Seit Anfang des Jahres ist Thomas Letsch zurück in Salzburg. Unter dem Deutschen hat der im Herbst kriselnde ehemalige Serienmeister in der Liga drei Siege und drei Remis geholt. Am Sonntag (17.00) geht es zum Schlager nach Hütteldorf.
KURIER: Nach gut neun Jahren sind Sie zurück in Salzburg. Haben Sie sich wieder gut eingelebt?
Thomas Letsch: Das Einleben hier im Klub hat ganz gut geklappt. Man wird aber schon immer wieder mit neuen Dingen konfrontiert. Es hat sich doch viel getan in den letzten Jahren – im Verein, und auch bei mir. Aber es lässt sich gut an, es macht total viel Spaß.
Die Situation in Salzburg war sehr angespannt, bevor Sie geholt wurden. War es dann so, wie Sie sich das erwartet haben?
Es ist nie genau so, wie man es sich erwartet. Aber es war klar, dass der Klub in einer sportlich etwas schwierigeren Situation ist. So gesehen wusste ich jedoch schon, wo die Probleme liegen könnten. Ein paar Dinge hätte ich so nicht erwartet, es war aber ersichtlich, wo wir die Hebel ansetzen müssen.
Was war das Wichtigste, das Sie ändern mussten?
Das ist immer schwierig zu sagen. Aber eine Sache war uns schon wichtig: Dass wir eine Mannschaft haben mit Spielern, die sich voll mit der Sache identifizieren. Es ist kein Geheimnis, dass immer wieder Spieler hier herkommen, die Red Bull Salzburg als Zwischenstation sehen und dann den nächsten Schritt machen wollen. Das ist auch völlig in Ordnung, wir sind ein Klub, der Spieler entwickelt. Da muss es so sein. Aber es darf nicht zu schnell gehen. Wer nur die Champions League genießen will, ist falsch hier. Ein Spieler, der hier ist, muss auch Lust haben in Hartberg zu spielen, nicht nur im Bernabeu.
Im Herbst soll auch das Teamgefüge nicht gepasst haben ...
Das ist ganz generell ein wichtiger Punkt:. Es muss immer ein Miteinander sein. Damit will ich nicht sagen, dass es davor nicht so war. Aber der Gedanke, dass es nur miteinander geht, den halte ich für ganz wichtig. Nur mit Top-Einzelspielern wirst du keinen Erfolg haben. Wir müssen als Team agieren – auf und neben dem Platz.
Was konkret muss besser werden? Und womit sind Sie zufrieden?
Zufrieden bin ich damit, dass wir insgesamt wieder aktiver spielen. Wir müssen das aber 90 Minuten schaffen. Wir haben immer Phasen, in denen wir dem Gegner zu viel Luft lassen. Wir haben Spiele, wo wir viele Chancen kreieren, aber zu wenig daraus machen. Da geht es um die Effizienz, die Entschlossenheit. Bei Standards haben wir auch noch Luft nach oben. Auch da lassen wir wenig zu, müssen aber offensiv effizienter werden.
Wer ist Ihr Favorit?
Also wir haben unsere drei Siege im Frühjahr gegen Teams aus der Meistergruppe gefeiert (grinst). Nein, das heißt nicht, dass wir gegen die immer gewinnen. Theoretisch kann alles passieren. Alle Mannschaften, die sich qualifiziert haben, haben sich zu Recht qualifiziert. Wenn man sich die Tabelle anschaut, sind Austria und Sturm die Favoriten, nicht umsonst stehen sie da vorne. Und dann gibt es vier andere Mannschaften, die in der Lauerposition sind. Es kann schnell gehen – in beide Richtungen. Ich finde diesen Modus jedenfalls gut und freue mich darauf.
Wie würden Sie sich als Trainer beschreiben?
Das mag ich nicht so gern. Ich fang’ anders an. Beim FC Red Bull Salzburg war es oft so, dass der Trainer aus der Akademie kam, oder seine ersten Schritte auf hohem Niveau gemacht hat. Bei mir ist das anders, ich hab ja schon eine Vergangenheit. Mich hat sicher jede Station geprägt. Ich bin jetzt einfach ein besserer Trainer als zu der Zeit, als ich den Klub damals verlassen habe. Aber was für ein Trainertyp ich bin, das sollen andere beurteilen. Das Einzige, was ich sagen kann, ist, dass ich gewisse Werte habe im Leben, und die will ich auch hier vorleben. Ich will immer vorangehen, ich will immer ehrlich zu jedem sein und ich will keine falschen Versprechungen machen.
Hilft Ihre Erfahrung als Lehrer im Trainer-Job?
Ich hoffe, dass das Thema bald vorbei ist, denn es ist jetzt schon 13 Jahre her, als ich das zum letzten Mal gemacht habe. Ich habe Mathematik und Sport auf Lehramt studiert, aber es war eigentlich ein wissenschaftliches Studium, eine richtige pädagogische Ausbildung habe ich ehrlich gesagt gar nicht so mitbekommen. Aber ja, alles, was du machst im Leben, hilft dir in irgendeiner Form für die kommenden Aufgaben. So auch meine Zeit als Lehrer. Ob mir das jetzt speziell hilft mit der jungen Mannschaft – das glaube ich weniger. Für mich ist das gar nicht entscheidend. Für mich geht es darum, dass ich es mit Menschen zu tun habe. Da gibt es auch immer Dinge außerhalb des Fußballs und ich glaube, es hilft immer, wenn man ein bisschen über den Menschen weiß. Das ist wichtiger, als pädagogische Ausbildungen.
Was sind die wichtigsten Eckpunkte Ihrer Spielphilosophie?
Meine erste Zeit hier in Salzburg hat mich geprägt. Den Begriff „Red-Bull-Philosophie“ mag ich aber nicht so. Ich sage: Ich möchte immer aktive Mannschaften haben. Ich möchte, dass wir den Gegner stressen, dass wir aktiv versuchen, die Bälle zu gewinnen. Im eigenen Ballbesitz möchte ich, dass wir nicht zu sehr aufgefächert sind, sondern dass wir eng miteinander sind, dass wir ein Netz haben. Ich habe in Holland 3-5-2 gespielt, in Bochum 4-3-3, jetzt spielen wir gerade 4-4-2. Das System ist für mich nicht entscheidend, mir geht es mehr um Grundprinzipien.
Salzburg war über Jahre dominant. Wird es so eine Dominanz wieder geben?
Ich weiß es nicht. Ich glaube, dass Red Bull Salzburg für den österreichischen Fußball eine ganz entscheidende Rolle gespielt hat. Dass sich durch die Dominanz und die Stärke des Klubs die anderen Mannschaften extrem weiterentwickelt haben. Da ist schon etwas passiert, die anderen Mannschaften haben aufgeholt, die sind gut. Es ist auf jeden Fall schwieriger, wieder so eine Dominanz aufzubauen.
Den neutralen Fußball-Fan freut’s. Es wartet die wohl spannendste Titel-Entscheidung seit Jahren.
Absolut. Zwischen Blau-Weiß Linz und Sturm liegen gerade sieben Punkte. Ich glaube, dass es lange eng bleiben wird. Was gibt es Schöneres für den neutralen Zuschauer? Mir persönlich ist es völlig wurscht, ob es spannend ist, oder nicht – solange am Ende das richtige Ergebnis rauskommt. Aber für den österreichischen Fußball ist das schon gut so. Also wenn schon wir hier in Salzburg nicht glücklich drüber sind, dann ist es hoffentlich der Rest von Österreich (lacht).
In der Meistergruppe wartet zum Auftakt Rapid. Glücklich mit dem Los?
Ehrlich gesagt habe ich es mir irgendwie gedacht. Rapid ist immer ein spannender Gegner, Robert Klauß macht das super dort. Es ist immer etwas Besonderes, dort zu spielen. Rapid ist ein Verein mit vielen Fans, so gesehen wird es gleich ein heißer Auftakt. Das ist gleich ein Gradmesser, es ist aber noch nicht vorentscheidend. Ich drücke Rapid die Daumen, dass sie in der Conference League so weit wie möglich kommen, das Ding wenn möglich gewinnen. Aber viel wichtiger ist, dass wir in Hütteldorf ein gutes Spiel machen und erfolgreich sind.
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