Southgate vs. De la Fuente: Die Gemeinsamkeiten der Final-Trainer

Erlösung: Southgate war mehrmals knapp vor dem Aus
Die Teamchefs von Spanien und England sind in ihren Verbänden groß geworden. Was spricht für dieses Modell und wem gelingt im Finale der große Wurf?

Das bisher beste Team des Turniers trifft auf die Mannschaft mit den größten Comeback-Qualitäten. Auf der einen Seite die mit sechs Siegen makellosen Spanier. Auf der anderen die Engländer, die im Achtelfinale nur wenige Minuten vom Out entfernt waren, im Viertelfinale nur mit Glück ins Elfmeterschießen kamen, aber beim 2:1 gegen die Niederländer dann voll da waren.

Der Weg nach Berlin in das Endspiel der EURO 2024 war unterschiedlich. Die Karrieren der Teamchefs sind hingegen von bemerkenswerten Parallelen gekennzeichnet.

Southgate vs. De la Fuente: Die Gemeinsamkeiten der Final-Trainer

Luis de la Fuente wechselte nach einer unspektakulären Trainer-Karriere 2013 zum spanischen Verband, wurde mit der U 19 Europameister, stieg zur U 21 auf, gewann auch mit dieser den Titel und wurde Anfang 2023 mit bereits 62 Jahren zum Chefcoach der Selección befördert.

Der um zehn Jahre jüngere Gareth Southgate war immerhin dreieinhalb Jahre lang Trainer von Middlesbrough, ehe 2011 der Wechsel zum Verband erfolgte. Aus dem Nachwuchskoordinator wurde ein U-21-Teamchef, der von 33 Spielen 27 gewann.

Bereits vor acht Jahren folgte der Aufstieg zu den „Three Lions“.

Southgate vs. De la Fuente: Die Gemeinsamkeiten der Final-Trainer

Turniererfahrung als Plus

Ist dieser verbandsinterne Aufstieg ein Erfolgsgeheimnis?

Willi Ruttensteiner, der jahrzehntelang für den ÖFB gearbeitet und auch bei Israels Verband Spuren hinterlassen hat, betont im KURIER-Gespräch: „Es spricht nichts dagegen, einen Top-Klubtrainer zum Teamchef zu machen, wenn er das Potenzial hat. Erfahrungen aus einer U-21-EM oder einer U-20-WM sind allerdings ein großer Vorteil. Fehler, die Southgate oder De la Fuente dort gemacht haben, würden ihnen nie wieder passieren.“

Southgate vs. De la Fuente: Die Gemeinsamkeiten der Final-Trainer

Dazu passt, was Dani Olmo der SZ über seinen Langzeitbegleiter erzählte: „Die meisten von uns hatten das Glück, unter De la Fuente in den Nachwuchsteams zu spielen. Das Entscheidende ist: Die Grundidee, die er uns vermittelt, ist die gleiche, die wir alle aus der Zeit von damals kennen.“

Southgate vs. De la Fuente: Die Gemeinsamkeiten der Final-Trainer

Das ist auch für Ruttensteiner der entscheidende Punkt: „Es gibt nach wie vor Verbände, die meist prominente Trainer von außen holen und diesen dann freie Hand lassen. Ich war immer dafür, zuerst im Verband Prinzipien festzulegen und dann einen Teamchef dafür auszusuchen. Wenn es intern jemand mit dem Potenzial gibt, soll er auch die Chance bekommen. Weil er Spieler und Philosophie ganz genau kennt.“

Rodri wird bei ManCity von Trainer-Guru Guardiola trainiert. Doch selbst Spaniens Schlüsselspieler betont den Unterschied zum Team: „De la Fuente hat verstanden, dass es nicht dasselbe ist, Vereins- oder Nationaltrainer zu sein.“

Dicke Haut nötig

Ein Teil dieser Aufgabe ist es, mit kritischer Presse umzugehen. De la Fuente wurde nach einem 0:2 in Schottland im erst zweiten Spiel hart kritisiert. Spaniens Kicker verteidigten den Chef und seine Ideen. Es folgten in 20 Spielen 18 Siege.

Southgate kam zwar bei den Turnieren weiter als seine Vorgänger, drei Mal zumindest ins Semifinale. Doch der vorsichtige Spielstil mit einem Team voller Premier-League-Stars war ein steter Aufreger.

Der Job wurde gegen die Slowakei erst durch Bellinghams Fallrückzieher in Minute 95 gerettet. Die brutale Kritik der Boulevardpresse nahm der stets freundlich auftretende Engländer so wie jene am verlorenen Elferschießen im EM-Finale 2021 hin: „Ich versuche, es diesmal besser zu machen.“

"Southgate ist ein extrem freundlicher, offener und gebildeter Mensch"

Ruttensteiner hatte bei der UEFA mehrere Treffen mit Southgate: „Ein extrem freundlicher, offener und gebildeter Mensch.“ Und offenbar kann dieser Teamchef auch noch in seinem 101. Spiel überraschen. Für Kapitän Kane und City-Star Foden kamen im Semifinale überraschend Goldtorschütze Watkins und Assistgeber Palmer.

 Für den Guardian ist Southgate deswegen ein „Technokrat, der sich in einen rücksichtslosen Abenteurer verwandelt hat“.

Auf der Insel dürfte das als Lob durchgehen.

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