Was denn?
Der Mensch braucht auf Dauer auch ein anderes Leben abseits von Homeoffice, Inzidenzzahlen und Hospitalisierungen. Und da gehört Bewegung einfach dazu. Wenn du nur Einschränkungen hast, ist das irgendwann nicht gesund. Dieses Abwägen, wie lange ich etwas erlaube, ist wichtig und essenziell, aber oft eine ungemein schwierige Sache.
Die Leute haben im Lockdown Bewegung gesucht. Das ist im Winter schwieriger, vor allem in der Stadt. Wie kann das Sportministerium da gegensteuern?
Die Möglichkeiten am Land sind sicher andere. Wir können natürlich nicht auf die Schnelle die Winterinfrastruktur einfach in die Stadt bringen. Wir wollen Indoor-Sport so lange es irgendwie geht aufrechterhalten, mit 2-G sind wir da gut unterwegs. Aber es müssen sich alle daran halten, der Spitzensportler wie auch der kleine Verein am Land. Die Rate der Immunisierung ist ein wesentlicher Faktor. Offen bleibt die Entwicklung durch die neuen Virusvarianten.
Es ist Ewigkeiten her, dass in Wien Leichtathletik-Meisterschaften stattgefunden haben, weil es keine adäquate Freianlage gibt. Sportstättenbau ist Ländersache, ist das dennoch nicht ein Armutszeugnis?
Was österreichweit helfen wird, ist, dass wir das über viele Jahre vernachlässigte Projekt einer Sportstättendatenbank umsetzen. Jedes Bundesland schaut natürlich in erster Linie auf sich selbst. Ich als Sportminister muss aber das Ganze im Blick haben. Bei den Hallen in Wien ist einiges im Entstehen. Die Initialzündung muss immer vom Land kommen. Aber der Bund kann nur dann unterstützen, wenn Bundesrelevanz gegeben ist. Dramatischer ist für mich die Lage beim Schwimmen.
Inwiefern?
Unser Plan sieht vor, jedem Bürger die Möglichkeit zu geben, Schwimmen zu erlernen. Das kann im Notfall lebenswichtig sein. Allerdings verursachen Bau und Betrieb einer Schwimmhalle enorme Kosten. Da werden rasch alle finanziellen Dimensionen des Sportbudgets gesprengt, weshalb wir über andere Wege zu einer Lösung für ein möglichst flächendeckendes Angebot kommen müssen. Dafür muss es von Bund und Ländern eine politische Grundsatzentscheidung geben, die über Jahre und Legislaturperioden mitgetragen wird.
Wie sehen Sie das Verhältnis von Breiten- und Spitzensport?
Es gibt natürlich einen Zusammenhang zwischen Breite und Spitze. Bewegungskultur ist für eine Volkswirtschaft enorm wichtig. Aber gerade hier treten Effekte nach Maßnahmensetzung erst sehr spät ein. Wir müssen die Menschen motivieren, sich mehr zu bewegen. Das kann nur über Vereine und die Schule funktionieren. Eine Taskforce aus Sport- und Bildungsministerium sowie Sport Austria hat erstmals in der Geschichte der täglichen Bewegungseinheit ganz konkrete Modelle entwickelt, wie sie zeitnah Wirklichkeit werden kann.
Wie wichtig ist der Blick in den Medaillenspiegel?
Man ist schon gerne vorne dabei. Aber bei aller Liebe zum Welterfolg – es ist wichtig, dass es für die Spitzensportler eine Absicherung gibt. Die schulische oder fachliche Ausbildung neben dem Sport muss den Namen verdienen. Es können nur sehr wenige Olympiasieger werden. Das Leben besteht nicht nur aus Rang 1. Das Streben nach Medaillen darf nicht dazu führen, dass manche Athletinnen und Athleten Gefahr laufen, langfristig auf der Strecke zu bleiben. Aufgabe von Sportpolitik ist es, die Balance zu finden.
Wie treffsicher ist die Sportförderung? Zuletzt gab es Kritik vom Rechnungshof an der Vergabe der Mittel.
Wir haben eine Sportförder- und Entscheidungsstruktur übernommen, die sehr österreichisch ist. Es gibt Strukturen, die in anderen Ländern gar nie so entstanden wären mit Dach- und Fachverbänden sowie einem weitverzweigten, föderalen System. Insofern ist Sportförderung in der Spitze schon davon abhängig, wie gut Erfolgsfaktoren messbar sind. Mein Zugang war, seit Ausbruch der Pandemie umso mehr, dass mit dem bestehenden System weitergefahren wird. Alles andere hätte in dieser Zeit keinen Sinn ergeben.
Gibt es Überlegungen, das irgendwann zu ändern?
Man muss sicher adaptieren. Mir ist wichtig, dass Ziele definiert werden, entlang denen man Budgets festschnüren kann. Ich war am Anfang dem System sehr kritisch gegenüber eingestellt, muss aber betonen, dass vieles in Kooperation besser funktioniert, als ich dachte.
Seit Jahren sind es ziemlich genau 80 Millionen Euro aus den Lotterieeinnahmen, die den Großteil des Budgets ausmachen. Eine Wertanpassung gab es nie. Warum?
Der Sockelbetrag sind immer diese 80 Millionen Euro, das stimmt. Aber wenn es Mehreinnahmen gab, wurden die entsprechend der Auslegung des Glücksspielgesetzes, weitergegeben. Das Ziel ist sicher, mit dem neuen Finanzminister hier in ordentlichen Dimensionen nachzuziehen.
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