Ein Schock, Eigentore und Rekorde: Die vielen Aufreger der EM 2020
Mit einem Jahr Verspätung ist sie also doch über die Bühne gegangen. Dass diese 16. Fußball-Europameisterschaft eine außergewöhnliche wird, stand aufgrund der Pandemie schon vor der Eröffnungspartie fest. Einen Monat und 51 Spiele später gibt es aber weit mehr als Corona, an das wir uns erinnern. Der KURIER macht einen Rückblick auf die Aufreger dieser abgelaufenen Endrunde.
Der große Schock: Das Drama um Eriksen
Diesen Tag und diesen Moment wird der europäische Fußball wohl nie vergessen. Es läuft die 43. Minute im Spiel zwischen Dänemark und Finnland am zweiten EM-Tag. Der Däne Christian Eriksen bricht ohne gegnerische Einwirkung zusammen. Bei einem Einwurf geht der 29-Jährige dem Ball entgegen und sackt dann zu Boden. Er erleidet einen Herzstillstand.
Seine Mitspieler bilden einen Sichtschutz um ihn, einige weinen. Eriksen wird wiederbelebt und erholt sich. Die Dänen werden auf einer riesigen Sympathie-Welle getragen und schaffen es sensationell bis ins Halbfinale.
Bruchlandung: Mit dem Paragleiter ins Stadion
Vor dem Spiel Deutschland gegen Frankreich sorgt eine missglückte Aktion von Greenpeace für Aufregung. Ein Motorschirm-Flieger gerät beim Versuch, einen Ball in die Münchner Arena zu werfen, in eine Stahlseilkonstruktion am Stadiondach, kommt ins Trudeln und kann nur mit großer Mühe einen Absturz in die Zuschauerränge verhindern. Zwei Menschen werden verletzt, der Mann wird abgeführt, Greenpeace entschuldigt sich.
Farbenspiele: Die Regenbogen-Diskussion
Die Regenbogenfarben als Zeichen für Vielfalt und Toleranz – ein heiß diskutiertes Thema bei der EURO. DFB-Keeper Manuel Neuer spielt mit einer bunten Kapitänsschleife, was die UEFA zu einer Untersuchung veranlasst. Die Schleife ist erlaubt, nicht jedoch das Stadion: Die Arena in München sollte vor dem Spiel gegen Ungarn in Regenbogenfarben beleuchtet werden. Die UEFA grätschte dazwischen, weil es sich um eine politische Aktion gehandelt habe.
Der Kniefall: Ein Zeichen gegen Rassismus
Als das politische Symbol schlechthin wird der Kniefall von diesem Turnier in Erinnerung bleiben. Vor jeder ihrer Partien gehen die englischen Nationalspieler kurz vor dem Anpfiff für einen Moment mit dem Knie auf den Boden – als Geste gegen Rassismus. Einige Teams solidarisierten sich, andere lehnten den Kniefall jedoch ab. Auch die Reaktionen der Fans waren unterschiedlich. In einigen Stadien wurde applaudiert, in anderen gab es Pfiffe, so in Budapest oder St. Petersburg.
Ungewohnte Bilder: Volle Ränge im Stadion
Die EM hat uns Bilder geliefert, die wir lange Zeit nicht mehr gesehen haben – nämlich welche mit vollen Zuschauerrängen. In Budapest waren von Beginn an 68.000 Fans erlaubt. Keine Masken, kein Abstand. Ob das dort Auswirkungen auf die Corona-Zahlen hatte, ist bis dato nicht bekannt. In anderen Fällen sehr wohl. So sind rund 200 finnische Fans nach ihrer Rückkehr aus St. Petersburg positiv getestet worden. In London wurden trotz stark steigender Corona-Zahlen für die beiden Halbfinalpartien und das Endspiel je 60.000 Fans zugelassen.
Flaschenspiele: Ronaldo löst einen Boom aus
Während der Gruppenphase hat Superstar Cristiano Ronaldo einen wahren Boom ausgelöst. Der Portugiese, der extrem auf gesunde Ernährung achtet, schob bei einer Pressekonferenz demonstrativ die Coca-Cola-Flaschen zur Seite. Dafür gab es prompt eine Rüge der UEFA, schließlich handle es sich um einen Sponsor. Der Getränke-Riese wird es aber verkraften, zumal er durch diese Aktion noch mehr in den Fokus rückte. Weil einige Spieler den Spieß einfach umdrehten: Sie schoben die Getränkeflaschen ins Rampenlicht und baten sogar um einen Werbevertrag. Paul Pogba hingegen servierte die Bierflaschen ab. Das sei erlaubt, weil er Moslem ist und keinen Alkohol trinkt, meinte die UEFA. Detail am Rande: Es handelte sich um alkoholfreies Bier.
Die Rekord-Show: Ronaldo räumt groß ab
Cristiano Ronaldo sorgte aber auch auf dem Feld für Furore. Mit seinen fünf Treffern ist er mit nunmehr 14 Treffern jetzt alleiniger Führender in der ewigen EM-Torschützenliste vor dem Franzosen Michel Platini (schoss alle neun Tore bei der EM 1984). Der Portugiese hat nun bei EM- oder WM-Endrunden insgesamt 21 Mal zugeschlagen, womit er den Deutschen Miroslav Klose (19) abgehängt hat. Und: Ronaldo ist jetzt auch Weltrekordhalter. Mit seinem 109. Länderspieltor egalisierte er die Bestmarke des Iraners Ali Daei.
Verbotener Jubel: Arnautovic schimpft
Auch ein Österreicher sorgte für einen Aufreger – nämlich Marko Arnautovic. Der freute sich nach seinem Treffer zum 3:1-Endstand gegen Nordmazedonien so sehr, dass er seinen Emotionen freien Lauf ließ und wild drauflos schimpfte. Nicht einmal David Alaba konnte ihn beruhigen. Die UEFA ermittelte, sogar ein Turnier-Ausschluss stand im Raum. Schließlich gab es ein Spiel Sperre, Arnautovic durfte sich gegen die Niederlande unfreiwillig ausruhen.
Tor der EM: Schick schoss den Vogel ab
Das Um und Auf im Fußball sind nach wie vor die Tore. Und da bleiben auch von dieser EURO einige besonders schöne in Erinnerung. Der Treffer des Turniers gelang dem Tschechen Patrik Schick: Gegen die Schotten beförderte er den Ball aus knapp 50 Metern ins Netz. Aber auch der Kroate Luka Modric per Außenrist oder Italiens Manuel Locatelli haben es ordentlich krachen lassen.
Eigentor-Meisterschaft: EM-Rekord pulverisiert
So manch einer bezeichnet diese EM aber auch als Eigentor-Meisterschaft. Nicht weniger als elfmal hat ein Spieler bis zum Finale seinen eigenen Keeper bezwungen, das ist ein neuer Rekord – so viele Eigentore hatte es bis zur EM 2021 bei allen Europameisterschaften zusammen nicht gegeben. Auch, dass ein Team in einem EM-Spiel gleich zweimal ins eigene Tor traf, gab es zuvor noch nie. Geschafft haben es die Portugiesen (Dias und Guerreiro) gegen Deutschland.
VAR: Video-Schiri sorgt für Diskussionen
Der erste Einsatz des Video Assistant Referee (VAR) bei einer EM war nicht immer unumstritten. Zunächst musste man sich daran gewöhnen, warum trotz einer klaren Abseitsstellung zunächst weitergespielt wird. Nach dem schmeichelhaften Elfmeter für England im Halbfinale gegen Dänemark fragen sich viele noch heute, warum der VAR hier nicht eingegriffen hat.
Die Todesgruppe machte ihrem Namen alle Ehre
Die Gruppe F wurde vor dem Turnier als Todesgruppe bezeichnet. Mit Frankreich, Deutschland und Portugal trafen gleich drei Favoriten aufeinander. Alle kamen zwar weiter, aber nach dem Achtelfinale mussten sie ihre Titelträume begraben. Unvergessen das Bild des französischen Jungstars Kylian Mbappé, der den entscheidenden Elfmeter gegen die Schweiz verschoss.
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