Grüne Sportwelt: Von Fairtrade-Fußbällen bis Mehrweg-Trikots
Die schönsten, aber auch die bittersten Momente im Leben eines Fans durchlebt man unter Gleichgesinnten in den Arenen dieser Welt noch einmal intensiver.
Dafür werden so einige Kilometer mit dem Auto, der Bahn oder dem Fanbus in Kauf genommen. Nach erfolgreichen Sicherheitskontrollen und vor der Sitzplatzsuche rüsten sich treue Unterstützer im Fanshop mit Kappen, Trikots oder einem neuen Schal aus. Befinden sich die schicken Accessoires erst einmal an Ort und Stelle, folgt der Sturm auf das Buffet. Wer möchte an so einem Fußballnachmittag schon auf Hotdog, Leberkäse-Semmel, Bier oder ein Cola für die Kleinen verzichten?
Gut gestärkt, am richtigen Platz und von Schlachtgesängen umringt, wächst die Vorfreude auf den Anpfiff ins Unermessliche – und ehe man es sich versieht, dribbeln die Hauptakteure mit dem Ball wenige Meter entfernt über das Spielfeld.
Wenn das Leder rollt
Jeder von uns wurde schon einmal damit beschenkt oder hat mindestens einen zu Hause herumliegen: den Fußball. Doch kaum einer weiß, dass weniger als ein Prozent der weltweit produzierten Fußbälle fair gehandelt werden.
Bis 2010 wurden in der Stadt Sialkot in Pakistan drei Viertel der Bälle hergestellt. In den 90ern sorgte die „Welthauptstadt der Ballmacher“ nicht nur wegen Ausbeutung und Kinderarbeit für Aufsehen. Auch Zulieferer bekannter Marken wie Adidas, Puma, Nike, Decathlon und Reebok bestellten dort. Erst durch internationale Empörung und Druck konnten Arbeitsbedingungen verbessert und Kinderarbeit verboten werden. Ob sich Letztere in die eigenen vier Wände verlegt haben könnte?
Wenn Fair mehr kostet
Es gibt endlich einige Nähzentren, die Mitarbeitern Job-Fairness zusichern und unter dem Fairtrade-Gütesiegel produzieren.
Anders als in China und Myanmar, dort werden die Bälle mit Maschinen billig produziert und vernäht. Trotz der schlechteren Qualität werden diese von den Kunden bevorzugt. Nicht einmal Fußbälle in der österreichischen und deutschen Bundesliga sind mit einem Fairtrade-Siegel versehen. Ob das an den rund zehn Prozent Mehrkosten liegen könnte?
Das eher ruhige letzte Jahr in den Fanshops deutscher Bundesligisten nutzte die Gesellschaft für Aufklärung und Technik, um Fanartikel der Saison 2020/’21 auf Nachhaltigkeit und faire Produktion zu untersuchen.
Wenn Union Berlin führt
Dabei sorgte Union Berlin für eine Überraschung: Platz eins für über 100 nachhaltige Textilien in der Kollektion. Ins Mittelfeld schlich sich Bayern München, zwei Plätze vor Dortmund. Schlusslicht ist Bielefeld, das zum Studienzeitpunkt nur recycelte Turnbeutel vorweisen konnte. Fair produzierte Artikel – Fehlanzeige! Neuerdings findet man im Onlineshop drei nachhaltige Trikots aus recycelten Plastikflaschen – ein Anfang?
Es liegt auch an Fans und Kunden, Merchandise, Kleidung und Trainingsutensilien zu hinterfragen. Brauchen wir wirklich das nächste Trikot für unsere Sammlung oder den neusten Ball für unser Training? Wo, von wem und wie werden die Produkte produziert? Gibt es Alternativen, Ware aus zweiter Hand oder Tauschmöglichkeiten?
Wenn Trikots bleiben
Der FC Brentford musste in dieser Woche das Trainingsgelände aufgrund eines Corona-Ausbruchs schließen. Dennoch sorgte der Premier-League-Klub auch für positive Schlagzeilen: Aus Nachhaltigkeitsgründen werden die aktuellen Heimtrikots auch nächste Saison getragen.
„Wir glauben auch, dass Fußball für unsere Fans erschwinglich sein muss, und wir wissen, dass er mehr auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein muss“, erklärte Geschäftsführer Jon Varney.
Die deutsche Fußball-Liga DFL fordert Nachhaltigkeitskriterien als Bedingung für die Bundesliga-Lizenz. So etwas wäre bisher einzigartig und eine strenge Maßnahme für Nachhaltigkeit im Sport.
Wenn der ÖFB ermittelt
2019 veröffentlichte der ÖFB erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht. Die CO2-Emissionsbilanz betrug demnach jährlich 1.063 Tonnen oder etwa 13,2 Tonnen pro Mitarbeiter. Als Kompensation pflanzte man 500 Bäume. Im Bericht wurden Elektroautos vorgeschlagen, um Emissionen zu verringern. Auch mit Fanreisen hat sich der ÖFB auseinandergesetzt und herausgefunden, dass die vielen Flugkilometer des ÖFB-Teams „nur einen kleinen Teil im Vergleich zu den Reisen der Fans“ ausmachten.
Weiters wurde die Ausarbeitung eines klimafreundlichen Konzepts mit den Fans vorgeschlagen sowie eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Werbepartner ÖBB. Ob auch das Nationalteam sich diesen Vorschlag zu Herzen nehmen und selbst mit der Bahn zum nächsten Länderspiel fahren wird? Vielleicht geht’s mit dem Flieger aber auch wieder von Wien nach Innsbruck – wie dies zuletzt im Juni der Fall war.
Wenn Chancen entstehen
Die Wirkkraft des Sports ist unbestritten. Aus diesem Grund müssen Verbände, Vereine und Athleten sich ihrer Verantwortung gegenüber Natur, Mitmenschen, Fans und sich selbst bewusst werden. Für die Zukunft gilt es, innovative Konzepte zu erstellen, die auf eine breite Akzeptanz treffen.
Sportartikel können fair produziert, Reisen zu Veranstaltungen umweltschonender gestaltet und Sportstätten nachhaltiger gebaut werden. Von der Rasenbewässerung bis hin zum Abfallmanagement bieten sich noch immer viele Möglichkeiten.
„Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern“, sagte einst Nelson Mandela.
Es gibt noch viel zu tun.
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