Das Warten auf Tennis-Triumphe: Der lange Schatten des Dominic Thiem
Gesegnet ist ein Land, in dem die Latte hoch liegt. Gesegnet ist Österreichs Tennissport, der stets Großes herausbrachte. Thomas Muster und Dominic Thiem gewannen Grand Slams, bei den Frauen gab es Zeiten, in denen die Anzahl an Top-100-Spielerinnen zweistellig war. Die Doppel-Asse stehen auf den Siegerlisten der größten Turniere.
Im Moment lässt sich aufrecht unter besagter Latte durchgehen. In einem Land, das – hoffnungsvoll formuliert – in einer Übergangsphase ist. Von Krise mag (noch) keine Rede sein, aber reißt Dominic Thiem, der seine Karriere ohne große Hoffnung auf einen weiteren großen Titel mit Saisonende beenden wird, eine zu große Lücke? Gewiss sei gesagt, dass die internationale Konkurrenz immer größer wird, die Dichte an der Weltspitze immer breiter.
Das Vorbild
Der Steirer Sebastian Ofner ist seit Monaten Österreichs einziger Top-50-Spieler, ein Vorbild für alle anderen. Er zeigte, was man im etwas fortgeschritteneren Alter alles noch erreichen kann, war kurz die Nummer 37 und hält sich nach wie vor in dieser Gegend auf. Aber nur große Titel erzeugen Euphorie, Finaleinzüge bei 250er-Turnieren (zuletzt auf Mallorca) rufen keinen Ausnahmezustand im Lande aus. Zumindest darf er bei Olympia starten.
Die zweite Garde
Dazu zählte Ofner jahrelang ebenso, den Leuten hinter Thiem wurde viel zugetraut. Allen voran dem 30-jährigen Dennis Novak, den allerdings immer Verletzungen zurückwarfen. Der Wahl-Burgenländer schaffte es zumindest in die Top 100 wie auch Jurij Rodionov. Der 25-Jährige hielt sich zuletzt nie lange bei Turnieren auf und fällt im Ranking wie seine Landsmänner immer mehr zurück. Filip Misolic stand 2022 im Finale von Kitzbühel, war unter großen Prophezeiungen auf dem Sprung in die Top 100 und findet sich nun auf einem Platz um 200 wieder. Mit 22 Jahren hat der Steirer aber noch viel vor sich, wie auch der 21-jährige Salzburger Lukas Neumayer, der ebenfalls sein großes Potenzial nur selten auf die Courts bringt.
Der 22-jährigen Sinja Kraus bescheinigt ÖTV-Frauenchefin Marion Maruska „sehr hohes Potenzial, das sie aber zu selten ausspielt“. Julia Grabher, Österreichs etatmäßige Nummer eins und Olympiastarterin, war auf dem Sprung in die Top 50, ehe sie eine Handverletzung stoppte. Zuletzt verlor sie bei den Staatsmeisterschaften gegen eine 41 Jahre alte Salzburger Tennis-Mama, die dann sogar ins Finale kam. Kein Gütesiegel für Österreichs Nachwuchs.
Die Doppler
Jürgen Melzer, Julian Knowle, Oliver Marach und auch Alex Peya (Mixed) gewannen Slams, Österreichs derzeitigem Paradedoppel Alex Erler und Lucas Miedler hat man dies vor langer Zeit auch vorausgesagt.
Die Hoffnungen
Wenn man monatelang eine Nummer eins bei den Junioren hat, darf man schon träumen. Joel Schwärzler, der bei ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer in besten Händen ist und auch bei Günter Bresnik trainiert, gewann im Mai in Skopje mit 18 sein erstes Challenger – Thiem war bei der Premiere 20. Noch Jüngere, wie Anna Pircher, Lilli Tagger oder Thilo Behrmann, geben ebenso Anlass zur Hoffnung.
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