Das Achtelfinale am Sonntag gegen Debütant Georgien scheint fast nur Formsache zu sein (21 Uhr/ live ServusTV, ZDF). Bereits auf dem Weg zur Endrunde fertigte Spanien die Georgier in der Qualifikation zweimal ab (7:1, 3:1). Und auch in der Vorrunde wusste der dreifache Europameister zu überzeugen – und zwar mit unberechenbarem Tempofußball.
Binnen eineinhalb Jahren hat Luis de la Fuente der Auswahl seine Handschrift verpasst, ohne aber auf die spanischen Grundtugenden verzichten. Ballbesitz bildet weiterhin die Basis im Spiel, doch die Mannschaft hat Plan B und C im Repertoire, sobald die Kugel nicht wie gewünscht rollt.
Unter dem namhaften Vorgänger Luis Enrique traten die Spanier zwar ebenfalls gewohnt dominant auf, doch das Achtelfinal-Out bei der WM 2022 war auch einem Mangel an hochkarätigen Torchancen geschuldet. Dieses Manko hatte der Taktiker und Pragmatiker De la Fuente erkannt – und rasch behoben.
Er setzte fortan auf einen klassischen Mittelstürmer, eine Position die davor im spanischen Fußball lange unpopulär gewesen war (Stichwort: die falsche Neun). Die Folge waren 25 Treffer in der EM-Qualifikation, dazu der Nations-League-Sieg.
De la Fuente weiß, wie man Titel holt
Mit Trophäen kennt sich De la Fuente, der im Baskenland bei Athletic Bilbao den Fußball kennen und lieben gelernt hat, aus. Sowohl die spanische U 19 als auch die U 21 führte er zum EM-Titel.
Viele seiner ehemaligen Schützlinge bilden auch bei der EM in Deutschland das Gerüst des Teams. Doch dafür probierte er viele(s) aus. Während seines ersten Teamchef-Jahres setzte er in zehn Partien 47 Spieler ein, zwölf davon gaben ihr A-Teamdebüt. Unpopuläre Maßnahmen scheute er ebenfalls nicht: Auf die vielfach geforderten Comebacks der Altstars Isco und Sergio Ramos verzichtete er.
Beliebt ist Luis de la Fuente, der als Spieler Anfang der 80er-Jahre mit Bilbao zweimal Meister wurde, hingegen bei der mächtigen spanischen Presse. Anders als seine Vorgänger pflegt er ein entspanntes Verhältnis zu den Medien, und er weiß, was die vielfach nationalistischen Anhänger der Nationalmannschaft hören wollen. Er sei „superstolz, Spanier, Katholik und Stierkampf-Fan“ zu sein, sagte er kurz nach Amtsantritt.
Dass er lange zu seinem Förderer Rubiales stand, hat man ihm längst verziehen. Auch weil er dafür später Reue zeigte und sich öffentlich entschuldigte.
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