Zahltag: 1. April im Zeichen der Coronakrise
Nach Scherzen – sonst mit dem heutigen Datum traditionell verbunden – ist eher niemandem zumute. Auch mit dem Osterurlaub, den viele in wenigen Tagen angetreten hätten, wird es, zumindest jenseits des eigenen Domizils, nichts werden.
Stattdessen plagen die Menschen in dieser sonst durchaus aufbruchsgestimmten Zeit viele Sorgen. Zum einen geht es natürlich um die unmittelbar gesundheitlich von der Corona-Pandemie Betroffenen. Darüber hinaus aber haben die zur Eindämmung des Virus ergriffenen Maßnahmen handfeste ökonomische Folgen, die übrigens von den sozialen nicht zu trennen sind.
Mit dem Monatsersten stehen bekanntlich Zahlungen aller Art ins Haus, je nach beruflicher Tätigkeit und persönlicher Lebenssituation. Die Regierung hat für alles nur Denkbare Abhilfe versprochen, aber vieles ist im Einzelnen dennoch unklar; oder es zeigen sich (einstweilen noch) Probleme bei der Abwicklung.
Zur Abhilfe gehört ebenso der verlängerte Einsatz für Zivil- und Grundwehrdiener – ein deutliches Symbol für ein Land im Ausnahmezustand.
Und sehr viele Menschen fragen sich natürlich, wie es nach Ostern mit der Schule weiter geht. Vorläufig gelingt es der Regierung noch, die Leute einigermaßen bei Laune zu halten – mit einer Mischung aus Zucker, Brot und Peitsche respektive Hilfszusagen, Durchhalteappellen und sanft martialischen Drohungen. Aber das kann auch irgendwann einmal kippen.
Erste Hilfe für (fast) alle Selbstständigen
Damit Selbstständige trotz corona-bedingtem Totalausfall weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten können, richtete die Regierung gemeinsam mit der Wirtschaftskammer (WKO) den Härtefallfonds ein.
Seit dem Wochenende gab es in der ersten Auszahlungsphase bereits mehr als 90.000 Anträge auf eine Soforthilfe von bis zu 1.000 Euro. Ein Großteil der Beträge wurde auch schon an die Betroffenen überwiesen.
Viele Kleinstunternehmen haben die Voraussetzungen für die erste Auszahlungsphase (1.000 Euro) nicht erfüllt. Sie können auf die zweite Auszahlungsphase (bis zu 6.000 Euro) hoffen, denn hier wurde der Bezieherkreis weiter gefasst. Im Unterschied zu Phase 1 gibt es weder Gehaltsunter- noch -obergrenzen und auch Neugründer aus dem Jahr 2020 sind anspruchsberechtigt.
„Alle, die Hilfe brauchen, sollen auch Hilfe bekommen“, erklärte Finanzminister Gernot Blümel am Dienstag. Auszahlungsphase 2 soll nach Ostern beginnen.
80 Prozent ErsatzeinkommenMaßgeblich für die Berechnung der Auszahlungshöhe ist der Verdienstentgang im „Covid-Monat“ (z. B. vom 16. März bis 15. April) im Vergleich zum früheren Einkommen. Dieser Verdienstentgang wird zu 80 Prozent ersetzt, ist aber mit 2.000 Euro pro Monat für maximal drei Monate gedeckelt.
Eine Untergrenze gibt es nicht, allerdings müssen zum Nachweis einer tatsächlichen Selbstständigkeit eine Sozialversicherungsanmeldung und die drei letztverfügbaren Steuerbescheide vorliegen. Auch Jungunternehmer, die sich erst zwischen 1. Jänner und 15. März selbstständig gemacht haben, können Anträge stellen.
Der Härtefallfonds richtet sich primär an Selbstständige, freie Dienstnehmer, Ein-Personen-Unternehmer und Kleinunternehmer mit weniger als 10 Mitarbeitern. Auch Künstler, Trainer, Berater und Therapeuten können Hilfe beantragen, nicht jedoch Privatzimmervermieter, land- und forstwirtschaftliche Betriebe (eigener Fonds) und Non-Profit-Organisationen.
Für die von den Schließungen direkt betroffenen Betriebe gibt es den mit 15 Mrd. Euro gefüllten Corona-Krisen-Fonds. Details dazu sollen bis Mittwoch stehen, das Parlament wird am Freitag darüber entscheiden.
Mit Kurzarbeitszusage zum Kredit
Die April-Gehälter stehen an, aber in vielen Betrieben fehlt das Geld? In diesem Fall müssten AMS und Hausbank einspringen. Das funktioniert so: Beim AMS wird (via eAMS-Konto) für die betroffenen Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt. Sobald die Bewilligung für die Kurzarbeitsbeihilfe da ist, kann damit bei der Hausbank ein Betriebsmittelkredit beantragt werden.
Regierung und Bankenvertreter versicherten vergangenen Samstag eine rasche Abwicklung „binnen Stunden“. Das AMS überweist die Kurzarbeitsbeihilfe in der Regel einen Monat im Nachhinein – die Maximalfrist beträgt drei Monate – dann direkt an die Hausbank.
Einige Betriebe berichteten am Dienstag dem KURIER, dass sie von ihrer Hausbank trotz Kurzarbeitszusage keinen Kredit erhalten und zum Teil zusätzliche Sicherheiten verlangt werden. Der bekannte Friseurdienstleister Bundy Bundy bittet deshalb in einem offenen Brief Kanzler Kurz um Hilfe.
Die WKO verweist darauf, dass es eine verbindliche Zusage der Banken bezüglich Vorfinanzierung der Kurzarbeit gibt. Dabei geht es aber vorrangig um die Löhne und Gehälter, nicht aber um die weitere Finanzierung etwa der Infrastrukturkosten.
Am Dienstag gaben zwei weitere bekannte Unternehmen Kurzarbeit bekannt: Die Verkehrsbüro-Gruppe (Ruefa, Eurotours) verkürzt ab heute die Arbeitszeit für sämtliche 3.000 Mitarbeiter. Die Franchise-Nehmer der Fastfood-Kette McDonald’s werden einen Großteil der 9.600 Mitarbeiter in Österreich weiterbeschäftigen.
3.500 Zivildiener für Pflege und Krankenhäuser
Ab 1. April sind 3.500 außerordentliche Zivildiener im Hilfseinsatz. 2.000 davon sind Ex-Zivis, die dem Aufruf der Bundesregierung gefolgt sind und sich freiwillig für zwei bis drei Monate in den Dienst der Gesellschaft stellen. Die anderen sind aktive Zivis, deren Dienstzeit um drei Monate verlängert wird.
„Derzeit herrscht Ruhe vor dem Sturm. Unsere Betreuungssysteme werden sehr schnell extrem beansprucht werden, da brauchen wir jede Unterstützung, die wir bekommen können“, sagt die für Zivildienst zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger.
Die 2.000 freiwilligen Zivildiener werden den Landesstellen des Roten Kreuzes in den Bundesländern zugewiesen. Von dort erfolgt die regionale Verteilung auf die Einrichtungen, in denen es Bedarf gibt.
Von den 1.500 aktiven Zivildienern sind derzeit bereits 1.300 an der richtigen Stelle eingesetzt: in Krankenanstalten, dem Rettungswesen, in der Behinderten- und Altenbetreuung sowie der Gesundheitsvorsorge. Mehr als 120 Zivildiener waren bisher Museen, Kindergärten oder anderen Einrichtungen, wo man sie jetzt nicht braucht, zugeteilt. Sie werden nun versetzt.
Köstinger betont, dass die Zivildiener nicht professionelle Pflegekräfte ersetzen sollen, sondern diese unterstützen sollen, damit sie sich auf die Pflegearbeit konzentrieren können. So sollen Zivildiener vor allem bei Transporten, in der Organisation und bei der Logistik helfen. Auch in Krankenanstalten sollen sie helfen, wenn infizierte Mitarbeiter ausfallen.
Zwangsräumungen für Private ausgesetzt
Angst, mitten in der Coronakrise vor die Tür gesetzt zu werden, wenn man die Miete nicht zahlen kann, braucht niemand zu haben. So sagt Justizministerin Alma Zadić zum KURIER: „Die gerichtlichen Zwangsräumungen von Wohnungen sind in der Coronakrise größtenteils ausgesetzt.“
Solange die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus aufrecht sind, überwiege im Regelfall das Interesse der Allgemeinheit. Zweitens laufen die Gerichte ohnehin im Sparbetrieb – für eine Exekution bräuchte es einen Gerichtsbeschluss.
Selbst im äußersten Fall könnte man nach dem Mietrechtsgesetz „wegen drohender Obdachlosigkeit“ um einen Aufschub ansuchen. Eine globale Pandemie dürfte da eine gute Begründung sein.
Einfach so nicht zu bezahlen, ist aber eine schlechte Idee: Der Rückstand muss nach der Corona-Krise beglichen werden – und dann arbeiten auch die Gerichte wieder normal. Im Gegensatz zu Geschäftslokalen gibt es bei Privatwohnungen kein Recht auf eine Stundung oder eine Mietzinsminderung, erklärt Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung: „Die Wohnung kann ja uneingeschränkt genutzt werden.“
Bei ihrer Hotline, die extra eingerichtet wurde, laufen rund um den Monatsersten die Leitungen heiß. „Wir raten dazu, den Vermieter schriftlich um eine einvernehmliche Lösung zu bitten.“ Aber nicht alle Vermieter sind kulant, und kleinere können sich das auf Dauer auch nicht leisten. Deshalb appelliert die Mietervereinigung an die Regierung: „Es braucht einen Topf, aus dem bei Härtefällen die Miete übernommen wird.“
Auch Mobilfunk-Betreiber, Banken, Versicherungen sowie die Energieversorger wollen unterstützen: Fällige Kredittilgungen können um zwei bis sechs Monate aufgeschoben werden, Versicherungsprämien vorübergehend reduziert und Rechnungen gestundet werden.
„Niemandem wird wegen der Corona-Krise der Strom oder das Gas abgedreht“, heißt es bei den Versorgern unisono. Banken bieten Stundungen und Aufstockungen des Überziehungsrahmens an, heißt es etwa von der Bank Austria.
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