Untypischer Kicker Hinteregger: "Genieße oft die Langeweile"

Der Analoge: Martin Hinteregger verzichtet auf die digitale Welt, ist aber deshalb kein Außenseiter.
Teamspieler Martin Hinteregger pfeift auf Smartphones, Social Media und das Internet.

Martin Hinteregger ruht in sich. Klar der Blick, breit das Grinsen. „Wisst ihr eigentlich, wie viel Zeit man dadurch gewinnt?“ Dann nämlich, wenn man nicht dem Trend folgt, nicht ständig im Internet zappelt, online sein muss, permanent auf sein Smartphone starrt.

Hinteregger verzichtet auf all das und schwimmt gegen den Trend. Nicht mit Absicht, um ein Statement abzugeben, sondern aus Überzeugung und für seine Lebensqualität. „Ich genieße oft die Langeweile.“

Hinteregger lebt mehr in der analogen als in der digitalen Welt. Und das tut ihm offenbar ganz gut. Während seine Fußballer-Kollegen in der Kabine ihre Handarbeit auf dem Mobiltelefon perfektionieren, sitzt der Verteidiger daneben, schaut in die Luft oder plaudert mit jemandem, der gerade ebenfalls kein Handy bei der Hand hat. „Ich lasse mich dadurch nicht ablenken.“ Informationen der Teamführung an die Spieler werden mittlerweile via Whatsapp-Gruppen mitgeteilt. Hinteregger wird gesondert informiert, weil er weder ein Smartphone noch Whatsapp besitzt. Bei Augsburg schlüpfte Kollege Kevin Danso in die Rolle des Kuriers, beim ÖFB sagt Teammanager Mario Margreiter dem 26-Jährigen höchstpersönlich, wo es langgeht.

Retro-Style

Hinteregger setzt bei der Telefonie auf ein Retro-Modell von Nokia, jenes altertümliche, das man aufklappen muss, und das gefühlt gleich nach der Telefonzelle verwendet wurde. „Mein Telefon kann exakt drei Dinge“, erzählt der Augsburg-Legionär nicht ohne Stolz. „Telefonieren, SMS, und Snake.“ Ein Spiel, bei dem er einen neuen Rekord aufgestellt hat. „Da bin ich auf Champions-League-Niveau“, grinst er spitzbübisch.

Hinteregger, der passionierte Jäger und Naturbursch, gilt innerhalb der Mannschaft ob seiner Einstellung aber nicht als Außenseiter. Während sich andere auf Instagram, Twitter oder Facebook verewigen, produzieren oder einfach nur die Marke ihrer Ich-AG pflegen, wird Hintereggers Wunsch zum Entschleunigen und zur Stille respektiert. „Ich benutze das Handy nur, wenn ich Anrufe tätigen will oder wenn ich angerufen werden. Und das passiert gar nicht so oft am Tag. Man gewinnt Zeit für andere Dinge. Und wenn man nichts zu tun hat, dann hat man halt einmal nichts zu tun“, so die logische Devise.

Hinteregger gehört noch einer Spezies unter den Fußballern an, die nicht von den Rhetorikkursen der Vereine zu Phrasendreschern mutiert ist. Er behielt sich die Ecken und Kanten, ließ sie sich nicht abschleifen. Der Kärntner sagt nach wie vor, was er denkt. Dabei wählt er weder banale noch polemische, sondern vielmehr ehrliche Worte. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen vermittelt der Verteidiger das Gefühl der Authentizität.

Fixplatz

Aber Hinteregger wirkt nicht nur in seinem Privatleben, sondern auch auf dem Fußballplatz unaufgeregt. Und zu seinen Nebenleuten hat er auch ganz ohne Handy

und Whatsapp einen guten Draht, gilt als Fixbestandteil im Abwehrverbund, gleich ob in einer Dreier- oder Viererkette. In der Hierarchie ordnet er sich auch gerne unter: „Der Basti Prödl ist der Chef, gibt bei uns meistens die Kommandos. Früher hat ja auch der Libero das Sagen gehabt.“

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