Kampf gegen Corona: Rapids Leben und Leiden in der Blase
Das waren noch Zeiten, als Steffen Hofmann in der U-Bahn Autogramme gegeben hat. Als begeisterter Wiener fuhr der in Deutschland geborene Rekord-Rapidler am liebsten mit der U2 zum täglichen Training neben dem Happel-Stadion.
Als Interimstrainer von Rapid II arbeitet Hofmann ebenfalls im Prater, soll aber soziale Kontakte (wie sie für einen Promi in der U-Bahn nicht zu vermeiden sind) aufs Nötigste reduzieren. Wer Auto (oder Motorrad) und Führerschein hat, soll es so oft wie möglich nutzen.
Seit dem Ausbruch der Coronavirus-Krise leben Fußballer, Trainer, Betreuer und zu einem gewissen Teil auch ihre engsten Familienangehörigen in einer Blase. „Manchmal denk’ ich mir: Das sind ja junge Menschen, die wollen ja auch leben. Aber eigentlich haben sie seit März außer dem Fußball kein Leben mehr“, sagt Wolfgang Frey.
Der langjährige Masseur wurde in Hütteldorf zum Mister Corona, der alle Covid-19-Maßnahmen organisiert und darauf achtet, dass im Verein alles positiv (also Corona-negativ) abläuft. Täglich sind per App von allen Spieler die Gesundheitsdaten zu speichern. Zwei Mal die Woche werden alle zum „roten Team“ gehörenden Rapidler auf Corona getestet.
Abstand halten
Schauplatz Hütteldorf: KURIER-Besuch beim Profi-Training, das seit dem Lockdown nur noch am Stadiongelände durchgeführt wird. Früher eine Selbstverständlichkeit, jetzt eine organisatorische Aufgabe mit vorab informiertem Türöffner, Sicherheitsabstand und Maske. Für die Spieler geht es seit April nach der Anreise in die Tiefgarage direkt in eine der beiden Kabinen (Abstand!), auf den Platz und nach dem Training mit dem Auto heim. Und: Außerhalb der Arbeit so wenig wie möglich Menschen treffen!
Auf dem Rasen schaut es aus wie immer. Der bei Spielen öfters unglücklich agierende Koya Kitagawa trainiert stark (das ist seit dem Lockdown zu hören), Trainer Didi Kühbauer mischt scharfe Anweisungen mit Schmähs. Die Spieler wirken fokussiert und diszipliniert.
Rapid-Trainingsbesuch in der "roten Corona-Zone"
„Ich habe ja schon viel miterlebt. Aber diese Mannschaft ist zu einem sehr großen Teil sehr brav. Auch wenn ich merke, dass ihnen die Umstände verstärkt auf den Nerv’ gehen“, erzählt Frey. „Würde auch die Gesamtbevölkerung so diszipliniert auf die Maßnahmen achten, wäre die Lage in Österreich sicher besser.“
Rund 1.500 PCR-Tests gab es bisher bei Rapid. Nur vier (je zwei Profis und Rapid-II-Talente) waren positiv. „Keiner davon hatte Symptome“, weiß Frey.
Die Fußballer wissen aber auch, dass ihre Disziplin Pflicht ist. Zehn Tage Quarantäne und die Gefahr, dass Mitspieler infiziert würden, will jeder Verein verhindern.
Frage der Zeit
Trotzdem wird es wieder positive Tests geben, bei allen Vereinen. „Viele Spieler von Rapid II haben kein Auto, gehen noch in die Schule oder sind beim Heer – die können ihre sozialen Kontakte gar nicht so stark einschränken.“ Und bei den Profis kommt es mittlerweile verstärkt vor, dass ihre Kinder wegen Corona-Verdachtsfällen aus dem Kindergarten oder der Schule in die Heim-Quarantäne müssen. „Jeder Corona-Alarm landet bei Klubarzt Balzer. Dann entscheiden wir, ob Testungen für die gesamte Familie organisiert werden oder unsere ’normalen’ Tests ausreichen“, erklärt Frey.
Die heikelste Corona-Mission von Rapid – da sind alle Beteiligten einig – war die Europacup-Reise nach Zagreb. „Man sieht es ja bei vielen Vereinen im Europacup, wie schnell das schief gehen kann. Slovan Bratislava durfte nicht einmal antreten.“
Als Lok bezwungen, der Aufstieg trotz Reisewarnung erledigt und bei den Nachtestungen alle negativ geblieben waren, hat das für Frey mehr als den achten Einzug in die Europa League bedeutet: „Da sind bei uns allen mehrere Steine der Erleichterung herunter gepurzelt.“
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