Der KURIER präsentiert Läuferinnen und Läufer, die im kommenden Winter im Fokus stehen werden?

Mikaela Shiffrin: Es würde wirklich verwundern, wenn die US-Amerikanerin nicht auch in dieser Saison wieder die große Dominatorin wäre. Sollte die 24-Jährige fit bleiben, dann kann der Weg zum Gesamtweltcupsieg eigentlich nur über sie führen. In Zeiten, in denen sich viele Läufer auf zwei Disziplinen spezialisieren und konzentrieren (müssen), brilliert Shiffrin mit ihren Allrounderqualitäten. Nicht umsonst hat sie als einzige Läuferin überhaupt, in allen sechs aktuellen Einzel-Disziplinen (Abfahrt, Super-G, Riesentorlauf, Slalom, Parallel-Bewerb, Kombination) bereits einen Weltcupsieg einfahren können. Ihre Ansage beim Atomic-Media-Day vor zwei Wochen muss für die Konkurrenz wie eine Drohung wirken. "Ich bin stärker geworden und habe mich weiter verbessert", hatte Shiffrin dort gemeint.

Petra VlhováDie Slowakin avancierte in den vergangenen beiden Saisonen zur großen Herausforderin von Mikaela Shiffrin. Als einzige gelang es Vlhová im letzten Winter, die Dominatorin aus den USA in einem Weltcupslalom (Flachau) zu besiegen. In den restlichen acht Saisonslaloms war jeweils Shiffrin die Schnellste. Die 24-Jährige räumte bei der Ski-WM in Are mit Gold (Riesentorlauf), Silber (Kombination) und Bronze (Slalom) groß ab und löste in ihrer Heimat Slowakei einen regelrechten Ski-Boom aus. Da die Technikspezialistin Vlhová dank ihrer Größe und Fitness auch für die Speedbewerbe gute Veranlagungen besitzt, sieht auch Shiffrin in ihr die Hauptkonkurrentin. "Petra ist sehr stark."

   
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Petra Vlhova gewann bei der WM in Are drei Medaillen.

Nici Schmidhofer: Die 30-Jährige ist so etwas wie die emotionale Leaderin im österreichischen Damen-Team und sorgte auch sportlich für die letzten großen Akzente. 2017 wurde die Steirerin Super-G-Weltmeisterin, im vergangenen Winter holte sich Schmidhofer die kleine Kristallkugel für den Abfahrtsweltcup. Sie führt ein starkes österreichisches Speed-Team an: Mit Ramona Siebenhofer, Stephanie Venier und Mirjam Puchner feierten in der letzten Saison drei weitere ÖSV-Läuferinnen Siege in der Abfahrt.

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Nici Schmidhofer erhielt die goldene Teekanne - als Preis für die beliebteste Skisportlerin.

Anna Veith: Im Dezember werden es zwei Jahre, dass die zweifache Gesamtweltcupsiegerin ihr letztes Rennen gewonnen hat. Die Salzburgerin hat eine lange Leidenszeit mit etlichen Knie-Operationen hinter sich, im Jänner 2019 hatte sie sich erneut einen Kreuzbandriss zugezogen und kämpft aktuell um ihr Comeback. Der Riesentorlauf in Sölden kommt für die 30-Jahre naturgemäß viel zu früh, Veith will sich überhaupt auf ihre Paradedisziplin Super-G konzentrieren, in der sie 2018 Olympiasilber geholt hatte.Nach der letzten schweren Verletzung hatten viele bereits mit dem Rücktritt der Salzburgerin gerechnet, doch Anna Veith will es noch einmal wissen. Mikaela Shiffrin warnt jedenfalls davor, die Österreicherin schon abzuschreiben. "Sie hat eine so tolle Technik, ich schau' ihr einfach gern beim Fahren zu."

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Anna Veith will es noch einmal wissen.

Alexis Pinturault: Der Franzose wäre eigentlich der legitime Nachfolger von Marcel Hirscher. Der 28-Jährige ist einer der letzten Allrounder und hat mit Ausnahme der Abfahrt bereits in allen Disziplinen gewonnen. In den vergangenen sieben Saisonen landete Pinturault im Gesamtweltcup sechs Mal in den Top drei, letzten Winter gewann er die Wertung der Hirscher-Konkurrenten. "Er steht jetzt im Fokus und ist in der Favoritenrolle", weiß ÖSV-Cheftrainer Andreas Puelacher, "ich bin schon gespannt, wie er mit dieser neuen Situation umgeht."

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Alexis Pinturault hat in seiner Karriere 23 Rennen gewonnen.

Henrik Kristoffersen: Hätte es Marcel Hirscher nicht gegeben, der Norweger wäre heute schon um einige Titel und Trophäen reicher. In den vergangenen vier Jahren elektrisierte dieses Duell die Skiszene, nicht nur einmal verließ der impulsive Kristoffersen wutentbrannt den Zielraum, weil er gegen Hirscher wieder einmal das Nachsehen hatte. Nun scheint der Weg frei für den 25-Jährigen, der heuer in Are seinen größten Erfolg feiern durfte: WM-Gold im Riesentorlauf. "Marcel wäre nicht so schnell gefahren, wenn ich nicht da gewesen wäre. Ich habe ihn schnell gemacht. Wir haben uns gegenseitig besser gemacht", sagte der Technik-Spezialist dieser Tage in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung.

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Henrik Kristoffersen geht wieder auf Trophäenjagd.

Vincent Kriechmayr: Viele Experten sagen, der Speedspezialist aus Oberösterreich habe in Abfahrt und Super-G das Zeug zum Seriensieger. Mit dem Abfahrer ging es in den letzten Saisonen steil bergauf, 2019 gewann er in Wengen und holte bei der WM in Are gleich zwei Medaillen. Wenn der 28-Jährige wie bisher vom Verletzungspech verschont bleibt, dann ist er auf dem Weg ganz nach oben nur schwer aufzuhalten.

Marco Odermatt: Wenn es um künftige Ski-Helden geht, dann fällt immer wieder der Name Marco Odermatt. Als erstem Läufer überhaupt war es dem 22-Jährigen Schweizer gelungen, fünf Goldmedaillen bei einer einzigen Junioren-WM zu gewinnen (2018 in Davos). Inzwischen hat sich der Allrounder auch schon im Weltcup etabliert und kann in seiner Paradedisziplin Riesentorlauf bereits zwei Podestplätze vorweisen. In der skiverrückten Schweiz sehen manche in Marco Odermatt schon einen neuen Marcel Hirscher - auch wegen des ähnlichen Vornamens. Fraglich ist, wie der 22-Jährige mit den hohen Erwartungshaltungen umgehen kann.

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Marco Odermatt wird als neuer Marcel Hirscher gehandelt.

Dominik Paris: In den Speedbewerben ist der Bull aus dem Südtiroler Ultental der Mann, den es zu schlagen gilt. In den letzten Jahren hat sich Dominik Paris zu einem Experten für die anspruchsvollsten Pisten entwickelt, sowohl in Bormio als auch in Kitzbühel gewann der 30-Jährige bereits vier Mal. So spektakulär sein Fahrstil ist, so legendär sind auch seine Interviews. Den Ultener Dialekt, den Dominik Paris selten einmal ablegt, verstehen nicht einmal in Südtirol alle.

Clément Noël: Marcel Hirscher geriet regelrecht ins Schwärmen, wenn er dem jungen Franzosen beim Slalomfahren zusah. "Der fährt einen unglaublichen Schwung", meinte der achtfache Gesamtweltcupsieger. Clément Noël gewann im vergangenen Winter drei Slaloms, darunter die Klassiker in Wengen und in Kitzbühel. Mit seinen 22 Jahren hat der Franzose die Zukunft noch vor sich.

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Clément Noël gewann den Slalom von Kitzbühel.

Manuel Feller: Man muss sich eigentlich fast schon wünschen, dass der 27-Jährige endlich den großen Durchbruch schafft und zum Winnertypen wird. Denn Siegerinterviews mit ihm hätten sicher Kultcharakter. Manuel Feller ist so etwas wie der bunte Hund im Skizirkus: Wallende Mähne, wilder Fahrstil, eigenwilliger Schnauzer - der Tiroler ist ein echter Hingucker. Nach dem Rücktritt von Marcel Hirscher ruhen jetzt noch mehr Blicke und Hoffnungen auf Feller, der dieser Tage Papa wird. Gut möglich, dass der 27-Jährige an dieser Herausforderung wächst.

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Manuel Feller hat das Zeug zum Publikumsliebling.

Marco Schwarz: Mit drei Medaillen war der Kärntner bei der WM in Are sogar erfolgreicher als der große Marcel Hirscher. Wenn es in dieser Tonart weiter gegangen wäre, dann hätte der Alleskönner tatsächlich Anspruch auf den Gesamtweltcup erheben können. Doch unmittelbar nach der WM zog sich Marco Schwarz einen Kreuzbandriss zu und sieht den heurigen Winter deshalb nur als Übergangssaison. Trotzdem sind dem Technik-Spezialisten einige Erfolge zuzutrauen.

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