Vor zehn Tagen waren am Fuße der Nordkette noch allesamt euphorisch gewesen. Organisator Herwig Straka, der entscheidend mitgeholfen hatte, das Daviscup-Turnier nach Innsbruck zu holen, schwärmte bei der Pressekonferenz von einem „Weltereignis.“ Die Vertreter des Tourismus rieben sich in Erwartung ausländischer Tennis-Anhänger die Hände und der grüne Innsbrucker Bürgermeister verwies stolz auf den ökologischen Fußabdruck des Events.
Die kolportierten fünf Millionen Euro, die diese Veranstaltung kostet, schienen in allen Belangen ein gut investiertes Geld. Zumal Gastgeber Österreich mit Serbien (Freitag) und Deutschland (Sonntag, jeweils 16.00) auch noch richtiges Losglück hatte. Viele der 7.000 Tickets für die Österreich-Partien waren seit Wochen vergriffen. „Wir haben uns auf Spiele bei einem riesengroßen Event vor prächtiger Publikumskulisse gefreut“, sagt Daviscup-Kapitän Stefan Koubek. „Aber Jammern bringt nichts.“
Auf dem Areal der Innsbrucker Olympiahalle prallen gerade zwei Welten aufeinander. Einen Aufschlag vom Centre Court entfernt, herrscht tagtäglich jener Andrang, den sich die Veranstalter und die Spieler für das Tennisfest gewünscht hatten. In der Innsbrucker Covid-19-Screeningstraße auf dem riesigen Parkplatz neben der Halle stauen sich die Autos. Mit einer 7-Tage-Inzidenz von 1.316 lag Tirol am Mittwoch wieder weit über dem Österreich-Schnitt.
Der Lockdown passt irgendwie in Gesamtbild. Denn das Daviscup-Finale stand schon von Beginn an unter keinem guten Stern. Als Innsbruck im April als einer von drei Austragungsorten neben Madrid und Turin auserkoren wurde, waren die Voraussetzungen noch andere: Dominic Thiem wurde damals noch nicht von seiner hartnäckigen Verletzung geplagt, das Tennis-Spektakel schien garantiert. Heute ist von den drei Top-Stars in der Österreich-Gruppe nach der Absage von Alexander Zverev nur Novak Djokovic übrig geblieben.
Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass jetzt ausgerechnet der Serbe, der in Sachen Corona zuletzt mit einer verzerrten Wahrnehmung aufgefallen ist, vom Virus ausgebremst wird und er nicht auf die Unterstützung der serbischen Fans setzen kann, die im Normalfall in Scharen in die Olympiahalle gepilgert wären und für einen richtigen Zinnober gesorgt hätten.
Tennispartien ohne Publikum sind in etwa so prickelnd wie stilles Mineralwasser. Selbst mitreißende Matches wie Dominic Thiems Triumph im US-Open-Finale 2020 gegen Zverev wirken befremdlich, wenn die Reaktionen und Emotionen von den Rängen ausbleiben. Und gerade der Daviscup lebte stets von der Länderspiel-Atmosphäre. Die Duelle von Thomas Muster & Co. gegen Schweden, die USA oder Deutschland waren legendär und zählen zu den Highlights der österreichischen Tennishistorie.
Heute genießt der Daviscup längst nicht mehr den Status von damals. Der Turnierkalender ist so dicht, dass kaum mehr Termine frei sind für die Länderduelle, neue Tennisformate wie der Laver-Cup, der Vergleichskampf Europa gegen den Rest der Welt, scheinen Spieler wie Fans mehr in den Bann zu ziehen.
Wie meinte Stefan Koubek, als er gefragt wurde, in welche Richtung sich der Daviscup entwickelt hat: „Ich habe das Gefühl, es wird nie mehr so wie früher.“
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