Sie führen die populärsten Vereine mit den meisten Fans und Mitgliedern in Österreich. Sie stehen am Mittwoch einander ab 17 Uhr (ORF 1) wieder gegenüber, wenn der erste Titel der Saison vergeben wird.
Es ist die Neuauflage des Cupfinales 2023. Damals durfte in Klagenfurt Sturm-Präsident Christian Jauk jubeln, am Tag der Arbeit möchte Rapid-Boss Alexander Wrabetz zur Revanche ausholen.
Im KURIER-Doppelinterview sprechen die Präsidenten über das Finale, Pyrotechnik und Politik.
KURIER: Vor einem Jahr wurde das Finale zum lautesten Spiel in Österreichs Fußball-Geschichte. Was erwarten Sie heuer?
Alexander Wrabetz: Die Kulisse war besonders beeindruckend, es wird wieder etwas ganz Besonderes werden. Und es ist auch gut, dass die Fan-Gruppen Respekt voreinander haben …
Christian Jauk: ... neben diesem Respekt zwischen den besten Fanlagern des Landes gibt es einen konstruktiven Austausch. Das habe ich mit den Vorgängern von Alex auch schon so gehalten.
Die Pyrotechnik-Show ging viral – gefällt Ihnen das, oder wären Ihnen beim Blick auf die folgenden Strafzahlungen Spiele ohne Pyrotechnik lieber?
Wrabetz: Fang du an, Christian!
Jauk: Sehr nett – du willst mehr Zeit zum Nachdenken (beide lachen). Pyrotechnik hat bei großen Spielen oder Jubiläen unter Auflagen seinen Platz. In meiner Amtszeit gab es keinen Verletzten wegen Pyro. Es soll Sanktionen geben, aber keinen Eingriff in den sportlichen Wettbewerb. Deswegen halte ich einen Punkteabzug wegen Pyrotechnik, wie ihn Rapid bekommen hat, als Sanktionsmaßnahme für völlig ungeeignet. Die Tribüne darf keine Meisterschaft entscheiden.
Wrabetz: Da schließe ich mich an. Das Doppelbödige an der Diskussion ist, wie in den Medien und zur Werbung sehr gerne Pyrobilder verwendet werden, aber dann ist es plötzlich ein Skandal.
2023 gab es eine Feier in Graz. Ist Ähnliches geplant?
Wrabetz: Nicht einmal dran denken! Ich will ganz sicher nichts verschreien.
Jauk: Jeder Tag zählt – feiern ist immer schön, aber es geht auch noch um den Meistertitel.
Ihr Kollege Jauk hat auch schlechtere Zeiten vor dem Höhenflug erlebt. Haben Sie ihn jemals um Rat gefragt?
Wrabetz: Ich kenne Christian, seit wir gemeinsam im Aufsichtsrat der Lotterien gesessen sind und wir haben einen guten Austausch. Tatsächlich können wir uns einiges, was Sturm in vier Jahren geschafft hat, abschauen. Auch weil wir eine ähnliche Struktur als Mitgliederverein haben und ähnliche Werte hochhalten. Sturm ist ein Vorbild dafür, wie ein Mitgliederverein ohne Investoren Titel gewinnen kann.
Im Erfolg passieren die größten Fehler - wie achten Sie darauf, dass der Erfolgslauf nicht endet?
Jauk: Fußball steht weltweit im härtesten Wettbewerb. Wenn ein Zyklus zu Ende geht, beginnt ein neuer. Wir müssen die Bodenhaftung wahren. Der verstorbene Hans Rinner hat einmal gesagt: "Siege nähren die Seele, Niederlagen schärfen die Sinne."
Müssen Sie als Präsident die Ruhe bewahren, wenn wieder Angebote für Sportdirektor Schicker und Trainer Ilzer kommen?
Jauk: Irgendwann wird diese Ära enden, weil unsere Liga nicht bieten kann, was die Top-Ligen bieten. Umgekehrt gesagt: Wir können stolz sein, dass dieses Top-Personal schon so lange bei Sturm war. Fluktuation ist auch ein Preis des Erfolgs. Ich werde wieder versuchen, beide vom Verbleib zu überzeugen.
Sie kommen aus der Welt der Medien und der Finanzen. Welches Gefühl erleben Sie so nur im Fußball?
Wrabetz: Das Auf und Ab der Emotionen. Das ist der große Unterschied zur Wirtschaft: Dass Herzblut von Zigtausenden Menschen dran hängt und in Zehntelsekunden alles anders sein kann. Dieses Schicksalhafte.
Jauk: Weil der Sport jede Entscheidung auf den Punkt treibt. An der Zahl der Mitarbeiter sind wir ein Kleinbetrieb, beim Umsatz ein Mittelbetrieb, bei der Aufmerksamkeit die Nr. 1 der Steiermark. Wir dürfen dabei nicht einen gewissen Fehler machen.
Welchen?
Jauk: Darauf zu schauen, allseits beliebt zu sein. Wenn wir respektiert werden, ist das eine Ehre.
Sportlich und finanziell hat Sturm Rapid distanziert. Werden Sie auch noch bei der Infrastruktur aufschließen können?
Jauk: Die Unterstützung der öffentlichen Hand ist in Wien großartig. Beide Grazer Vereine machen einen tollen Job, aber bei der Fußballinfrastruktur sind wir das Schlusslicht unter den Landeshauptstädten. Das haben wir nicht verdient. Früher habe ich lange geglaubt, dieser Rückstand liegt „nur“ am Lösungswillen der Politik, jetzt bin ich überzeugt: Es mangelt in der Stadt Graz auch an Entscheidungskompetenz. Möglicherweise geht es sogar um ideologische Fragen.
Jauk: Es gibt viele Gesprächsrunden, aber wir werden stets vertröstet. Positiv stimmt mich, dass jetzt der Druck auf die Politik schon so groß ist, weil die UEFA uns bereits die Gelbe Karte gezeigt hat: Europacup in unserem Stadion hat so keine Zukunft.
Wrabetz: Es ist mir unverständlich, warum Sturm mit dem nachhaltigen Erfolg keine Unterstützung bekommt. Graz hat Probleme, aber die Stadt ist ja nicht arm. Ein besseres Stadion ist ein Wirtschaftsfaktor. Wir generieren jedes Jahr Millionen für Stadt und Finanzminister durch Steuern und Hunderte Jobs, direkt oder indirekt durch Rapid.
Jauk: Derzeit zahlen wir 20 Millionen in den Steuer- und Abgabentopf pro Jahr ein. In der öffentlichen Diskussion kommt es umgekehrt rüber. Wenn wir das Stadion übernehmen dürfen, wäre es eine wesentliche Ersparnis für den Steuerzahler.
Rapid liegt bei der Infrastruktur vorne, aber sportlich hinter Sturm. Wird sich das in Ihrer Amtszeit noch ändern?
Wrabetz: Wir gehen mit der Förderung unserer Nachwuchstalente einen etwas anderen Weg, sonst ist jetzt viel ähnlich zu Sturm. Um sie einzuholen, ist viel harte Arbeit nötig. Vor allem, wenn Sturm Meister wird und finanziell ganz andere Möglichkeiten bekommt. Aber unser Weg ist der richtige.
Herr Wrabetz wird immer wieder als potenzieller Minister in einer Regierung mit SPÖ-Beteiligung genannt. Herr Jauk, wäre es für Sie denkbar, bei einem ernsthaften Angebot in die Politik zu wechseln?
Jauk: Vielleicht war es ja auch schon mal so, dass ich gefragt wurde. Was soll ich da sagen? Lieber rede ich über mein Ehrenamt. Sturm ist meine große Leidenschaft, der mein Herz gehört.
Wrabetz: Das war bereits die Politikerantwort (beide lachen).
Herr Wrabetz, Sie haben in eineinhalb Jahren schon extrem viel erlebt. Was ist am stärksten bei Ihnen hängen geblieben? Wrabetz: Die 24 Stunden vom ersten Derbysieg im Stadion bis zu einer großen Krise, die wir mit der Einleitung nachhaltiger Maßnahmen zu bewältigen hatten. Aber diese 24 Stunden – in meiner ORF-Zeit hätte ich dafür das Drehbuch zurückgeworfen. Das wäre nicht ausgestrahlt worden – zu unrealistisch. Obwohl wir auch beim ORF fallweise schlechte Drehbücher hatten.
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