Die Austria lässt Rapid leben
Wäre Zoran Barisic ein neuer Besen, er würde zumindest teilweise gut kehren. Der berühmte (nur kurzfristig messbare) Trainereffekt blieb bei den Hütteldorfern nur in der ersten Hälfte aus, Rapid holte nach drei Niederlagen in dieser Saison gegen den Erzrivalen Austria diesmal immerhin einen Punkt. Die historische Pleite von vier Derby-Niederlagen in einer Saison wurde gerade noch abgewendet.
Das 305. Wiener Derby endete nach intensiv geführten 94 Minuten 2:2. Der Vorsprung von Tabellenführer Austria auf Verfolger Salzburg verringerte sich dadurch auf sechs Punkte.
Dass Rapid hoch motiviert in das Derby ging, wurde nach zwei Sekunden offensichtlich, als Sabitzer vom Anstoß weg Dilaver von den Beinen säbelte. Die Rapidler wollten nach dem Trainer-Wechsel unter der Woche von Schöttel auf Barisic beweisen, dass sie trotz fehlendem Selbstvertrauen noch guten Fußball spielen können, die Austria fühlte sich unter Zugzwang, um den Abstand zu Salzburg zu wahren.
Nicht nur der Temperaturen wegen ging es heiß her in der Generali-Arena. Schon nach fünf Minuten hätte sich die Austria den Arbeitstag erheblich erleichtern können. Mit einem Konter riss man die Rapid-Formation auseinander, Grünwald schickte Hosiner auf die Reise, dessen Vorlage der allein stehende Jun aus sieben Metern übers Rapid-Tor drosch.
Verdiente Führung
Danach kontrollierte der Tabellenführer das Geschehen, ließ Ball und Gegner geschickt laufen. Das Rapid-Spiel erinnerte an die Schöttel-Ära, bis auf Sabitzer an vorderster Front. Es blieb Stückwerk, weil auch die Austrianer aggressiv zu Werke gingen. Nach 25 Minuten hatte der gute Schiedsrichter Harkam als Derby-Debütant fünf Gelbe Karten gezeigt.
In der 28. Minute wurde die Austria für ihre Überlegenheit (60 Prozent Ballbesitz und gewonnene Zweikämpfe in Hälfte eins) belohnt: Sabitzer verlor den Ball, Grünwald assistierte Jun, der es diesmal besser machte, Schimpelsberger stehen ließ und zum 1:0 ins kurze Eck traf (28.).
Die Austria kam erstaunlich passiv aus der Pause. Die Gäste ließen sich nicht zwei Mal bitten und glichen durch Alar nach Trimmel-Querpass zum 1:1 aus. Ein Weckruf für die Austria.
Schwer verletzt
Wieder war es der überragende Jun, der die Violetten nur drei Minuten später in Führung brachte. Er setzte sich – abermals nach feinem Pass von Grünwald – gegen Schimpelsberger durch und erzielte das 2:1 (56.).
Unglücksrabe Schimpelsberger fiel nach einer Stunde mit einem Achillessehnen-Riss aus und wurde sofort operiert. Barisic überlegt aus Not an rechten Verteidigern, noch einen Amateur in den Kader hochzuziehen.
Rapid schöpfte Hoffnung, die Austria zeigte sich kurzfristig konsterniert. Im Finish agierten beide Teams mit offenem Visier. Die letzte Chance in dem intensiven und unterhaltsamen Match hatte Rapid-Joker Schaub.
Für Rapid ist das Remis ein Lebenszeichen in der Krise, die Austria verlor in dieser Runde zwei Punkte auf die Salzburger, die am Samstag nach Hütteldorf kommen.
„Wir werden jetzt nicht alles hinterfragen“, meinte Austria-Trainer Peter Stöger. Während für seine Spieler das Glas halb leer sei, ist es für Stöger nach wie vor halb voll. „Und jetzt machen wir es wieder ganz voll. Rapid muss uns gegen Salzburg nicht helfen. Als Spieler war ich sechs Runden vor Schluss nie sechs Punkte vorne.“
Seine Mannschaft zeigte sich jedoch enttäuscht. Markus Suttner, der von Bremen-Coach Thomas Schaaf beobachtet wurde, tröstet sich: „Es werden immer weniger Spiele, und wir führen immer noch.“ Für Kapitän Manuel Ortlechner war das Derby „ein Spiel, das zu gewinnen war. Daher bin ich auch enttäuscht. Rapid hat die wenigen Chancen eiskalt genützt.“ Doppeltorschütze Tomas Jun haderte vor allem mit jenen Möglichkeiten, die er nicht verwertet hatte.
Die Fehler der Austria werden derzeit gnadenlos bestraft. Beim 2:2 machte Goalie Lindner keine gute Figur. „Das geht klar auf meine Kappe. Betrachtet man den Spielverlauf, so sind es zwei verlorene Punkte für uns.“
Stöger glaubt nicht, dass bei seinen Spielern die Nerven zu flattern beginnen. „Ich kann zwar nicht in die Köpfe hinein schauen, aber wir werden jetzt nichts an unserer Arbeit ändern. Wir wissen uns schon gut einzuschätzen.“
Die Qualität von Stürmer Philipp Hosiner weiß offenbar der spanische Topklub Valencia einzuschätzen – man bekundete Interesse.
Glückliche Rapidler
Rapid-Trainer Zoran Barisic war zufrieden: „Erste Hälfte waren wir zu nervös. Dann gab es auch schöne Spielzüge.“ Seine Rolle wollte er nicht überbewerten: „Wenn ich in der Pause die richtigen Worte gefunden habe, waren es vor dem Spiel die falschen.“
Deni Alar (ein Tor, eine Vorlage) erklärte: „Wir haben uns für die zweite Hälfte vorgenommen, aggressiver zu spielen und auch Spaß zu haben.“ Spaß machte der Ausgleich, den Alar mit der Ferse vorbereitete: „Marcel hat mir geschrien, wo er ist.“ Diese Kommunikation zeigt, dass Rapid wieder lebt.
FK Austria Wien - SK Rapid Wien 2:2 (1:0)
Generali-Arena, 12.500 (ausverkauft), SR Harkam
Tore:
1:0 (28.) Jun
1:1 (53.) Alar
2:1 (56.) Jun
2:2 (66.) Sabitzer
Austria: Lindner - Koch, Rogulj, Ortlechner, Suttner - Holland, Dilaver (75. Kienast) - Gorgon (87. Simkovic), A. Grünwald, Jun (82. Stankovic) - Hosiner
Rapid: Novota - Schimpelsberger (61. Schaub), Sonnleitner, Gerson, Katzer - Trimmel, Wydra (88. Grozurek), Kulovits, G. Burgstaller (79. Pichler) - Sabitzer, Alar
Gelbe Karten: A. Grünwald, Hosiner bzw. Kulovits, Wydra, G. Burgstaller
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