Viel würdiger kann ein Finale nicht sein. Rekordsieger Real Madrid (13 Titel) gegen den FC Liverpool, der die Königsklasse bereits sechs Mal gewonnen hat, stehen einander am Samstagabend im Endspiel gegenüber - im Stade de France in Saint-Denis vor den Toren von Paris (Ab 21 Uhr; im KURIER-Liveticker).
Und es ist kein Zufall, dass die beiden Teams auch von zwei der erfolgreichsten Trainern dieser Zeit angeführt werden. Carlo Ancelotti, der als einziger Coach die Meisterschaft in allen fünf Topligen Europas gewinnen konnte, stand zum fünften Mal im Endspiel der Champions League, die er zuvor drei Mal – zwei Mal mit AC Milan, einmal mit Real – gewinnen konnte.
Die fünf Finalteilnahmen Ancelottis sind Rekord, gefolgt von Jürgen Klopp der es nach 2013 (Dortmund), 2018 und 2019 zum vierten Mal ins Endspiel geschafft hatte und den Henkelpokal dabei einmal auch in die Höhe stemmen durfte.
Was die beiden Trainergrößen auszeichnet, wie sie ticken und es immer wieder aufs Neue schaffen, die größten aller Fußballstars bei Laune zu halten. Der KURIER hat die beiden Star-Trainer unter die Lupe genommen.
Wer Fußball konsumiert, um unterhalten zu werden, der ist beim Coach des FC Liverpool richtig. Jürgen Klopp ist der Entertainer unter den Trainern. Die Zähne gefletscht, das Gesicht verzerrt. Leidenschaft bis in die Haarspitzen. Und Sprüche, für die auch Journalisten dankbar sind.
Ein Auszug gefällig? „Wenn man nicht gerade Schiedsrichter oder Journalist ist, kann Jose Mourinho ein netter Kerl sein“, sagte er einst über seinen Kollegen. Vor einem Spiel mit Mainz gegen die Bayern versicherte er: „Wir treten hier nicht mit vollen Hosen an, ich habe extra nochmal nachgeschaut.“
Kein Ablaufdatum
Klopp auf seine Sprüche zu reduzieren, geht aber nicht. Der Schwabe hat wie nur wenige als Trainer auf höchster Ebene kein Ablaufdatum. Und das nicht nur, weil er ein Menschenführer außergewöhnlichen Formats ist, sondern weil er auch den Zeitpunkt erkennt, wenn es gilt, das Rad weiterzudrehen. Ein solcher war der Sommer 2018, als er sich nach 17 Jahren gemeinsamer Arbeit von seinem Assistenten Zeljko Buvac trennte und diesen durch den Niederländer Pepijn Lijnders ersetzte.
„Ich weiß, dass ich kein Genie bin und ich habe keine Assistenten, sondern Partner“, beschreibt Klopp gegenüber der FAZ sein Verständnis für Teamarbeit.
Gemeinsam mit Lijnders adaptierte der 54-Jährige das eigene Spiel. Und das nicht nur aus Lust und Laune. Nachdem der Deutsche mit seinem schon in Mainz und Dortmund erfolgreich angewandten Stilmittel des intensiven Pressings auch die Premier League aufgemischt hatte, ließen sich die reihenweise düpierten Gegner etwas einfallen. Viele verbarrikadierten gegen Liverpool nun das eigene Tor und schlugen die Bälle unter dem Druck der Reds vermehrt im hohen Bogen nach vorne. Liverpool benötigte Lösungen im Ballbesitz, der prozentuell auf 60 Prozent im Schnitt angestiegen war.
Der Situation angepasst brauchte es auch die geeigneten Spieler. Sinnbildlich für den neuen Stil war der Transfer von Ballverteiler Thiago, der 2020 von den Bayern kam, um das Liverpool-Spiel zu ordnen.
Wer glaubt, dass deshalb an der Anfield Road Pressing aus der Mode ist, der irrt. In dieser Saison waren die Reds im Spiel gegen den Ball das intensivste Team der Premier League, ließen im Schnitt nur 8,5 Pässe der Gegner zu, ehe sie aktiv eingriffen. Klopp hat das Spiel seiner Mannschaft vervollständigt und perfektioniert. Das Ergebnis ist bekannt.
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Carlo Ancelotti: Beleidige niemals Tortellini
Über den 62-jährigen Carlo Ancelotti gibt es viele Geschichten zu erzählen, weil er regelmäßig Geschichte schreibt. Ancelotti steht etwa als erster Trainer zum fünften Mal im Endspiel der Königsklasse, als erster könnte er den wichtigsten Europacup zum vierten Mal gewinnen. Mit dem Titelgewinn mit Real in der spanischen Liga avancierte der Italiener zum ersten Trainer mit Meistertiteln in den fünf großen europäischen Ligen Italien, England, Deutschland, Frankreich und Spanien.
Ancelotti, einst Weltklassespieler bei Parma, Roma und vor allem Milan, gilt als Ruhepol, der sich den Spielern nicht als Poltergeist, sondern über die menschliche Komponente nähert. David Alaba, der mit dem Italiener bei Bayern zusammengearbeitet hat und nun auch bei Real mit ihm Erfolge feiert, meinte im KURIER-Interview: „Was einen großen Trainer auszeichnet, ist, sich auch ein wenig anzupassen. Diese Eigenschaft braucht es, um erfolgreich zu sein und Titel zu gewinnen. Er ist nicht umsonst der erste Trainer, der in den fünf größten Ligen Europas Meister geworden ist.“
Ancelottis Ruhe liegt auch im italienischen Essen und dem Rotwein. Er ist als Sohn eines Milchbauern bei Parma aufgewachsen. Tortellini gab es zu Hause jeden Sonntag nach der Kirche. Seitdem schwört er auf die Pasta. „Ich lasse es nicht zu, dass jemand einen ordentlichen Teller Tortellini beleidigt“, wurde Ancelotti einmal zitiert. Gutes Essen ist ihm heilig, was so manche Ernährungsberater in den Vereinen zur Verzweiflung bringt.
Genussmensch
Als Milan-Trainer verdonnerte er Kapitän Paolo Maldini zur Völlerei. „Er isst, trinkt. Dann isst und trinkt er noch ein bisschen mehr. Aber nicht allein“, erzählte besagter Maldini, der zunächst dankend ablehnte. Doch Ancelotti hatte das letzte Wort: „Ich bin dein Trainer. Probier es. Es ist gut.“
Nach seiner Jugend in der tektonisch leicht instabilen Po-Ebene hat Ancelotti nach eigenem Bekunden einen „erdbebensicheren Arsch“. Daher hat es ihn nur teilweise aus der Fassung gebracht, dass seine Abenteuer bei den Bayern wenig rühmlich mit schlechter Nachrede von einigen Spielern endete. Sein Motto lautet stets: „Respektiere, um respektiert zu werden.“
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