Helles Hemd, dunkle Hose, weiße Sneaker. Peter Schöttel sitzt in seinem Büro im Wiener Prater und wirkt entspannt. Der Sportdirektor des ÖFB hat in Ralf Rangnick einen neuen Teamchef gefunden, der bei Fans, Medien und im Verband selbst für einen Aha-Effekt gesorgt hat. "Der Name Rangnick ist ein Signal, gibt sicher einen Impuls."
Zu Beginn der vierwöchigen Trainersuche lief Rangnick nur im Hintergrund als Kandidat mit. "Wir haben uns auch intensiv mit Trainern beschäftigt, die seit 2012, als Rangnick nach Salzburg kam, über Salzburg oder Liefering ihren Weg gemacht haben. Dadurch gab es den Namen Rangnick immer."
Allerdings hielt Schöttel den Deutschen vorerst für eine Mission Impossible. "Für mich war vom Start weg schwer vorstellbar, dass der aktuelle Trainer von Manchester United Interesse hätte, Teamchef in Österreich zu werden. Irgendwo war er präsent, aber für mich noch unrealistisch." Das änderte sich im Finish.
Reger Austausch
Schöttel tauschte sich in dieser Phase viel mit Thomas Eidler, dem Gesamtleiter der ÖFB-Trainerausbildung, aus, stimmte sich mit Günter Kreissl, Head of Goalkeeping und Leiter des "Projekt 12", ab. Und hielt natürlich Kontakt zu Salzburg-Sportdirektor Christoph Freund, der als Mitglied der Sportkommission beim Rangnick-Coup eine wichtige Rolle einnahm.
Schöttel: "Er war der, der mich bestärkt hat Rangnick anzurufen. Christoph glaubte dann, dass ihn der Teamchefposten interessieren könnte." Einen ersten persönlichen Anruf gab es knapp vor dem Zwischenbericht im ÖFB-Präsidium am 14. April.
Es folgten Gespräche via Telefon und Videoschaltung. "Wir haben auch viel über Rangnicks Manager kommuniziert." Später auch mit Lars Kornetka, Rangnicks Assistent und Vertrauter, der kommende Woche zu ersten Gesprächen bezüglich der Vorbereitung auf die vier Juni-Länderspiele nach Wien kommt.
Ein direktes Gespräch mit Rangnick von Angesicht zu Angesicht gab es bisher nicht. Weder für Schöttel noch für Präsident Gerhard Milletich. "Zuerst führt Rangnick seine Arbeit in Manchester professionell zu Ende. Und durch die Pandemie haben wir gelernt, dass vieles über Zoom möglich ist. Wir stehen in ständigem Austausch", versichert Schöttel.
Niederösterreichs Landesverbandspräsident Johann Gartner verriet in einem Interview mit der NÖN, dass es ein Schriftstück über die Zusammenarbeit zwischen Schöttel und Rangnick gäbe. "Die Aufteilung ist die gleiche wie mit Franco Foda. Es war sogar von mir gewünscht, dass Ralf Rangnick mit seiner Expertise über alles drüber schaut", gibt der Ex-Internationale zu. Demnach soll sich Rangnick zu gegebener Zeit auch im Verband und in den Teilbereichen der Direktion Sport einbringen.
Peter Schöttel glaubt jedenfalls nicht, dass er mit der Teamchef-Bestellung seinen eigenen Sessel zum Wackeln bringt, wie manche Insider und Experten munkeln. "Auf Kommentare höre ich schon lange nicht mehr. Mir geht es ums große Ganze. Ich mache meinen Job, er seinen. Ich denke nicht, dass er als Ziel hat, Sportdirektor des ÖFB zu werden. Darüber mache mir keine Sorgen."
Der 55-Jährige blickt vielmehr gespannt auf die Zusammenarbeit und die kommenden Aufgaben mit den schweren Spielen in der Nations League. Rangnick startet sein neues Amt am 29. Mai. Viele Fans hoffen auf einen offensiven und begeisternden Stil des Teams.
Interessant: Die Forderung nach Red-Bull-Fußball beim Nationalteam konnten selbst die Kandidaten in den Gesprächen nicht ganz verstehen, erzählt der Sportdirektor. "Sie, die voll im Geschäft sind, haben es alle ziemlich gleich gesehen. Dass man zunächst schauen muss, welche Spieler zur Verfügung stehen und wer der Gegner ist."
Ruck-zuck
Auch Rangnick? "Er sieht sich diesbezüglich schon im Vorteil, weil er die Hälfte der Mannschaft persönlich kennt. Und er ist überzeugt davon, dass eine Umsetzung schnell möglich ist." Zeit ist beim Team ohnehin kostbar, weil rar. Nur wenige Tage bleiben, ehe Rangnick sein Debüt in Osijek am 3. Juni gegen Kroatien gibt. Es folgen in kurzen Abständen zwei Spiele gegen Dänemark und der Hit gegen Weltmeister Frankreich. "Wir wollen die Leute mitnehmen, das nehmen wir uns vor für die nächsten Spiele."
Es brauche wieder mehr Leidenschaft, Feuer und Energie. Und einen Ruck, für den der 63-jährige Neo-Teamchef sorgen sollte.
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