Rennen um die Millionen: Unruhige Zeiten im österreichischen Sport
Es gibt viel zu besprechen im österreichischen Sport. Zu wenig Geld sei da, heißt es von den Verbänden, die auch die Verteilung der Fördermittel hinterfragen, ebenso die Strukturen im ÖOC. Das sind die Eckpunkte der Debatte.
Bundes-Sport GmbH
Seit dem neuen Sportgesetz aus dem 2017 ist die BSG für die „Vergabe, Abwicklung und Kontrolle von Förderungen“ zuständig. Die beiden Geschäftsführer mussten nun nach fünf Jahren neu ausgeschrieben werden. Michael Sulzbacher, zuständig für kaufmännische Angelegenheiten, wird trotz fünf weiterer Bewerbungen wohl bleiben. Beim „Geschäftsführer für Förderung der Sportorganisationen“, Clemens Trimmel, ist das nicht ganz so klar. Dem Ex-Tennisprofi wird von einigen Verbänden vorgeworfen, dass sein Kommunikationswille eingeschränkt sei. Schwimmpräsident Arno Pajek: „So sollte man nicht mit Menschen umgehen. Da fühlt man sich als Bittsteller, manchmal gar als Lehrbub.“
Bestellt wird der Geschäftsführer vom Sportminister auf Vorschlag des BSG-Aufsichtsrates. Vorsitzender ist Ex-Rapid-Manager Werner Kuhn, Stellvertreter Sport-Austria-Präsident Hans Niessl, Mitglieder sind ÖOC-Präsident Karl Stoss und Ulrich Zafoschnig (Sportunion Kärnten). Niessl: „Es gibt ein Hearing mit allen elf Kandidaten. Dafür haben wir einen Fragenkatalog, mit dem wir auf Grundlage des Gesetzes und der Ausschreibung entscheiden werden. Es wird keinen Dreier-Vorschlag geben, sondern eine Reihung.“
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es in der offiziellen Ausschreibung heißt: „Das Bundesministerium ist bestrebt, den Anteil von Frauen in Leitungsfunktionen zu erhöhen. Bewerberinnen, die für die ausgeschriebenen Funktionen gleich geeignet sind wie der bestgeeignete Mitbewerber, werden bevorzugt.“ Für Niessl, der von 2000 bis 2019 Landeschef des Burgenlandes war, nichts Neues. „Wir werden auf jeden Fall unsere Entscheidungen begründen.“
IG Sport
Im Mai meldeten sich zwei Drittel der 30 olympischen Sommersportverbände mit „Alarm im Sport“. Die Forderungen der Plattform sind noch immer auf dem Tisch – darunter die Berechnung der Fördergelder, die den Status quo zementiert. 15 von 60 Fachverbänden bekommen 60 Prozent der Besonderen Sportförderung.
Zudem ist die gesamte Förderung fast nur auf olympische Medaillen ausgerichtet. „Als es 2012 in London keine Medaille gab, hat man uns mehr als 50.000 Euro gestrichen“, erinnert sich Jiu-Jitsu-Präsident Robert Horak. Sein Verband führt seither ein Außenseiterdasein im rot-weiß-roten Förderwesen, kann für Nationaltrainer lediglich 5.000 Euro im Jahr ausgeben. Aus den wenigen Revoluzzern wurde mittlerweile eine ordentliche Bewegung, der sich 40 der 60 österreichischen Sport-Fachverbände angeschlossen haben, darunter auch viele der nicht-olympischen Sportarten.
Mehr Fördergeld
Die Besondere Sportförderung stagniert seit 2013 bei 80 Millionen Euro, seit Jahren wird vom Minister eine Evaluierung gefordert. Zuletzt hatte Niessl angesichts der Inflation eine Erhöhung auf 120 Millionen Euro gewünscht. Zumindest 100 Millionen könnten es werden, wenn die Diskussion um einen Gesetzesabtausch nicht eskaliert. Der Deal: mehr Geld für den Sport für ein von den Grünen akzeptiertes neues Glücksspielgesetz.
Hilfe für die Kleinen
Unter Trimmel sei die Bundes-Sport GmbH eine reine Geldverteilungsmaschine, lautet ein Vorwurf. Die Aufgabe „Entwicklung von Vorschlägen zu Strategien im Leistungs- und Spitzensport und zur Verbesserung der Strukturen im Sport“ sei kaum wahrgenommen worden.
Auch die größeren der Verbände kämpfen für die kleinen. „Es geht um die Vielfalt des Sports. Es sollte eine Basis geben, die nie unterschritten wird“, sagt Basketball-Präsident Gerald Martens. „Ich habe nicht einmal 100.000 Euro“, sagt Sabine Zangerle, Präsidentin der Kraftdreikämpfer. Um Wettkämpfe im Ausland beschicken zu können und eine Mitarbeiterin im Verband zu bezahlen, die sich auch um die Förderbürokratie kümmert, bräuchte sie aber 200.000 Euro. Niessl: „Wir brauchen den Sport in seiner Breite, daher setze ich mich dafür ein, dass es einen Sockelbetrag gibt, damit alle Fachverbände Sicherheit haben.“
Zusammenarbeit
„Wir sehen uns als Interessensgemeinschaft des Sports“, sagt Herwig Haunschmid vom Bogensportverband. Zumal im Zuge der Vernetzung die Verbände einander gegenseitig unterstützen und Know-how weitergeben. Dies zeigt aber auch, dass sich viele Fachverbände vom Ministerium und der BSG nicht genug unterstützt sehen. „Ich fühle mich nicht vertreten“ sagt Zangerl. Niessl will nicht nur mit Sport Austria noch offensiver werden: „Ich werde mich als Aufsichtsratsstellvertreter der BSG dafür einsetzen, dass es mehr Service für die Verbände gibt.“
Kommentare