Spanien: Seit vier Jahren ist Unai Simon die Nummer eins im Tor. Der 27-jährige Baske mit seinen 1,90 Metern Gardemaß gilt als stark in der Luft und auf der Linie, im Spielaufbau mit dem Fuß wirkt er hin und wieder leichtsinnig und begeht Fehler, so wie etwa bei einem Abstoß gegen Deutschland in die Füße von Kai Havertz. Dreimal musste der Keeper von Athletic Bilbao bei der EM erst hinter sich greifen.
England: Die Topklubs der Premier League vertrauen auf Legionäre im Tor, das wird einen Grund haben. Beim FC Everton jedoch ist Platz für einen Einheimischen: Der 30-jährige Jordan Pickford hütet seit 2018 das Tor der Three Lions und hat Anteil daran, dass man nun zum zweiten Mal in Serie im EM-Finale steht. Pickford steht für gute Reflexe, wenig Risiko und weite Abschläge. Nur die Grimassen, die er oft schneidet, werfen Fragen auf.
Spanien. Die Zeiten von Ramos und Piqué sind vorbei, verstecken braucht man sich aber nicht. Angeführt wird die Viererkette von Aymeric Laporte, einem gebürtigen Franzosen, der sich nach Nichtberücksichtigung für die WM 2018 für das Land seiner Großeltern entschieden hat. Neben ihm spielt Routinier Nacho oder Le Normand. Rechts gibt es mit Reals Carvajal Routine, links wirbelt Chelseas Wuschelkopf Cucurella.
England. Nach dem Achtelfinale stellte Trainer Gareth Southgate von einer Vierer- auf eine Dreierkette um. Drei Routiniers spielen aber sowieso immer: Kyle Walker (34), John Stones (30) und Kieran Trippier (33) haben einen Fixplatz. Die Kette kommt selten unter Druck, weil bei England sowieso alle elf brav und diszipliniert mitmachen beim Verteidigen. Ob sich das gegen die spielstarken Spanier ändert?
Spanien: Wer über das spanische Zentrum spricht, der kommt an Rodri im besten Wortsinn nicht vorbei. Der Manchester-City-Profi ist Gehirn und Taktgeber des dreifachen Europameisters. Er sorgt dafür, dass der etwas weiter vorne postierte Dani Olmo viele Freiheiten genießen darf und in Deutschland das Turnier seines Lebens spielt. Kleiner defensiver Unsicherheitsfaktor im Halbfinale gegen Frankreich war Fabián Ruiz.
England: Einen Marktwert von 300 Millionen Euro vereinen alleine Jude Bellingham und Declan Rice, sie bilden das Gegengewicht zu Rodri/ Olmo auf spanischer Seite. Entscheidend könnte sein, welches Mittelfeldduo die Kontrolle über das Endspiel erlangt. Stark ins Turnier gekämpft hat sich mittlerweile auch Manchester-United-Jungstar Kobbie Mainoo (19), der für Saka und Foden absichert.
Spanien: Das neue Spanien kann in der Offensive alles – Flanken, Weitschüsse oder vertikale Bälle in Spitze. Der große Trumpf ist dennoch das unberechenbare Flügelspiel über die Jungstars Nico Williams und Lamine Yamal. Minimal schwächer und etwas weniger durchschlagskräftig als etwa bei den Engländern wirkte im Laufe der EM der zweite offensive
Anzug. Jedoch: Wirklich nötig hatten das die Spanier bisher nicht.
England: Es mag (noch) nicht das Turnier von Harry Kane sein, dennoch hat Englands Kapitän mit drei Treffern beste Chancen auf die Torjägerkrone. Neu ist, dass Coach Southgate auch nicht die Auswechslung des Bayern-Stars scheut. Mit Ollie Watkins, Siegtorschütze im Halbfinale, wartet einer der besten Torjäger der Premier-League-Saison. Auf den Flügeln kamen zuletzt Bukayo Saka und Phil Foden immer besser in Schwung.
Spanien: Luis de la Fuente kannte bei seinem Amtsantritt die Hälfte seiner Mannschaft aus den Jugend-Nationalteams und wusste, was das Team braucht. Man spielt vertikaler, ohne dabei Dominanz einzubüßen. Der 63-Jährige schätzt Routiniers wie Navas (38) und lässt junge wie Yamal (17) über den Platz fliegen. Schafft er durch die perfekte Mischung seinen dritten EM-Titel nach jenen mit der U-19 und der U-21?
England: Kaum ein Trainer wurde während der EM so kritisiert wie der 53-jährige Gareth Southgate. Sogar Bierbecher flogen in seine Richtung. Der Vorwurf: Er würde die talentierten Stars in ein fades Defensiv-Konzept zwängen. Tatsächlich gabs bisher wenig Spektakel. Dafür Kontrolle, Disziplin und Mentalität. Dreimal hat man zuletzt einen Rückstand gedreht und sogar die legendäre Schwäche im Elfmeterschießen beerdigt.
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