20 Jahre Red Bull Salzburg: Beckenbauer, Rangnick und Fan-Dispute

Juhu, Geld gibt's für die Salzburger

Stimmen Sie einer Datenverarbeitung von BotTalk UG zu, um diesen Inhalt anzuzeigen.
Zusammenfassung
- Red Bull Salzburg hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten und Fan-Disputen durch Investitionen und die Führung von Ralf Rangnick zu einem europäischen Spitzenklub entwickelt.
- Das Erfolgsmodell basiert auf der Entwicklung und dem Verkauf vielversprechender Talente, was zu erheblichen Gewinnen auf dem Transfermarkt führte.
- Salzburgs Erfolge im europäischen Fußball haben die österreichische Liga geprägt und die Diskussion über die Auswirkungen auf den nationalen Fußball intensiviert.
Kein Oligarch, kein Scheich: Am späten Abend des 6. April 2005 wurde in Salzburg aufgeatmet. Die Red Bull GmbH kündigte den Einstieg in den Fußball an, die Übernahme der maroden Austria Salzburg wurde offiziell bestätigt.
Deren Präsident Rudi Quehenberger hatte den Deal mit Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz eingefädelt, mit Franz Beckenbauer stand ein internationales Aushängeschild als Berater parat. 20 Jahre sind vergangen.
Nach durchwachsenen Anfangsjahren kann sich die Zwischenbilanz sehen lassen.
Eine Bestandsaufnahme nach 20 Jahren "Bullen" in Salzburg:
Die Anfangsjahre:
Aller Anfang ist schwer. Red Bulls "Ablösesumme" beim Kauf der Salzburger Austria - kolportiert wurden sieben Millionen Euro - war nur der Beginn.
"Die sportlichen Ziele müssen natürlich sein, mittelfristig in den europäischen Wettbewerben mitzuspielen, was wiederum eine Spitzenposition in der österreichischen Meisterschaft voraussetzt", sagte Red-Bull-Chef Didi Mateschitz damals zur Zielsetzung.
Der Energydrink-Konzern investierte groß, hatte aufgrund der Unerfahrenheit im Fußball-Geschäft aber mit Problemen zu kämpfen. Es dauerte Jahre, um eine klare Philosophie zu entwickeln.
Der erste große Transfer ging daneben: Andreas Ivanschitz verabschiedete sich schon nach sieben Monaten wieder. Dazu kamen Reibereien mit den Austria-Fans, die sich nicht nur ob der Umfärbung der Klubfarben vom "Kommerzfußball" abwendeten.
Violett-weiße Traditionalisten wurden nach offen im Stadion ausgetragenen Disputen mit Hausverboten belegt. Red Bull wurde europaweit zum Feindbild der aktiven Fan-Szenen.
Der Rangnick-Effekt:
Erfolge stellten sich dank der Investments dennoch ein. 2007, 2009, 2010 und 2012 wurde Salzburg Meister. Ins die Saison 2011/12 fällt auch das erste Double.
Dann folgte der Einstieg von Ralf Rangnick, der das Werkl so richtig ins Laufen bringen sollte. Mateschitz holte den Schwaben, der zuvor aufgrund eines Burnout-Syndroms monatelang pausiert hatte, im Sommer 2012 ins Boot. Rangnick sollte als Sportdirektor in Salzburg und Leipzig die Richtung vorgeben und tat dies mit Erfolg. Gegenpressing stand auf dem Plan, physisch starke junge Akteure wurden verpflichtet.
Der Start war wieder holprig, in der Champions League gab es gegen Düdelingen ein sportliches Fiasko, die Wiener Austria holte sich den Meistertitel.
Ab 2013/2014 waren Sadio Mane, Kevin Kampl und Co. voll in der Spur. Bis 2022 sollte Salzburg achtmal das Double gewinnen, 2018 gelang der Einzug ins Halbfinale der Europa League. Salzburg war in Europa plötzlich eine Größe und spielte nach davor elf vergeblichen Anläufen 2019 auch erstmals in der Champions League.
Das Erfolgsmodell:
Rangnicks Agenda führte seine vormals rechte Hand Christoph Freund weiter. Das Modell war vorgezeichnet. Vielversprechende Talente zu kaufen, weiterzuentwickeln und in Topligen zu verkaufen, hat Salzburg in den vergangenen zehn Jahren einen Gewinn von 463 Millionen Euro eingebracht, wie das Portal Transfermarkt.com im vergangenen August errechnete.
Die "Bullen" sind in diesem Zeitraum der dritterfolgreichste Klub auf dem europäischen Transfermarkt hinter Benfica Lissabon (743 Mio.) und Ajax Amsterdam (483 Mio.).
Ein wichtiges Puzzleteil ist die 2014 fertiggestellte Akademie in Liefering, die international als Maßstab für erfolgreiche Nachwuchsarbeit gilt. "Es war in einer extremen Ausprägung schon der richtige Weg, der so in dieser Konsequenz selten zuvor von einem Verein durchgesetzt worden ist in ganz Europa", sagte Freund dieser Tage in einem Podcast der Salzburger Nachrichten.
Was bringen Salzburgs Erfolge für Österreich?
Die Meinungen, inwiefern Salzburgs Erfolge auch Fußball-Österreich zugute kommen, gehen auseinander. Fakt ist, dass Salzburg die meisten Punkte in der UEFA-Fünfjahreswertung für Österreichs Vertreter in den vergangenen zehn Jahren geholt hat. Der SK Rapid hat als erster Verfolger nicht einmal halb so viele Zähler angeschrieben.
In der Bundesliga beklagte die Konkurrenz eine gewisse Fadesse. Vom "Best of the Rest" wurde geschrieben, "Meister sind auch wir geworden", sagte der damalige Rapid-Coach Dietmar Kühbauer 2021, als sein Team "Vize" wurde.
Seit der Punkteteilung gibt es Hoffnung für die Konkurrenten. Sturm Graz hängte den vormaligen Serienmeister in der Vorsaison ab, heuer kämpfte sich Salzburg nach durchwachsenen Monaten samt Trainerwechsel im Frühjahr wieder an die Spitze heran. Die derzeitige Trainer-Riege kann die Entwicklung schwer abschätzen. "Ich glaube schon, dass Salzburg die richtigen Schritte setzen wird, um wieder an die Dominanz der Vergangenheit anzuschließen - ob dies auch in gewohnter Form gelingt, wird sich zeigen", meinte Kühbauer zuletzt.
Die Akzeptanz:
14-facher österreichischer Meister und 9-facher Cupsieger ist Salzburg in der Red-Bull-Ära mittlerweile.
Die Idee, Fußball zu einem Event zu machen, hat sich in Wals-Siezenheim verankert. Die Besucherzahlen sind dennoch schwankend. In der Champions League sind die Ränge in der EM-Arena gut gefüllt, in der Meisterschaft sind die Besucherzahlen mitunter überschaubar. In der ersten Saison unter Red Bull kamen noch über 13.500 ins Stadion, es war ein Plus von 97 Prozent. In den Folgejahren fiel der Schnitt auch unter die 10.000er-Grenze. Salzburg siegt das Stadion leer, wurde schon geschrieben. In den Jahren seit der Einführung der zuschauerstarken Meistergruppe lag der Schnitt bei rund 12.000 Besuchern.
Ein Kritikpunkt der Anhänger: Identifikationsfiguren sind rar gesät. "Für die Fans ist es nicht immer so leicht. Spieler sind oft schnell wieder weg und neue kommen", meinte Freund.
Was bringt die Zukunft?
Die finanzielle Kraft sollte Salzburg nicht ausgehen. Red Bull hat sein Fußball-Netzwerk weltweit ausgebaut. Die New York Red Bulls, Red Bull Bragantino in Brasilien und Omiya Ardija in Japan zählen dazu. An den ambitionierten Zweitligisten Leeds United und Paris FC hält der Konzern Minderheitsanteile. Nach Torino stieg man auch bei Atletico Madrid als Sponsor ein.
Jürgen Klopp wurde im Jänner als "Head of Global Soccer" verpflichtet. Man wolle "die nächsten Schritte machen - bevor sie andere machen", sagte Klopp bei seiner Vorstellung. Dabei diente man in Salzburg schon als Blaupause für Topklubs, wie Freund anmerkte. "Viele haben auf Salzburg geschaut, wir waren wie ein Vorreiter in Europa", meinte der nunmehrige Bayern-Sportdirektor auf die Nachwuchsarbeit bezogen. Leichter werde es dadurch nicht. "Der Teich, wo Salzburg früher gefischt hat, da fischen jetzt mehrere." Der Klub könne trotzdem weiter viel bieten. "Es ist ein Verein, der in einer Liga wie der in Österreich spielt, aber international auf hohem Level immer dabei ist."
Kommentare