Peter Stöger und Rapid: Vom Rekordstart zum kapitalen Missverständnis
Ex-Trainer: Peter Stöger
187 Tage nach dem Vertragsabschluss und nur vier Monate nach dem ersten Pflichtspiel ist Peter Stöger bei Rapid schon wieder Geschichte.
Am Freitag um 12.16 Uhr vermeldeten die Hütteldorfer die Beurlaubung des Wieners. Thomas Sageder, sein wichtigster Assistent, muss ebenfalls gehen. Das war nach dem erschreckenden Auftritt der Rapidler gegen Rakow in der Conference League keine Überraschung mehr.
Beim 1:4 in Polen war eine hilflose, zerfallende, sich selbst aufgebende Mannschaft zu sehen.
Ex-Rapid-Trainer Peter Stöger
Stöger muss nach 27 Spielen mit dem an sich ordentlichen Punkteschnitt von 1,70 pro Partie als Hauptverantwortlicher, aber sicher nicht Alleinschuldiger gehen.
Nur drei Rapid-Trainer waren im 21. Jahrhundert kürzer im Amt.
Gegen Kühbauer
Noch so ein Auftritt am Sonntag beim Seriensieger LASK, trainiert von Didi Kühbauer, könnte in einer historischen Liga-Schlappe enden. Dabei war Kühbauer im Sommer einer der Ersten, der Rapid unter Stöger öffentlich zum Titelfavoriten erklärte.
Tatsächlich hatte der 59-Jährige einen Rekordstart hingelegt und den millionenschweren Sprung in die Ligaphase der Conference League geschafft.
Die Spurensuche
Was führte danach in nur zwei Monaten zum Absturz mit nur drei Siegen in 13 Partien und spielerischen Tiefpunkten? Eine KURIER-Spurensuche.
Peter Stöger als Cheftrainer war meine Entscheidung und mein Fehler
Rapid-Sportchef
„Peter Stöger als Cheftrainer war meine Entscheidung und mein Fehler“, übernimmt Markus Katzer im KURIER-Gespräch Verantwortung. Der Sportchef betont: „Ich schätze Peter als Mensch sehr und tue das weiterhin.“ Doch die Rückkehr des Europacup-Finalisten und Meisters von 1996 als Trainer werden beide Seiten als kapitales Missverständnis in Erinnerung behalten.
Zu Beginn wurden viele Spiele mit individueller Klasse, Intensität und geschickten Anpassungen an den Gegner gewonnen. KURIER-Kolumnist Dominik Thalhammer warnte früh, dass dieser Pragmatismus auf Dauer zu wenig sein könnte: Rapid müsste eine klare spielerische Handschrift entwickeln, um dauerhaft an der Spitze bleiben zu können.
Dazu kam es nie.
Explosionsgefahr
Geplant war, dass Stöger mit seiner Erfahrung und Ruhe moderiert, während die im Vergleich zur Ära Robert Klauß aufgewerteten Co-Trainer die Detailarbeit am Platz erledigen. Doch die Chemie zwischen Stöger, Sageder sowie Stefan Kulovits (und dem Rest des Trainerteams) stimmte nicht. Weder menschlich noch inhaltlich.
Co-Trainer Thomas Sageder und Chefcoach Peter Stöger mussten gehen
Stöger deutete mehrmals an, dass er Grundsätzliches ändern wollte. Die Rapid-Verantwortlichen beteuern, dass sie dem Routinier auch die Möglichkeit dazu gegeben hätten. Mehr als kleine Korrekturen gab es jedenfalls nicht.
Zuletzt war Teamentwickler Werner Zöchling, ein alter Vertrauter von Stöger, im Einsatz – ohne Wirkung. Im Training übernahm Sageder das Kommando – und es wurde noch schlimmer.
Überraschende Pause
Die letzte Länderspielpause galt als letzte Chance zur Wende. Nach härteren Einheiten und einem internen Match, bei dem es zur Freude von Stöger ordentlich krachte, gab es gleich vier freie Tage. Zwar wurden den Spielern Fitnessprogramme mit ins lange Wochenende gegeben, aber im Rückblick wäre es wohl besser gewesen, die Zeit gemeinsam zu nutzen.
Mit Teambuilding oder Taktiktraining.
Das Sangare-Loch
Was auf Stögers Seite zu Frust führte, war die Phase rund um den sportlichen Höhepunkt Ende August: Mamadou Sangare, das stets fröhliche Herz des danach schwächelnden Mittelfelds, wurde nach Lens verkauft. Nachfolger Martin Ndzie war lange nicht fit genug, also nicht der erhoffte Ersatz.
Dazu verletzte sich Flügelstürmer Nosa Dahl, der mit Einzelaktionen oft den Unterschied ausgemacht hatte.
In der Krise wurde auf eine Dreierkette und mehr Defensive gesetzt. Nur kurz gelang die Stabilisierung bei den Ergebnissen. Dass auf dem Feld wie auf der Trainerbank das erhoffte Feuer immer schwächer wurde, war offensichtlich.
Kulovits als Interimstrainer
Und erfahrene Leader wie Guido Burgstaller gibt es im Kader nicht mehr. „Führungsspieler, die zu Rapid zu holen sind, wachsen nicht auf den Bäumen“, hält Katzer dagegen.
Nach der Rückkehr aus Polen verabschiedeten Katzer und das dafür zeichnungsberechtigte Präsidium den Trainerwechsel. Wie nach dem Klauß-Rauswurf im April rückt Kulovits als Interimstrainer auf und holt erneut Luka Pavlovic dazu. Der 34-jährige Serbe gilt als Experte für das zuletzt immer schwächer werdende Spiel mit dem Ball.
Wie geht es weiter, vom an sich guten zweiten Platz, aber bei nur noch drei Punkten Vorsprung auf den siebenten Platz und einer möglichen neuerlichen Zitterpartie um die Meistergruppe der Top 6?
Katzer will nicht komplett ausschließen, dass Kulovits – im Fall einer Siegesserie – an der Spitze bleibt.
Doch der klare Fokus liegt auf der Suche nach einem längerfristig passenden Cheftrainer.
Katzer: „Das geht jetzt los, weil ich grundsätzlich nicht mit einem möglichen Chefcoach verhandle, wenn noch ein anderer Trainer im Amt ist.“
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