Doris Bures in der ZIB 2: "Regierung fehlt es an Empathie"

Doris Bures
Doris Bures zog in der ZIB 2 Bilanz der parlamentarischen Arbeit des ersten Halbjahres 2024. Sie lobte alle Abgeordneten, versucht aber auch, die SPÖ als Feel-Good-Partei zu positionieren.

Der Sommer ist da, es ist Urlaubszeit – und damit auch der richtige Zeitpunkt, Revue passieren zu lassen über das erste Halbjahr 2024. Die vergangenen sechs Monate waren (auch) politisch gesehen turbulent und aufrüttelnd.

Die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures musste sich deshalb in der ZIB 2 am Freitagabend kritischen Fragen von Moderatorin Margit Laufer über gleich zahlreiche Themen stellen.

Bures: Bundesregierung von Instabilität geprägt

Bures bemühte sich, vielleicht der Sommerzeit entsprechend, um eine betont positive und versöhnliche Stimmung, sprach öfter von ihrer sowohl privaten als auch politischen Familie, von Zusammenhalt, Zuversicht, guten Ideen und Lösungen sowie einer Nationalratswahl, die – darauf legte Bures Wert – bitte schön noch nicht geschlagen ist. 

Klare Antworten lieferte "die mächtigste Frau der SPÖ" (O-Ton Laufer) aber nur bedingt.

"Hätte dem Renaturierungsgesetz zugestimmt"

Auf die Frage Laufers, ob Bures überrascht gewesen sei, dass nach der Renaturierungsgesetz-Gewessler-Causa (inkl. Anzeige seitens der ÖVP) die Koalition gehalten habe, geht Bures aber erstmal auf Angriff: 

"Die Begründung des Herrn Bundeskanzlers hat mich einigermaßen erstaunt." Dass sich Karl Nehammer deshalb für eine Anzeige gegen Gewessler entschieden habe, um ein Chaos im Parlament zu verhindern, empfinde Bures als "einigermaßen dreist". "Weil die letzten fünf Jahre haben gezeigt, wenn es wo Instabilität gegeben hat, dann war es leider in dieser Bundesregierung." Drei Bundeskanzler und 15 Wechsel bei den Ministerfunktionen seien hier der Beweis. Das Parlament sei dagegen immer "der stabile Anker" gewesen.

Wäre sie Bundeskanzlerin, hätte sie dem Renaturierungsgesetz zugestimmt, findet Bures klare Worte. "Weil nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung dafür ist." Der Klimawandel mitsamt den sich häufenden Naturkatastrophen würden solch ein Gesetz notwendig machen, so Bures. Den Klimawandel müsse man ernst nehmen – "wenn es nicht eh zu spät ist." 

"Lebensmittel zu verheizen ist nicht gerade die klügste Idee"

Laufer merkt an, dass sich die SPÖ am 4. Juli gegen das Biogasgesetz ausgesprochen habe. Sei dies nicht inkonsequent mit der Haltung zum Klimawandel?

Hierzu weigert sich Bures, eine ganz klare Antwort zu liefern. "In Zeiten wie diesen Lebensmittel zu verheizen [ist] nicht gerade die klügste Idee." Sie sei aber keine Biogasexpertin, betont sie – weshalb sie lieber erneut ausführlich darüber spricht, wie sehr sich das Parlament bemüht, sachliche Arbeit zu leisen und über alle weltanschaulichen Grenzen hinweg Diskussionen zu führen.

"Ich bemühe mich darum, dass wir Gehässigkeiten, persönliche Diffamierungen hintanstellen und in den Mittelpunkt das stellen, worum es geht, nämlich die Empathie und das Wissen, wie es der Bevölkerung nach all diesen Krisen in Österreich geht", streut sie den 183 Abgeordneten Rosen. 

Man bemühe sich, die Lebenssituation des Volkes zu verbessern. "Ich will diesen Wettstreit der guten Ideen, die für das Land (...) wichtig ist." Das Gemeinsame sei vor dem Trennenden zu stellen.

Wie steht die SPÖ zum Thema Asyl?

Auch, wie die SPÖ nun eigentlich genau zum Thema Asyl stehe – hier gibt es unterschiedliche Positionen innerhalb der Partei – will Bures nicht ganz klar beantworten, trotz mehrfacher Versuche Laufers. "Ich bin der Auffassung, dass die Zeiten viel zu ernst sind, als dass wir sie für Streitereien verwenden, sondern wir sollten uns darauf konzentrieren, gute Lösungen zu finden." 

Bei Fragen des Asylrechts und der Migration, vor allem auch beim Problem der illegalen Zuwanderung, habe das Parlament gute Arbeit geleistet, was die gesetzliche Bestimmungen betrifft, betont sie. Doch innerhalb der Regierung wurde dies nicht umgesetzt, kritisiert Bures dann doch. "Für die Situation, die die Menschen heute vorfinden, ist eine Regierung verantwortlich und es hat gar nicht so viel mit der Gesetzeslage zu tun."

Schließlich gelingt es Laufer doch, halbwegs Spezifisches aus Bures herauszukitzeln: Die SPÖ stehe dafür, dass illegale Zuwanderung, illegale Migration "hinten angehalten wird". Dass Österreich an den Außengrenzen der Europäischen Union die Asylverfahren klären muss. Zudem brauche man mehr Sicherheit in Österreich, also ein mehr an Exekutive brauchen. Auch brauche man mehr Rückführungsabkommen. 

"Jene, die sich hier gegen die Demokratie, gegen unsere Gesetze wenden, die haben mit dem Rechtsstaat zu rechnen und die haben auch damit zu rechnen, dass der Schutz, den sie bei uns bekommen haben, erloschen ist." Vieles davon sei auf EU-Ebene entweder bereits in Planung, in Ausarbeitung oder gar bereits geregelt.

"Der Regierung fehlt es an Empathie"

Themenwechsel. Was halte Bures von der Forderung des Wiener Gesundheitsstadtrates Peter Hacker (SPÖ), dass Ärzte, die im Krankenhaus, arbeiten, nicht mehr nebenbei als Wahlärzte arbeiten sollen? Sei das überhaupt SPÖ-Linie?

Bures lässt sich (auch) hier nicht festnageln. Sie weicht aus, indem sie meint, es nicht zu verstehen, "warum man unbedingt versucht, in einer großen politischen Familie, wo es viele unterschiedliche Zugänge gibt, immer das, wo es einen kleinen Dissens gibt, [hervorzuheben]." Dissens gäbe es schließlich in jeder Familie, auch in ihrer eigenen. Grundkonsens der SPÖ sei, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern. 

Wieder spricht hier Bures von einer Problemanalyse – und das Problem sehe sie eindeutig bei der aktuellen Regierung. Hier habe es "an Empathie gefehlt", man habe "zu wenig darauf geachtet, wo die Sorgen der Menschen liegen und vor allem zu wenig darauf [...], dass es sowas wie Zuversicht und Hoffnung wiedergibt und nicht nur Respektlosigkeit und Herabwürdigung der politischen Mitbewerber."

Es ist deutlich: Bures versucht, die SPÖ als Feel-Good-Partei zu positionieren, in der Schimpfen und Schwarzmalerei keinen Platz haben. So versucht man sich von der schlechten Stimmung innerhalb der Koalition in den vergangenen Wochen abzugrenzen – und abzuheben. 

Hat die FPÖ schon gewonnen?

Das hört sich zwar gut an – wieso aber kann dann aktuell vor allem die FPÖ und nicht die SPÖ vom Frust über die Schwarz-Grüne Regierung profitieren? Das möchte auch Laufer wissen. Bures aber will das so nicht stehen lassen.

"Naja, wir sollten jetzt einmal nicht so tun, als wäre die Wahl schon geschlagen, nur weil wir Umfragen präsentiert bekommen haben", betont sie. Die Menschen, das wisse sie aus Erfahrung, wollen eine Zukunft der starken liberalen Demokratie und der sozialen Gerechtigkeit

Einmal mehr schreibt Bures einen Liebesbrief an das Parlament und versucht vielleicht auch somit, der Politikverdrossenheit, die bei vielen Menschen vorherrscht, entgegenzuwirken. 

"Ich wünsche mir [für die Menschen], dass sie merken, dass dieses Parlament und dass die Politik daran arbeitet, dass aus all den Krisen, die wir haben, mit all dem Negativen, mit dem wir konfrontiert sind, dass wir das in etwas Positives wenden, indem wir den Zusammenhalt sichern, indem wir Solidarität üben, indem wir zusammenhalten und einen Wettstreit der guten Ideen machen und nicht einen Wettstreit der Gehässigkeiten." 

Vorausblickend auf die Nationalratswahl sagt Doris Bures: In den nächsten Wochen werde die SPÖ ihre "Konzepte auf den Tisch legen und ich glaube, wir haben hier gute Antworten, wie es besser werden kann in unserem Land."

Kommentare