Seit bald drei Jahren ist Werner Kogler (Grüne) Vizekanzler und Sportminister, beinahe sein ganzes Leben lang ist der 60-Jährige bereits Anhänger des SK Sturm Graz. Am Mittwoch trifft sein Herzensklub im ÖFB-Cup auf den GAK. Es ist das erste Stadtderby seit 15 Jahren.
KURIER:Woher kommt Ihre Leidenschaft für Sturm Graz?
Werner Kogler: Ich bin seit dem Kindergartenalter dem Klub verbunden. Das hat sich einfach ohne viel Zutun entwickelt. Wissen Sie was: Sogar meine Vorliebe für Kaffee hat mit dem SK Sturm zu tun.
Wie bitte?
Ich erinnere mich an eine Europacup-Partie gegen Arsenal Anfang der Siebzigerjahre. Ich wollte die Radioübertragung am Abend unbedingt erleben und habe aus diesem Grund erstmals Kaffee getrunken, um wach zu bleiben. Das ist mit allerdings nicht sonderlich bekommen.
In erster Linie war es das Gruppenerlebnis beim Fußball, der der einzige organisierte Sport in meiner Region damals gewesen ist. Das Glücksgefühl beim ersten Torerfolg war schon etwas ganz Spezielles, schwer zu beschreiben. Als Landkind aus der Region Hartberg war ich bis Sonnenuntergang einfach immer im Freien, das Rad war unser Fortbewegungsmittel, kein Sport im klassischen Sinn. Wir sind überall hingeradelt, jedenfalls bis zur Lafnitz. Die Grenze zum Burgenland war auch unsere natürliche Grenze.
Muss man heute Kinder aktiver zur Bewegung bringen?
Das Leben der Kinder ist heute viel stärker organisiert, die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung sind größer. Mir ist bewusst, dass man mehr Aufwand betreiben muss, um Kinder zur Bewegung zu bringen.
Ist daher im Budget ein Posten für die tägliche Bewegungseinheit reserviert?
Das Pilotprojekt, das bereits läuft, deckt viele Gegenden ab, wenngleich man noch nicht von einer flächendeckenden Lösung sprechen kann. Was wir bei diesem Projekt aber nicht machen, ist eine Evaluierung erst nach Ende des zweijährigen Projekts. So lange wollen wir nicht warten. Die Evaluierung läuft parallel, um es rasch überall ausrollen zu können.
Von der täglichen Bewegungseinheit in Schulen haben schon viele Regierungen gesprochen und Pilotprojekte gestartet. Was ist diesmal anders?
Es gibt mehrere Bereiche, bei denen es in der Vergangenheit in der österreichischen Politik immer geheißen hat: Geht nicht! Denken Sie nur etwa an die Abschaffung der Kalten Progression oder an die Valorisierung der Sozialleistungen für Familien. Im Bildungswesen ist mir in meiner Zeit als Nationalratsabgeordneter oft eines aufgefallen: Das Erste, das zusammengekürzt wurde, waren die Bewegungseinheiten. Das wollen wir umkehren.
Gegen Bewegung von Kindern kann eigentlich niemand etwas haben, oder?
Ich glaube, dass auch meine Vorgänger im Ministerium auch die Notwendigkeit dazu gesehen haben. Aber Bemühen allein reicht in der Politik irgendwann nicht. Du musst zur richtigen Zeit die entscheidenden Personen zusammenbringen, konkrete Vorschläge machen und es auch gegen Widerstände durchziehen. Denn eines ist klar: Die meisten dieser Projekte kosten viel Geld.
Was waren Ihre Vorschläge?
Wir haben das gesamte Projekt etwa um die Hälfte billiger gemacht, weil wir die Trainer und Trainerinnen von außen in die Schulen bringen. Dagegen gab es in der Vergangenheit einige Widerstände. Für uns war das aber entscheidend, um es durchzubringen.
Was macht für Sie eine Sportnation aus? Und: Ist Österreich eine?
Ganz klassisch lässt sich das einerseits beim Blick in den Medaillenspiegel sehen, obwohl ich persönlich nicht so der Medaillenfreak bin wie manch anderer. Aber auch da sind wir aktuell auf einem besseren Weg als noch vor ein paar Jahren. Da wurde aber schon vor meiner Amtszeit viel gute Arbeit geleistet, so ehrlich möchte ich auch sein.
Welche Rolle spielt der Breitensport?
Eine zentrale, vielleicht sogar die wichtigere. Da gibt’s für mich zwei entscheidende Fragen: Wie wird Bewegung privat organisiert? Wo kann die Politik helfen, um Bewegung zu erleichtern? Ob Sportnation oder nicht – wir müssen ganz generell ein bewegtes Land werden.
Im neuen Budget sind 40 Millionen Euro mehr für den Spitzensport vorgesehen. Wie soll die Verteilung aussehen?
Prinzipiell bekommt jeder Fachverband ab 2023 um knapp 60 Prozent mehr als derzeit. Die Verbände sind aber auch dazu angehalten, sich genau zu überlegen, was sie mit den Mehreinnahmen tatsächlich machen wollen. Die Verteilung erfolgt für den Rest der Förderperiode entlang des geltenden Bundes-Sportfördergesetzes. Das erscheint mir essenziell, damit die Planbarkeit für die Verbände gewährleistet ist. Für die nächste Förderperiode kann man sich sehr wohl ansehen, ob man auch in die Förderstrukturen eingreift.
Handelt es sich in Österreich um ein zeitgemäßes Modell der Förderung?
Ich habe natürlich auf meiner Liste, dass der Rechnungshof einige Punkte kritisiert hat. Man muss aber auch sehen, dass wir dank der bestehenden Struktur mit Fach- und Dachverbänden die Herausforderungen der Pandemie ziemlich erfolgreich bewältigt haben im Sportbereich. In der Krise hat sich die Struktur durchaus bewährt. Bei der Transparenz sind wir im Sport, verglichen mit anderen Bereichen im Land, gar nicht so schlecht aufgestellt. Beim Corona-Hilfsfonds wird man auf den Cent genau sehen, wer wie viel und wofür bekommen hat. Ob das dann am Ende alle freut, wird sich erst weisen. Aber wichtig ist es, weil wir hier von Steuergeld sprechen.
Kann Sportförderung überhaupt fair sein?
Das ist eine verhängnisvolle Frage. Fairness ist, wenn es nachvollziehbare Regeln und eine funktionierende Kontrolle gibt. Dann darf sich am Ende niemand beschweren. Was es aber von Zeit zu Zeit immer geben muss, ist die Möglichkeit einer Debatte, ob man manche Regeln ändern muss.
Es kann nicht den Steuerzahlern zugemutet werden, dass wir alle Energiekosten ersetzen"
von Werner Kogler
zur Teuerung im Sport
Die Teuerung bei Energiekosten trifft den Sport mit seinen Sportstätten hart. Wie will das Ministerium helfen?
Wir werden schauen, dass wir das meiste in Betrieb halten können, um Bewegung auch dort weiterhin zu ermöglichen. Wenn vielleicht zehn Prozent aufgrund des hohen Energieaufwandes derzeit nicht möglich sind, etwa im Bereich des Nachtskilaufes oder beim Betrieb von Sporthallen zu bestimmten Tageszeiten, dann ist das einen Winter lang schweren Herzens zu verkraften. Der Corona-Hilfsfonds hat uns da viel gelehrt, wenngleich nun viele Richtlinien anders handzuhaben sind.
Was meinen Sie damit?
Beim Corona-Fonds sind wir bewusst mit der Gießkanne drübergegangen, weil jeder von den Lockdowns betroffen war. Jetzt werden wir schon genauer hinschauen und gezielter vorgehen müssen, weil bestimmte Sportarten und -stätten besonders betroffen sind. Schwimmen ist da ein gutes Beispiel, weil wir gar nicht so viele Schwimmhallen haben. Gleichzeitig werden wir mitunter genau hinschauen, ob es ein glaubwürdiges und nachhaltiges Bemühen zum energieeffizienten Betrieb gibt. Es kann nicht den Steuerzahlern zugemutet werden, dass wir alle Energiekosten ersetzen. Ich bin überzeugt, dass viele Sportstättenbetreiber zehn Prozent an Energie einsparen können, ohne riesigen Komfortverlust.
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