Die große EM-Bilanz: Triumphzüge und Entgleisungen
Am Sonntagabend fällt also der Vorhang auf der EURO-Bühne. Das Stück, das vier Wochen lang präsentiert wurde, wusste fast durchwegs zu gefallen. Schon vor Anpfiff des großen Finales bietet der KURIER einen kleinen Überblick, was gut und was vielleicht weniger gut oder entbehrlich war.
Der Gastgeber
Vielleicht war es nicht so ein Sommermärchen wie jenes 2006 bei der WM, aber es waren auch die Voraussetzungen andere. Dennoch mauserte sich Deutschland auch im Jahr 2024 wieder zu einem sehr guten und freundlichen Gastgeber, bei dem sich die unterschiedlichen Fans verschiedenster Nationen wohl fühlten. Das lag auch an der Exekutive, die zumeist mit Feingefühl heikle Situationen managte.
Das ÖFB-Team
Vor dem Turnier hätte wohl niemand damit gerechnet, dass das ÖFB-Team die Hammergruppe D auf dem ersten Platz beendet. Und auch wenn das Aus im Achtelfinale gegen die Türkei schmerzt, kann man durchaus zufrieden mit den Leistungen der Mannschaft sein. Sie hat begeistert und attraktiven Fußball geboten, selbst deutsche Experten applaudierten und hätten der Rangnick-Elf sogar weitaus mehr im Turnier zugetraut. Nächster Versuch in zwei Jahren bei der WM in USA, Kanada und Mexiko. Die Qualifikation dafür, die im kommenden Jahr gespielt wird, ist ohnehin schwer genug.
Furiose Spanier
Eine 3:0-Halbzeitführung im ersten Gruppenspiel gegen Kroatien ließ schon vermuten, wo die Reise der Furia Roja hingehen könnte. Die junge Flügelzange „Wamal“ steht für den erfrischenden Offensivfußball, den die Spanier das gesamte Turnier über durchzogen. Eine Mannschaft mit viel Zukunft, die eine neue Ära begründen könnte, egal, ob man Deutschland mit dem Titel verlässt oder nicht.
Georgien
Die EM-Debütanten aus Georgien starteten als größter Außenseiter in die Endrunde. Mit vier Punkten gelang als Gruppendritter überraschend der Aufstieg ins Achtelfinale. Dort gelang gegen Spanien sogar der Führungstreffer, ehe das Spiel noch mit 1:4 verloren ging. Ein Auftritt, der Respekt verdient.
Nachspielzeiten
Bei der Weltmeisterschaft 2022 waren sie noch eine Seltenheit, bei der EURO hingegen fast immer anzufinden – Nachspielzeiten von unter zehn Minuten. Wohltuend, wenn Nachspielzeiten nicht zu einer dritten Hälfte werden.
Stadien
Sie sind aus der ersten und zweiten Deutschen Bundesliga bekannt und boten auch jetzt bei der EURO einen gelungenen und stimmungsvollen Rahmen. Auch das Berliner Olympiastadion, mit der Laufbahn kein klassisches Fußballstadion, beeindruckte nicht nur als Bauwerk aus einer historisch schwer belastenden Zeit, sondern auch als Oval, das als Garant für eine tolle Atmosphäre stand.
Fröhliche Fans
Auf Social Media gingen die Fans der Niederländer mit ihren Fanmärschen viral. Und auch die rot-weiß-roten Anhänger zeigten sich von ihrer besten Seite. Stimmungsvolle Fanblöcke sorgten für eine tolle Atmosphäre während der Spiele.
Nationalistische Fans
So fröhlich und gut die Stimmung während dem Großteil der EM war, so fielen auch diesmal wieder einige wenige mit nationalistischen Verhalten auf. Dabei ist der Wolfsgruß der Türken nur ein negatives Beispiel.
VAR-Diskussionen
Es wird sie wohl immer geben, auch auf Top-Niveau mit Top-Schiedsrichtern – die Diskussionen rund um den VAR. Manche fordern seine Abschaffung, die Mehrheit will ihn behalten. Wohl zurecht, weil diskutiert und gestritten wird ja ohnehin immer. Mit oder ohne VAR.
Die Starspieler
Es war nicht das Turnier aller Topstars. Mbappé hatte nicht seinen gewohnten Torreicher, vielleicht lag’s auch an der gebrochenen Nase. Ronaldo und einige mehr blieben allesamt hinter den Erwartungen zurück.
Deutsche Bahn
Verspätungen und Ausfälle soweit das Auge reicht. Die Deutsche Bahn wurde ihrem Ruf gerecht. Kein Wunder, dass viele Teams auf das Flugzeug umstiegen, trotz geringer Distanzen. Serbische und englische Fans, die nach einer Partie in Gelsenkirchen diesen schmucken Ort einfach nicht verlassen konnten, weil eben nicht alles auf Schiene war. Oder österreichische Fans, die die Bahn mit Schmäh-Gesängen bedachten. Entgleisungen, wohin man blickt.
Flitzer
Die Bezeichnung „Flitzer“ stimmt nicht mehr ganz. Denn anstatt unbekleideter Personen sind es vielmehr vollbekleidete Selfiejäger, die sich einen Weg auf das Spielfeld bahnen. Spaniens Alvaro Morata wurde dabei fast zum Opfer, als ein Flitzer jagender Ordner ausrutschte und den Kapitän niedergrätschte, der daraufhin mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Kabine humpelte.
Modus
Welcher Gruppendritte kommt weiter? Wer trifft auf wen? Und nach welcher Reihenfolge werden die Drittplatzierten gereiht? Fragen, die bei vielen Fans für Verwirrung sorgen. Nationen, die am Sonntag das dritte Spiel absolviert hatten, mussten bis Mittwochabend warten um zu wissen ob sie weiter im Turnier verbleiben. Genau genommen ein untragbarer Zustand. Mögliche Lösungen: Eine Minimierung der teilnehmenden Nationen auf 16, wie es schon bis 2016 der Fall war. Oder – die ebenso unrealistische Variante – eine Aufstockung auf 32 Teams.
Mitarbeit Patrick Resch
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