Rapid bekämpft die Fußball-Blase: "Als wäre Corona nie passiert"
Es ist eine Fußball-Reise wie anno dazumal: Am Dienstag fuhren die Rapidler mit dem Bus nach Tirol. In Volders, bei seinem alten Bekannten Michael Streiter, plant Didi Kühbauer die direkte Vorbereitung auf das Spiel bei der WSG (18.30 Uhr). „Vor Corona wären wir direkt nach Innsbruck geflogen, aber jetzt laufen die weiteren Reisen halt anders ab. Zu meiner Spielerzeit bin ich auch viel im Bus gesessen“, erzählt der 50-jährige Rapid-Trainer.
So, wie es „vor Corona“ war, wird es auch kommende Saison nicht sein. Volle Tribünen wird es nicht spielen, 27.000 zum Saisonstart in Hütteldorf sind eine Illusion. Impfungen hin oder her.
An der Pandemie vorbei?
Diese Erkenntnis setzt sich langsam im Fußball-Business durch – aber nicht bei allen. Zoran Barisic schlägt im KURIER-Gespräch Alarm: „Die Krise ist noch lange nicht vorbei. Aber an vielen Managern und einigen Spielern dürfte die Pandemie bisher vorbeigegangen sein.“
Bei den fast täglich stattfindenden Vertragsverhandlungen bekommt der Rapid-Sportdirektor Zahlen auf den Tisch gelegt, die bei ihm zumeist den gleichen, fassungslosen Eindruck hinterlassen: „Die leben in einer eigenen Welt, in einer Blase. Als wäre Corona nie passiert.“
Super-Pläne gescheitert
Da die Einnahmen seit März 2020 massiv zurückgehen, müssen sich die Klubs neu aufstellen. Der Staat hilft, gleicht aber bei Weitem nicht alles aus. Die ganz Großen wollten mit frischen Milliarden der Super League ihre Verluste auffangen und am besten auch noch neue Rekordtransfers tätigen. Dieser Versuch ist spektakulär gescheitert.
„Der Fußball fährt Richtung Abgrund“, warnt Georg Pangl.
Der Ex-Generalsekretär der Vereinigung der europäischen Fußball-Ligen (EPFL) sagte auf Servus TV: „Die Großklubs haben so hohe Schulden, dass sie schauen müssen, die Spirale irgendwie weiterzudrehen.“
Liga-Vorstand Christian Ebenbauer erklärte dazu: „Man ist dann erstaunt, wenn Real-Präsident Pérez sagt, wir müssen die Super League machen, um die Spielergehälter zahlen zu können. Aber gerade als Arbeitgeber bestimme ich die Gehälter doch mit.“
So sieht es auch Zoran Barisic, der Vertragsangebote mit einem Corona-Minus versieht. Im Jänner verblüffte der 50-Jährige mit einer Ankündigung im KURIER-Interview: Es wäre möglich, dass kein einziger der sieben Rapidler mit einem auslaufenden Vertrag kommende Saison noch beim Verein wäre.
Danach wurde Ibrahimoglu verkauft, Ljubicic wechselt im Sommer ablösefrei nach Köln. Bleiben noch Barac, Knasmüllner, Ritzmaier, Sonnleitner und Gartler.
Das Update von Barisic drei Monate später klingt düster: „Ja, es ist weiter denkbar, dass alle gehen. Aber entschieden ist bei keinem der fünf etwas.“
Sparen im Kader
Sollten die Hütteldorfer am 14. Juni mit einem Rumpfkader in die Saison-Vorbereitung starten, wäre der Aufschrei unter den Fans enorm. Trotz Corona. Trotz der vielversprechenden Vorab-Verpflichtungen Marco Grüll und Robert Ljubicic.
Barisic betont: „Ich verspreche nichts. Hinter den Kulissen wird hart gearbeitet, aber ich mache nichts, das den SK Rapid in Gefahr bringen könnte. Dabei bleibt’s.“
Wahrscheinlich sind in näherer Zukunft nur Vertragsverlängerungen bei eigenen Talenten wie Lukas Sulzbacher oder Niki Wunsch.
Kühbauer ist in die Sparpläne eingeweiht: „Natürlich hätte ich gerne eine ähnliche Mannschaft wie in dieser und der vergangenen Saison. Aber es kann mit Corona nicht einfach so weitergehen wie davor. Das müssen doch alle kapieren – ich appelliere da auch an die Vernunft.“
Von anderen Vereinen ist Ähnliches zu hören, so deutlich wird es aktuell aber nur in Hütteldorf formuliert.
Später Transferpoker
Aus dem Präsidium ist Dankbarkeit zu hören, weil mit dem Sportdirektor der größtmögliche Realist die Entscheidungen trifft und keiner, der auf kurzfristiges Lob schielt. Außerdem gilt Barisic als geeichter Pokerspieler: „Corona verschiebt auf dem Transfermarkt alles in den Sommer.“
Es wird auf den Faktor Zeit gesetzt – und auf ein Einlenken, wenn die lukrativen Alternativangebote nicht wie „vor Corona“ selbstverständlich sind.
Kühbauer warnt: „Tobi Knoflach war unser Tormann und hat trotz Corona gepokert, weil ihm ein Manager alles versprochen hat. Bekommen hat er Nüsse.“
Tobias Knoflach ist seit zehn Monaten arbeitslos.
Kommentare