In Bosnien werden schon wieder die Messer gewetzt
Wenn das nicht klare Worte sind: „Bosnien-Herzegowina sieht sich seiner schwersten existenziellen Bedrohung der Nachkriegsperiode konfrontiert“. Dieser Satz steht in dem jüngsten Bericht des Spitzenvertreters der internationalen Gemeinschaft in Sarajevo, der für den Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) verfasst wurde. Christian Schmidt lautet der Name des Deutschen, der in diesem Sommer das mittlerweile umstrittene Amt vom österreichischen Diplomaten Valentin Inzko übernommen hat. Umstritten ist das Amt vor allem bei den bosnischen Serben, für die Inzko die meiste Zeit seines zwölfjährigen Mandats das Feindbild darstellte. Nun steht Schmidt im Visier der nach Muslimen zweitgrößten ethnischen Gruppe im kleinen Vielvölkerstaat.
Der frühere deutsche Landwirtschaftsminister hat relativ schnell den Ernst der Lage erkannt und hierfür das serbische Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums, Milorad Dodik, verantwortlich gemacht. Dodik bereite die Schaffung einer eigenen Armee der Serben-Republik vor und werde damit die Armee des Gesamtstaates faktisch auflösen. Darüber hinaus blockiere der 62-Jährige jetzt schon durch seinen Boykott gesamtstaatliche Institutionen. Sollte die internationale Gemeinschaft diese Politik weiter hinnehmen, werde sich die Serben-Republik „aus der verfassungsmäßigen Ordnung Bosniens entfernen“ und den Friedensvertrag von Dayton unterlaufen, schrieb Schmidt in dem Bericht.
Russland mischt mit
„Ethnopolitische Optionen, die von permanenter Krisenschaffung profitieren, zeichnen seit langer Zeit das politische System in Bosnien aus“, erklärt der Wiener Politologe Vedran Džihić. Es sei nicht das erste Mal, dass Dodik versucht, die „Politik der Angst“ anzuwenden, um eigene Interessen zu schützen. Diesmal sei die Lage aber um einiges gefährlicher als sonst. „Einerseits hat Dodik seine Rhetorik verschärft und scheint entschlossen, den Westen zu testen. Dabei arbeitet er ganz bewusst mit einem russischen Backup. Andererseits versucht Russland mit dem Schutz der serbischen Interessen in Bosnien die EU und USA zu obstruieren“, sagt Džihić.
Der gebürtige Bosnier unterstreicht die „akute Schwäche des Westens“ in seiner Balkan-Politik. „Sowohl die EU als auch die USA versuchen seit geraumer Zeit, mit pragmatischen Mitteln Antworten auf diese eskalierende Rhetorik zu finden. Die Stabilität in der Region versucht man durch faule Kompromisse mit Machtpragmatikern wie Aleksandar Vučić (Serbiens Präsident, Anm.) zu sichern“, stellt Džihić mit Bedauern fest. Er vermisse eine klare Strategie des Westens in der Region.
Den - turnusgemäß halbjährlichen - Bericht hätte Christian Schmidt am Mittwochabend im UN-Sicherheitsrat vortragen sollen. Die Anhörung wurde jedoch auf Betreiben Russlands abgesagt.
EU-Mission bleibt
Beschlossen wurde aber, dass die Europäische Union weiterhin mit ihrer Militärmission EUFOR Althea präsent bleiben darf. Der UNO-Sicherheitsrat verlängerte das Mandat für die maßgeblich vom österreichischen Bundesheer getragene Sicherheitsmission um ein weiteres Jahr. Möglich wurde dies durch Zugeständnisse an die UNO-Vetomacht Russland.
An der Militärmission beteiligen sich 19 Staaten, doch stellt das Bundesheer rund die Hälfte der 600 Soldaten. Entsprechend steht EUFOR Althea schon seit Jahren auch unter österreichischem Kommando. Aktuell hat der Salzburger Alexander Platzer die oberste Befehlsgewalt in der Truppe, die ein Wiederaufflammen der Gewalt in dem früheren Bürgerkriegsland verhindern soll.
Erst Mitte Oktober hatte Außenminister Michael Linhart (ÖVP) im Rahmen seiner ersten Auslandsreise das Hauptquartier von EUFOR Althea in Sarajevo besucht.
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