Wrabetz: "Ziel ist ein stärkerer Kader, nicht die schönste Bilanz"
Nach einem halben Jahr im Amt spricht der Rapid-Präsident über den großen Umbau, die Millionen, die zum Sport umgeleitet werden und warum Rapid keine Zeit hat.
Am 26. November 2022 wurde Alexander Wrabetz zum Rapid-Präsidenten gewählt. Vom ORF ist der 63-Jährige den Kampf um Millionen gewohnt. Emotionale Auseinandersetzungen kennt der Wiener von der SPÖ, über die er lieber nicht reden will. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt der Neuaufstellung von Rapid.
Nach einem halben Jahr im Amt spricht Alexander Wrabetz im großen KURIER-Interview Klartext.
KURIER: Haben Sie sich dieses Ehrenamt so schwer vorgestellt?
Alexander Wrabetz: Wir haben gewusst, dass Rapid vor großen Herausforderungen steht. Wir waren sportlich am Weg in die Quali-Gruppe. Es gab große Uneinigkeit im Verein, die Geschäftsführer waren neu zu besetzen, der Trainer war nur ein interimistischer. Das haben wir alles gut und schneller erledigen können, als ich befürchtet habe. Trotzdem ist es noch fordernder als gedacht.
Warum?
Weil die Ergebnisse zeigen, dass wir noch einen sehr weiten Weg vor uns haben. Wir müssen den Kader verstärken, das sieht auch Zoki Barisic so. Bei den Zugängen wird die Handschrift von Markus Katzer sichtbar werden. Er hat dafür grünes Licht und ist teils schon sehr weit.
Sie haben „markante Verstärkungen“ angekündigt. Viel Geld ist aber nicht frei. Haben Sie zu viel versprochen?
Nein. Wir werden schauen, wie wir uns mit beschränkten Mitteln durch kreative und pragmatische Lösungen tatsächlich verstärken. Das Ziel ist klar: Das ist ein besserer Kader, nicht mehr die schönste Bilanz. Mir reicht eine schwarze Null.
Die Gewinnsumme wird in etwa hinkommen, aber so einfach ist es nicht – da geht es um Liquidität und „financial engineering“. Als Beispiel: Im letzten Geschäftsbericht wurden fünf Millionen Gewinn ausgewiesen. Nur ist das meiste davon Geld, das erst in der Zukunft, etwa durch Transferraten, bei uns landen wird.
Derzeit werden von rund 40 Millionen Jahresbudget 20 Millionen für den Sport ausgegeben. Sie haben eine Erhöhung auf 30 Millionen bis 2025 angekündigt. Linear geht es aber offenbar nicht nach oben.
Wir haben durch Umstrukturierungen Gelder für den Sport freigemacht. Dazu erwarten wir in den kommenden Wochen etwas auf der Sponsorseite. Gesamt ergibt das einen niedrigen, einstelligen Millionenbetrag, der dem Sport kommende Saison mehr zur Verfügung stehen wird. Um auf 30 Millionen zu kommen, sind mehrere Jahre nötig.
Bleiben die Top-3 das Ziel für 2024, oder wäre es besser, um Geduld für ein Übergangsjahr zu bitten?
Wir haben nicht viel Zeit. Gelder, die wir nicht in Europa erspielen, bekommen die Konkurrenten. Salzburg und Sturm sind uns weit voraus, auch der LASK liegt in der Kaderstärke über uns. Sollte die Austria statt uns in einer Gruppenphase spielen, ziehen auch sie beim Kader davon. Es kann also kein Ziel sein, ein paar Jahre um die Plätze fünf bis sieben zu spielen, nur um etwas aufzubauen.
Wir sind stolz, wie wir Spieler entwickeln. Wir wissen aber, dass aktuell aus dem Nachwuchs nicht die nötigen Verstärkungen zu den Profis wechseln. Deswegen sehen wir den Ö-Topf nicht dogmatisch, sondern entscheiden pragmatisch, was in jeder Transferzeit nötig ist.
Sie haben bei der Wahl eine Saison ohne Europacup als „Katastrophe“ bezeichnet. Ist es tatsächlich so?
Wir starten jede Saison mit einem Minus, weil wir ohne Europacup oder Transfererlöse nicht ausgeglichen finanzieren können. Wir haben ja eine sehr große Struktur. Stadion, Trainingszentrum, Akademie – auf das alles sind wir auch stolz. Aber sportlich müssen wir da erst reinwachsen. Die Rapid-Struktur ist nicht dafür aufgestellt, auf eine Saison ohne Gruppenphase noch eine zweite folgen zu lassen. Umso länger uns das fehlt, umso schwieriger wird die Finanzierung. Ich möchte aber gleich auch etwas klarstellen.
Und zwar?
Es würde aber auch in dem Fall kein Investor kommen. Und es würde auch kein Notverkauf an Anteilen wie bei der Austria nötig werden.
Sie begegnen mir positiv, aber ich höre in den letzten Wochen die besorgte Frage: Wie geht es weiter?
Und wie genau soll es weitergehen? Es passiert ja intern mehr, als nach außen kommuniziert wird.
Wir mussten die Strukturen professionalisieren und verschlanken, auch wenn die betroffenen Personen ihre Verdienste haben. Es geht auch darum, Raum für neue Akzente zu schaffen. So soll etwa die Einsparung im Sportmanagement als zusätzlicher Betrag ins Scouting gehen.
Knipping hat von allen Bereichen, um die es geht, sehr viel Ahnung. Die einzige Herausforderung für ihn wird, dass er von den für ihn üblichen Beträgen bei uns ein bis zwei Nullen wegstreichen muss. Aber das schafft er schon (lacht).
Was kann er noch verbessern?
Vieles. Er muss jede Kostenstelle umdrehen. Ein Beispiel: Für 2024 wird das Stadion-Catering neu ausgeschrieben, da sollte für uns noch mehr drinnen sein. Zum Sport: Er hat sehr viel Expertise darin, bei Spielerverpflichtungen äußerst effiziente Finanzierungen umzusetzen. Und: Er wird uns die Gewissheit geben, dass die Risiken, die wir eingehen wollen, auch kalkulierbar sind.
Alexander Wrabetz
wurde am 21. März 1960 geboren. Der Jurist und dreifache Vater war in mehreren ÖIAG-Unternehmen Aufsichtsrat
Vom ORF zu Rapid
Der Döblinger war kaufmännischer Direktor und von 2006 bis 2021 ORF-Generaldirektor
87,7 Prozent
der Mitglieder wählten Wrabetz am 26. 11. 2022 zum Rapid-Präsidenten.
Warum können sich Rapidler auf die Zukunft freuen?
Weil wir bereit sind, auch Unangenehmes zu tun, harte Entscheidungen zu treffen. Und nach dieser Phase der Stabilisierung werden wir auf die Erfolgsspur zurückfinden, da spricht überhaupt nichts dagegen.
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