Was hinter dem Freundschaftsspiel Russland gegen Bosnien steckt
Die Entscheidung des bosnischen Fußballverbandes, im November ein freundschaftliches Länderspiel in St. Petersburg gegen das russische Team abzuhalten, hat nicht nur in Bosnien und Herzegowina für Unverständnis gesorgt.
Während der Rest Europas Russland sanktioniert und der europäische wie der Weltfußballverband russische Teams von allen Bewerben ausschließt, schickt das Präsidium des bosnischen Verbandes seine Spieler rund um Edin Džeko, Miralem Pjanić und den Salzburger Amar Dedić nach Russland, um Fußball zu spielen.
Warum eigentlich?
Die Entscheidung des Verbandes, die Einladung aus Russland anzunehmen, sei nur mit dem politischen Einfluss pro-russischer Kräfte im Land zu erklären (vor allem im bosnisch-serbischen Landesteil), sind sich etliche politische Beobachter in Bosnien sicher.
Ex-Teamspieler Anel Hadžić wird noch konkreter: „Das ist jetzt der Beweis, dass Vico Zeljković alles auf Geheiß von Milorad Dodik tut“, findet der 33-Jährige auf Instagram die Schuldigen und fordert die Spieler auf, das Match auszulassen.
Zeljković ist der Präsident des nationalen Fußballverbandes, Milorad Dodik der langjährige Präsident des Landesteils Republika Srpska. Dodik zeichnet sich durch große Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin aus, was zuletzt auch in der bosnischen Politik immer wieder zu großen Schwierigkeiten geführt hatte.
Und Dodik ist – Zeljkovićs Cousin, soll ihn stark beeinflussen, sagt Politikwissenschaftler Jasmin Mujanović.
Viel Geld
Mujanović vermutet, dass Russland dem bosnischen Verband einen großen Geldbetrag geboten hat, der schließlich über vorhandene Kanäle den Weg zu Politiker Dodik finden würde.
Dodik habe mit dem Freundschaftsspiel bewiesen, dass er als "Marionette" für Moskau "weiterhin vonnutzen ist", sagt der Politologe.
Zerrissen
Bosnien und die Nachbarstaaten am Westbalkan sind aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage seit Jahren massiv zwischen der Einflusssphäre Europas, Russlands, Chinas und der Türkei – teils auch arabischer Staaten – zerrissen. Das äußert sich offenbar auch im Fußball.
Die Leitung des Verbands war lange – wie der Staat – auf die drei Entitäten (Bosniaken, Serben, Kroaten) aufgeteilt. FIFA und UEFA hatten 2010 eine Reform gefordert – und nach einer schweren Krise auch erreicht.
Doch der Verband wird schon lange der Korruption und krimineller Machenschaften bezichtigt. Ein Grund, warum Fans immer wieder Spiele boykottieren. Der frühere Nationaltorhüter Asmir Begović hatte schon vor Jahren vor "Kriminellen" gewarnt, die die Nationalmannschaft führten.
Absage
Auch am Tag nach der Entscheidung wurde in Bosnien der Ruf nach einer Absage des Freundschaftsspiels nicht leiser. Mehrere Stars des Nationalteams erklärten bereits, nicht an dem Spiel teilnehmen zu werden.
Die bosnische Sportwelt befürchtet, dass die Entscheidung mehr Auswirkung auf den bosnischen Fußball haben wird, als man im ersten Augenblick denkt. "Das ist alles ein politisches Spiel, dessen Ziel nicht gut für die Nationalmannschaft, im Endeffekt auch für den Staat, ist", sagt der ehemalige Teamstürmer Vedad Ibišević.
"Die Entscheidung demütigt Bosnien international", sagt Politkwissenschaftler Mujanović. Er glaubt, das sei das Hauptziel dieses Fußball-Deals.
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