Rapids Yusuf Demir: Auf den Spuren eines Super-Talents
Rapid gegen Salzburg, das heißt auch: Talente gegen noch größere Talente. Steht Yusuf Demir somit beim Schlager in Hütteldorf (20.30 Uhr) im falschen Kader? Dass der Spielmacher gegen Hartberg (0:1) sein Startelf-Debüt im Rapid-Dress gegeben hat, ist jedenfalls keine Selbstverständlichkeit. "Das größte Talent Europas in seiner Altersklasse", meinte Sportdirektor Fredy Bickel beim eigenen Abgang vor einem Jahr. Dementsprechend prominent war die Liste der Kandidaten für die Unterschrift unter dem ersten Profivertrag: Barcelona, Bayern, Manchester City, ...
Das Bekenntnis zu Rapid vor 13 Monaten bis (maximal) Sommer 2022 lag – das bestätigen alle direkt Beteiligen – zu einem Großteil an Steffen Hofmann. Der Talentemanager hatte in vielen Gesprächen mit dem Wiener und seinen aus der Türkei stammenden Eltern einen behutsamen Karriereweg aufgezeichnet, Schulabschluss inklusive. Hofmanns Verhältnis zu dem seit drei Wochen 17-Jährigen ist eng und besonders vertrauensvoll.
U-17-Teamchef Martin Scherb, der Demir zum Kapitän seines ÖFB-Teams gemacht hat, erzählt: "Yusuf spricht sogar so wie Steffen. Ruhig, vorsichtig, fokussiert."
Mit Maulkorb
Dass das in der Öffentlichkeit nicht bekannt ist, liegt an Didi Kühbauer. Jänner 2020, Belek. Der Rapid-Trainer macht das, was er nicht so oft macht: Er erklärt einem Journalisten die Hintergründe seiner Entscheidung. Kühbauer hatte ein KURIER-Interview mit Demir abgesagt.
"Das mache ich, um ihn zu schützen. Ich war bei der Admira mit 16 in einer ähnlichen Situation, aber damals war es leichter, weil kaum darüber geredet wurde. Es bricht so viel auf ihn ein, weil es Rapid ist. Und es wird noch mehr werden. Ich will nicht, dass es heißt ,das Wunderkind‘", führte Kühbauer aus. "Denn Yusuf ist nur ein Mensch, ein wunderbarer."
Bis heute gilt der mediale Welpenschutz für den jüngsten Rapidler, der jemals einen Profieinsatz hatte (im Dezember gegen die Admira). In der Mannschaft ist der Linksfuß mit Spitznamen "Yussi" voll integriert. Kapitän Stefan Schwab erzählt: "Yussi ist ein sehr demütiger Typ. Er weiß aber genau, was er will. Er hat Selbstvertrauen, arbeitet hart, hat extreme Spielfreude und will immer den Ball."
Vergleich mit Messi
Die Fähigkeiten am Ball werden von Experten gar mit Lionel Messi verglichen. Sogar der sonst so zurückhaltende Kühbauer hat damit kein Problem: "Die Ballkontrolle ist wirklich ähnlich." Der Unterschied? "Das von 0 auf 100 Abgehen, den Speed von Messi – das hat er nicht. Aber ich wünsche mir, dass Yussi nur annähernd so einen Weg wie Messi schaffen kann. Er arbeitet auf jeden Fall hart dafür und ist immer willig."
Scherb erzählt: "Yussi ist bodenständig, will immer einen Ball und kann einfach nicht verlieren." Nicht einmal bei ÖFB-Camps im Tischtennis gegen den Teamchef.
Festgelegt hat sich Kühbauer bei der Top-Position: "Hinter den Spitzen kann er seine unglaublichen Fähigkeiten am Ball am besten ausspielen. Rechts außen würde auch gehen, ein reiner Stürmer ist er nicht." Auf dem Weg zum Stammspieler fehlt nur eines, das hat Kühbauer bereits im Jänner angekündigt: "Das Taktische." Konkret: die Defensivarbeit und die Laufwege gegen den Ball.
Kreativer Hackler
Wobei Sportdirektor Zoran Barisic betont, dass der Offensivgeist kein Solist ist: "Yusuf ist einer der ganz wenigen Kreativspieler, der auch ein echter Hackler ist. Er arbeitet hart, um immer besser zu werden."
In Ruhe aufbauen
Gegen Hartberg stellte Demir gleich den Rundenrekord in der Bundesliga auf: An neun direkten Abschlüssen war er beteiligt. Nach der starken ersten Hälfte war von ihm allerdings nicht mehr viel zu sehen. Obwohl der Teenager seine Verletzungspause (Patellaspitzen-Syndrom) gut weggesteckt hat und körperlich schon weit ist, sind 90 Profi-Minuten wohl noch etwas lange.
Da es gegen Salzburg besonders um das Physische gehen wird, könnte gegen die Bullen eine kürzere Einsatzzeit auf Demir warten.
"Er muss noch viel lernen. Bitte vergesst nicht: Yussi ist gerade erst 17 geworden." Kühbauer setzt auf den Faktor Geduld, was intern auch schon zu Diskussionen geführt hat: "Er soll langsam wachsen und kriegt die beste Unterstützung, dass wir ihn nicht verheizen."
Transfer-Aktie
Das andere Modell wäre, Demir so grell wie möglich in die Auslage zu stellen und schon im Sommer die wegen Corona dringend benötigten Millionen zu verdienen. Demirs Berater Emre Öztürk erklärt: "Es gibt kein Muss, ihn im Sommer zu verkaufen. Yussi soll sich als Stammspieler beweisen, und dann soll es für alle Seiten mit einem Wechsel in eine Top-Liga passen."
Am Interesse würde es nicht mangeln: "Es meldet sich fast jede Woche ein Verein aus einer anderen Liga – es hätte keinen Sinn, alle Interessenten aufzuzählen. Aber ich bespreche immer alles mit Zoki Barisic." Öztürk betont, dass das Top-Talent, das Management und die Rapid-Spitze dasselbe Ziel ansteuern: "Wir haben einen gemeinsamen Plan, und den wollen wir durchziehen."
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