Streitgespräch in ZiB2: Wer trägt Schuld an den 10.000 Toten in Gaza?

Streitgespräch in ZiB2: Wer trägt Schuld an den 10.000 Toten in Gaza?
Der österreichisch-israelische Historiker Doron Rabinovici und der palästinensische Botschafter Salah Abdel Shafi waren in der ZiB2 Gäste eines Streitgesprächs.

Auch in der gestrigen ZiB2 brachte es der palästinensische Botschafter in Wien, Salah Abdel Shafi, nicht über die Lippen, die Worte "Hamas" und "Terrororganisation" in einem Satz unterzubringen.

"Niemand ist stolz auf ein Verbrechen, das die zivile Bevölkerung zum Ziel hat. Unsere Position ist klar: Angriffe auf Zivilisten sind zu verurteilen und durch nichts zu rechtfertigen – egal welche Seite, sie muss zur Rechenschaft gezogen werden", so Abdel Shafi. Die Verantwortung für die über 10.000 Toten in Gaza seit dem Terrorangriff der militant-islamistischen Hamas am 7. Oktober sieht er beim Staat Israel. Der Rückschlag Israels "geht weit über Selbstverteidigung hinaus", Abdel Shafi spricht von einem Völkermord.

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Diskussion über den Krieg Hamas - Israel

Der österreichisch-israelische Schriftsteller und Historiker Doron Rabinovici sagt im Streitgespräch Montagabend: "Das, was am 7. Oktober passiert ist, ist nicht Teil eines Kampfes für ein unabhängiges Palästina, sondern Teil einer Vernichtung Israels." Und weiter: "Wir werden vergeblich darauf warten, dass der Botschafter sagt, Hamas sei eine Terrororganisation, dass er sich dafür einsetzt, dass die Geiseln ohne Wenn und Aber freigelassen werden."

Rabinovic: Hamas trägt Schuld an toten Palästinensern

Der Botschafter nennt den "Fokus auf die Hamas" "einseitig": Die Hamas sei Teil des politischen Bildes in Palästina. "Sie nennen nie, was die Siedler in der Westbank anrichten, Terror. Es gab Pogrome im Westjordanland. Warum fragen Sie nicht den israelischen Botschafter, ob er sich vom Terror seines Staates distanziert? Warum immer uns?"

Hier finden Sie das KURIER-Interview mit dem palästinensischen Botschafter, hier das mit dem designierten Botschafter Israels, David Roet.

Rabinovici entgegnet, die Gewalt der Siedler sei nicht zu rechtfertigen, er selbst habe sie immer verurteilt. Die Verantwortung an den über Zehntausend Toten in Gaza sieht er allerdings bei wem anders: "Die Hauptschuld trägt die Hamas. Sie hat die Menschen gehindert, die Kampfzone zu verlassen. Die Hamas hat ihre Stellungen unter Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern gebaut. Sie lassen die Menschen nicht in Schutzräume. Es wäre die Aufgabe eines Botschafters, für seine Bevölkerung zu sprechen. Und er sollte von der Hamas als Terrororganisation sprechen."

Rauch über Rafah im Süden des Gazastreifens am 7. November 2023.

Rauch über Rafah im Süden des Gazastreifens am 7. November 2023.

Abdel Shafi würde lieber über einen humanitären Waffenstillstand statt über die rhetorische Verwendung des Terror-Begriffs sprechen. Rabinovici entgegnet, eine Feuerpause würde nur der Hamas nutzen, während diese weiter Raketen auf israelische Städte schießen würde. "Es gab andere Auseinandersetzungen, in denen ich eine friedliche Position eingenommen habe. Das hat sich mit 7. Oktober geändert."

Streitfrage Geisel-Freilassung 

Wie hätte Israel auf den Angriff der Hamas reagieren sollen? Der Botschafter spricht von einer politischen Lösung im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung statt "Rache": "Israel hat sein Recht auf Selbstverteidigung als Lizenz zum Töten verstanden."

Bei Rabinovici sorgt diese Aussage für Kopfschütteln: "Ich stimme zu, dass zwei Staaten die Lösung wären. Aber das will die Hamas nicht. Sie will keinen palästinensischen Nationalstaat, sondern einen islamistischen, dschihadistischen Staat."

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Das Streitgespräch eskaliert, als Rabinovici den palästinensischen Botschafter konfrontiert, warum dieser nicht die bedingungslose Freilassung der israelischen Geiseln der Hamas fordern könne. ZiB2-Moderator Armin Wolf unterbricht aus Zeitgründen.

Die Position Österreichs kritisiert der palästinensische Botschafter: Sie sei zu einseitig, "die österreichische Regierung hätte mehr Empathie mit den zivilen Opfern auf palästinischer Seite zeigen können". Rabinovici hingegen wünscht sich noch stärkere Zustimmung "für das Existenzrecht der Juden weltweit und des israelischen Staates".

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