Rekordsaison trotz Corona: Der beste Lewis Hamilton aller Zeiten
Die Formel-1-Saison 2020 endete am Sonntag in Abu Dhabi mit dem zweiten Saisonsieg von Red-Bull-Pilot Max Verstappen. Der alte und neue Weltmeister Lewis Hamilton fuhr hinter seinem Teamkollegen Valtteri Bottas auf Rang drei. Der Brite sicherte sich heuer seinen bereits siebenten WM-Titel, stellte mit Mercedes gleich mehrere Rekorde auf oder ein. Doch die Motorsport-Königsklasse hatte in den letzten fünf Monaten, bzw. 17 Rennen noch mehr zu bieten. Sei es der Absturz Ferraris, der aufsehenerregende Unfall von Haas-Pilot Roman Grosjean oder auch das politische Engagement des Neo-Weltmeisters.
Eine nicht unwesentliche Rolle in dieser Saison spielte aber natürlich auch Corona. Mit Sergio Perez und Lance Stroll von Racing Point sowie Hamilton selbst hatten gleich drei Fahrer im Laufe der Saison mit einer Corona-Infektion zu kämpfen. Letzter fehlte deshalb beim vorletzten Rennen in Sakhir, was ihm auch den Versuch kostete, den Rekord von 13 Siegen in einer Saison einzustellen. Am Ende wurden es elf Erfolge aus 16 Rennen.
Hamilton vs. Schumacher
Doch Hamilton war auch mit einem Saisonrennen weniger das Maß aller Dinge. Wieder einmal. Mit seinem vierten WM-Titel in Folge, dem siebenten insgesamt, kletterte er endgültig auf eine Stufe mit Rekord-Weltmeister Michael Schumacher. Dass er diesen historischen Erfolg einfahren wird, zeichnete sich schon früh in der Saison ab. Auf dem Weg dorthin brach er dann auch noch einige andere Rekorde. Der KURIER wühlte sich durch die Rennstatistiken dieser Saison und der letzten 30 Jahre. Dabei zeigt sich: So dominant wie heuer war Hamilton noch nie. Er steht damit auch Schumacher zu seiner besten Zeit in nichts nach.
Dabei begann die Saison nicht ganz nach Wunsch für den 35-jährigen Briten: Beim Auftaktrennen in Österreich musste sich Hamilton mit Platz vier begnügen, der Sieg ging an seinen Mercedes-Teamkollegen Valtteri Bottas. Der Finne durfte sich jedoch lediglich ein Rennen über die WM-Führung freuen, danach übernahm Hamilton das Kommando und baute seinen Vorsprung auf die Konkurrenz kontinuierlich aus. Mit 347 Punkten hatte er schlussendlich 124 Punkte Vorsprung auf den Rest des Feldes.
Mercedes bricht Ferrari-Rekord
Bottas hatte hingegen so seine Probleme und lieferte sich bis zum Ende einen Zweikampf mit Verstappen. Neun Punkte entschieden zugunsten des Finnen. Das änderte jedoch nichts an der Dominanz von Mercedes. Das Team unter Motorsportchef Toto Wolff sicherte sich bereits nach 13 absolvierten Rennen den Konstrukteurstitel. Es war der siebente in Folge, womit man auch Ferrari übertrumpfte, das dies von 1999 bis 2004 sechs Mal schaffte. Für die Scuderia war es hingegen die mit Abstand schlechteste Saison in den letzten Jahren. Platz sechs in der Konstrukteurswertung bedeutete zudem das enttäuschendste Abschneiden seit 1980, als man nur Platz zehn von elf Teams belegte.
Es sollte nicht der einzige Rekord bleiben, den Mercedes und Hamilton in diesem Jahr erfolgreich brachen. Der Begehrteste war mit Sicherheit der siebente WM-Titel, mit dem der Brite endgültig mit Formel-1-Legende Michael Schumacher gleichzog. "Ich habe davon geträumt, als ich jung war. Das jetzt übertrifft meine Träume", war Hamilton in Tränen aufgelöst, als er im 14. Saisonrennen in Istanbul den Rekordtitel fixierte.
Meiste Siege, meiste Podestplätze
Hinzu kamen im Laufe der Saison noch die Bestmarken für die meisten Karriere-Siege und Podestplätze. Hamilton übertrumpfte den bisherigen Rekord von Schumacher - dem 91 Erfolge gelangen - deutlich und hält nun bereits bei 95 Siegen. Dass er für die Einstellung des bisherigen Bestwerts 13 Rennen mehr benötigte als der Deutsche (Schumacher holte seinen 91. Sieg nach 248 Rennen, Hamilton brauchte 261), sei dabei nur eine kleine Notiz am Rande.
Der neue und alte Weltmeister ist nun auch was die Podestplätze angeht die ewige Nummer eins. Der bisherige Rekord Schumachers lag bei 155 Platzierungen unter den Top 3, Hamilton sicherte sich mit Platz drei beim letzten Saisonrennen in Abu Dhabi seinen bereits 165. Stockerplatz. Damit bewies Hamilton auch seine Konstanz in den letzten Jahren. Seit 2014 gelangen ihm stets zumindest neun Saisonsiege, der letzte Ausfall in einem Rennen ist bereits zweieinhalb Jahre her. Heuer fuhr Hamilton, wenn er startete, immer in die Punkte und zu 87 Prozent unter die besten Drei.
Unter dem Strich gelang dem Briten mit seinen 11 Siegen in 16 gefahrenen Rennen eine Siegquote von 68,75 Prozent. Damit war er ähnlich erfolgreich wie Vettel 2013 in seiner Rekordsaison mit 13 Siegen (68,4 Prozent). Nur Schumacher war 2004 bei seinen ebenfalls 13 Saisonerfolgen (72,2 Prozent) etwas besser.
Die Dominanz des Lewis Hamilton
Hamilton agierte jedoch nicht nur konstant erfolgreich, sondern auch dominant. Dazu genügt ein Blick auf die Führungskilometer in dieser Saison. Der 35-Jährige fuhr ab dem zweiten Rennen allen anderen davon, auch seinem Teamkollegen Bottas.
Hamilton führte am Ende 3.162 der insgesamt 5.231 absolvierten Renn-Kilometer an. Das sind knapp 60,45 Prozent. Zum Vergleich: Schumacher lag in seiner besten Saison 2004 in Summe rund 61 Prozent der Renn-Kilometer in Führung. Der Deutsche sicherte sich damals seinen siebenten und letzten WM-Titel.
Auch über die gesamte Karriere hinweg gesehen hat Hamilton die Nase vorne: Der Brite führte von 2007 bis 2020 bei rund 30,17 Prozent aller gefahrenen Kilometer die Rennen an, Schumacher kam 1992 bis 2012 auf eine Quote von 25,63 Prozent. Ohne sein Kurz-Comeback ab 2010 wären es hingegen 31,55 Prozent gewesen.
Doch nicht unschlagbar
Die Konkurrenz, sowie Teamkollege Bottas, hatten jedenfalls heuer nur wenig zu melden. Und doch gibt es eine Statistik, die zeigt, dass auch ein Lewis Hamilton schlagbar ist. Denn bei den internen Teamduellen konnte Bottas zumindest Teil-Erfolge erringen: Fünf Mal hatte er im Qualifying, vier Mal im Rennen die Nase vorne. Was Hamilton nicht schaffte, gelang hingegen zwei anderen Fahrern: Sowohl Verstappen (Red Bull) als auch George Russell (Williams) blieben in den Qualifying-Duellen mit ihren Teamkollegen makellos. Daniel Ricciardo (Renault) verlor hier nur zwei Mal gegen Ocon.
Dennoch: Hamilton krönte in der abgelaufenen Saison seine ohnehin schon höchst erfolgreiche Karriere. Ob die Rekordjagd auch nächste Saison weitergeht, ist noch offen. Der Weltmeister hat noch immer keinen neuen Vertrag für 2021 unterschrieben. "Ich glaube, dass er noch unerledigte Aufgaben hat", meinte Toto Wolff zuletzt im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Ob und wie es mit Mercedes und Hamilton tatsächlich weitergeht, wird sich also weisen. Sollte er seine Karriere fortsetzen gehört er jedenfalls auch nächste Saison zu den Topfavoriten auf den Titel.
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