Wie am Reißbrett
Oh, wie ist das schön, also. Hätte der EM-Gastgeber am Reißbrett den perfekten Auftakt für dieses Heim-Turnier skizzieren können, dann wäre wahrscheinlich genau dieses Match gegen Schottland herausgekommen. Ein 5:1-Kantersieg, der die deutschen Anhänger im Stadion zu Freudengesängen animiert. Ein stürmischer Auftritt, bei dem sich fünf Spieler in die Torschützenliste eintragen. Eine Partie, die Lust auf mehr macht und in der Lage ist, im Land eine Euphorie auszulösen wie beim berühmten Sommermärchen 2006.
Nach einer Eröffnungszeremonie, die wie fast alle Eröffnungszeremonien niemanden von den Sitzen reißen konnte, benötigten die Hausherren nicht lange, um das Publikum mitzunehmen. Bereits in der zehnten Minute durfte sich Leverkusen-Jungstar Wirtz als erster Torschütze dieser EM feiern lassen.
Wie versteinert
Zugleich unterlief der schottischen Nummer eins der erste Torhüterpatzer dieses Turniers. Goalie Gunn konnte den eher unplatzierten Schuss nicht richtig bändigen. Von der Stange kullerte der Ball über die Linie – 1:0.
Dieses frühe Tor war genau der Türöffner, den die Deutschen gebraucht hatten. Und Schottland erwies sich auch als dankbarer Gegner für die DFB-Elf. Die meiste Energie ging noch von den Fans aus, auf dem Feld wirkten die Schotten überfordert und waren nicht in der Lage, das Team von Julian Nagelsmann auch nur annähernd in Bedrängnis zu bringen.
Das 2:0 stand sinnbildlich für das ungleiche Kräfteverhältnis in diesem Match. Bei den deutschen Kombinationen ging es den behäbigen schottischen Verteidigern einfach viel zu schnell, nach einem flinken Haken donnerte Musiala den Ball unter die Latte – 2:0 (19.).
Wie am Schnürchen
Spätestens da dürfte dem Außenseiter von der Insel die Aussichtslosigkeit des Unterfangens bewusst geworden sein. Die Deutschen hatten leichtes Spiel und konnten ihre Spielfreude ohne große Gegenwehr ausleben. Wenn doch einmal ein Schotte störte, dann tat er das mit unerlaubten Mitteln.
Nachdem in der 24. Minute ein Elfmeterpfiff nach VAR-Urteil noch zurückgenommen worden war, gab es kurz vor der Pause kein Pardon: Mit Havertz erzielte auch der dritte Offensivspieler der Startformation ein Tor. Später trafen auch noch die eingewechselten Füllkrug (68.) und Can (90.). Bezeichnend, dass auch das schottische Tor Made in Germany war: Rüdiger traf ins eigene Netz (87.).
Wenn sich die Deutschen bei diesem Auftakt nach Maß einen Vorwurf gefallen lassen müssen, dann ist es der verschwenderische Umgang mit den Topchancen. Die Möglichkeiten, die das motivierte und inspirierte Duo Wirtz und Musiala vorfand und vorbereite, hätten gut und gerne für einen zweistelligen Sieg gereicht.
Für die EM und die Stimmung im Land ist der gelungene Auftritt der Deutschen jedenfalls ein echter Segen. Übertriebener Siegestaumel wäre dennoch unangebracht. Schwer vorstellbar, dass sich der DFB-Elf bei dieser EM noch einmal so ein harmloser Gegner in den Weg stellt.
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