Zu Beginn des Gesprächs hat David Roet mit einer traurigen Nachricht zu kämpfen. "Dieser Krieg ist persönlich. Jeder hat jemanden in der Familie, der getötet, verletzt, entführt worden ist", sagt der designierte israelische Botschafter in Wien.
David Roet hat sein Amt als Botschafter Israels bereits am 29. September angetreten, nur die Unterschrift von Alexander Van der Bellen am Beglaubigungsschreiben fehlt noch. Roet ist gleichzeitig Ständiger Vertreter bei der UNO, der OSZE und internationalen Organisationen in Wien. Zuvor war er Leiter der Nordamerika-Abteilung im israelischen Außenministerium.
KURIER:Haben die Welt und Israels Regierung die Palästinenser-Frage zu lange ignoriert?
David Roet: Die Welt hat zugesehen, wie Kinder in Gaza von der Hamas zu Terror und Hass erzogen wurden. Israel hat versucht, die palästinische Bevölkerung mit Strom, Wasser, Arbeitserlaubnis zu unterstützen. Wir dachten, wenn wir das Leben der Bevölkerung in Gaza verbessern, gäbe es keinen Grund für einen Krieg.
Jetzt sehen wir, dass die Unterstützung der Hamas genutzt hat. Es ist an der Zeit, dass die Welt versteht, dass man mit einer Organisation wie der Hamas nicht verhandeln und Frieden schließen kann.
Gibt es derzeit einen Gesprächskanal zwischen Israel und der Hamas?
Wir haben und werden nie mit der Hamas sprechen. Unsere Idee war Kontakt zur Bevölkerung, die nichts mit der Hamas zu tun hat. Es gibt aber keine Opposition in Gaza, die Hamas führt eine Diktatur.
Deswegen übernehme ich den pro-palästinensischen Ruf nach einer Befreiung Gazas: Wir müssen Gaza von der Hamas und dem Fundamentalismus befreien. Es geht nicht mehr um Religion, den Islam, das Judentum, es geht um Hass, Terrorismus.
Wie will man beim geplanten Bodenangriff des israelischen Militärs die zivile Bevölkerung in Gaza schützen?
Wir werden unser Möglichstes tun, wie auch in der Vergangenheit, um keine unschuldigen Zivilisten zu verletzen. Aber wir müssen die Hamas ausradieren. Hundert Menschen sind als Geiseln gefangen genommen. Wir haben genaue Ziele, wir schießen nicht auf Zivilisten.
Doch die Hamas nutzt die Bevölkerung als Schutzschild. Sie verstecken Waffen in Wohn- und Krankenhäusern. Ich fühle mit den Menschen, die von ihrer Führung so in Gefahr gebracht werden. Aber wir bitten die Welt zu verstehen, dass die Hamas zerstört werden muss.
Wir sind im Krieg. Wir haben eine Einheitsregierung, Ex-Regierungsmitglieder und die Opposition haben sich angeschlossen. Wir müssen jetzt zusammenstehen, den Terrorismus bekämpfen.
Viele fürchten einen Kriegseintritt der Hisbollah. Was sagen Sie dazu?
Wenn es so weit käme, sollte die Hisbollah wissen, dass die Reaktion Israels nicht vergleichbar wäre mit allem, was wir bisher kennen. Der Iran will Israel ausradieren und war immer gut darin, die palästinensische und libanesische Bevölkerung in seinem Namen Blut vergießen zu lassen. Wir werden unsere Bevölkerung schützen.
Gibt es derzeit irgendeinen Gesprächskanal zum Iran?
Es gibt keinen Kontakt.
Wer könnte aus Sicht Israels nach dem Krieg bei etwaigen Friedensverhandlungen vermitteln?
Im Moment sind keine Verhandlungen absehbar. Unsere Priorität ist die Rettung der Entführten. Es fällt mir schwer, ich bin es nicht gewohnt, von "Geiseln" zu sprechen. Ich dachte, es gibt nichts Schlimmeres als den Tod. Aber in den Händen der Hamas zu sein, ist schlimmer.
Was sagen Sie zu Unterstützung Österreichs?
Ich bin überwältigt. Die Kundgebung am Mittwoch hat mich zu Tränen gerührt. Die Spitze der Bundesregierung, Parteivorsitzende, der Bürgermeister von Wien standen zusammen, der Präsident hat eine Botschaft geschickt. Österreich war das erste Land, das die israelische Flagge Seite an Seite mit der österreichischen gehisst hat.
Auch die jüdische Gemeinschaft und die restliche Bevölkerung stehen mit uns. Trotzdem bitten wir die Menschen um Verständnis: Es geht nicht mehr um den "regulären" Konflikt zwischen Israel und Palästina.
Wie meinen Sie das?
Ich bin bereit, die Position von Israel und einer Zwei-Staaten-Lösung zu diskutieren; auch Fehler, die Israel möglicherweise gemacht hat. Aber wie können Menschen für die Vergewaltigung von Frauen und die Ermordung von Kindern und Alten demonstrieren?
Ich erinnere mich an das Zitat der ehemaligen Ministerpräsidentin Golda Meir im Jom-Kippur-Krieg: "Unsere Geheimwaffe ist, dass wir keine andere Wahl haben, als zu kämpfen. Wir können nirgendwo anders hin."
(kurier.at, jar)
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Aktualisiert am 12.10.2023, 19:18
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