Wo es bei Härtefallfonds und Co. hakt, und was sich Unternehmer wünschen
Härtefallfonds, Hilfsfonds, Familienfonds, Steuerstundung, Kurzarbeit, Phase I und Phase II – das 38 Milliarden Euro schwere Corona-Hilfspaket beinhaltet viele Maßnahmen, die unzählige Fragen aufwerfen. Wo es hakt, und worauf es ankommt – der KURIER hat bei Finanzministerium und Wirtschaftskammer nachgefragt.
6.500 Anrufe und 1.930 E-Mails sind seit Anfang April bei der Hotline des Finanzministeriums (050/233 77 0) eingegangen. Größtes Anliegen ist und bleibt der Härtefallfonds, den die Wirtschaftskammer abwickelt.
In der ersten Phase (16.3.-15.4.) wurden rund 160 Millionen Euro an 153.000 Selbstständige ausbezahlt; die durchschnittliche Förderhöhe pro Selbstständigem betrug 1.046 Euro. Anträge für die zweite Phase, Betrachtungszeitraum (16.4.-15.5.), sind ab sofort möglich.
Härtefall- oder Hilfsfonds?
Dass der Härtefall-Fonds lediglich für die Lebenshaltungskosten der Einzelunternehmer gedacht ist, die weiterlaufenden Fixkosten wie zum Beispiel Mieten durch den Corona-Hilfs-Fonds bezuschusst werden, das sei nicht allen Antragstellern klar, heißt es seitens der WKO auf KURIER-Nachfrage.
Schwierigkeiten bei den Anträgen bereiten zudem unterschiedliche Nebeneinkünfte und Versicherungsleistungen sowie Unternehmensbeteiligungen. Das sorgt bei der Abarbeitung der Anträge für veritable Verzögerungen, bei den Antragstellern für Argwohn. Das wissen auch die zuständigen Stellen.
“Ich weiß, es gibt eine Gruppe, die sehr, sehr, sehr unzufrieden ist - und das zum Teil auch berechtigt, weil das Kriterien-Set kein besonders Einfaches ist“, sagte Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer Mitte Mai. "Bei der Ansage 'koste es was es wolle' erwarten sich manche dann natürlich mehr.“
Finanzminister Gernot Blümel, der Maßnahmen gemäß dem Motto "koste es, was es wolle“ versprach, hält fest: "Gerade für die vielen kleinen und mittleren Unternehmen ist der finanzielle Spielraum von existenzieller Bedeutung. Aktuell haben wir mehr als 20 Milliarden Euro an Hilfen und Liquidität genehmigt.“
Blümel gibt indes zu bedenken: "Es gibt keine Blaupause für die Corona-Krise. Wir haben in kürzester Zeit viele neue Instrumente gebaut, um Arbeitsplätze und Unternehmen zu retten.“ Eines dieser Instrumente ist die Corona-Kurzarbeit.
Kurzarbeit: 12 Milliarden für 1,3 Millionen Menschen
1,3 Millionen Arbeitnehmer sind derzeit in Kurzarbeit, die Mittel wurden zum wiederholten Male aufgestockt – zuletzt von 10 auf 12 Milliarden. Laut Finanzministerium drehen sich die meisten Fragen bei der Kurzarbeit um die Abrechnung und die Handhabung bei Beschäftigungszeiten. Beispiel: Die Kurzarbeit wurde auf eine bestimmte Zeitspanne ausgerichtet und die Auftrags- und Arbeitssituation entwickelt sich davon abweichend.
"In den letzten Tagen werden vermehrt Anfragen zur vorzeitigen Beendigung bzw. Anpassungsmöglichkeit der Kurzarbeitsvereinbarung gestellt“, heißt es aus dem Finanzministerium.
Probleme bereiten vielen Unternehmern zudem Kredite und Garantien, wie das Finanzministerium aus Rückmeldungen von Wirtschaft, Förderagenturen und den Banken selbst weiß.
Keine Garantien bei schlechter Bonität
Bei 100%-Garantien sind keine zusätzlichen Sicherheiten des Kreditnehmers notwendig, da die Republik bereits dafür garantiert. Banken könnten versucht sein, eher Garantien mit 80%-Staatshaftung zu vergeben, da für diese höhere Zinsen gelten.
Viele Beschwerden seitens Banken betreffen wiederum Unternehmen, die die Garantiebedingungen nicht erfüllen beziehungsweise schon vor der Krise eine schlechte Bonität hatten. Solche Unternehmen können, so die zuständigen Institute, oftmals nicht akzeptieren, dass sie auch jetzt die Garantiebedingungen nicht erfüllen.
Weiters sind laut KURIER-Recherche viele Unternehmen unzureichend auf die Gespräche mit der Bank vorbereitet. Oftmals würden Konditionen kritisiert, sodass es zu einer Verzögerung des Abschlusses kommt. Beispiel: Wenn schon eine 80%-Garantie bewilligt wurde, und die Finanzierung steht, aber 1-2% Zinsen abgelehnt werden, weil man bei der 100%-Garantie keine Zinsen zu zahlen hat. Dass die 100%-Garantie im Unterschied zur 80%-Garantie andere Zugangsvoraussetzungen hat, und deshalb ein neuer Antrag notwendig ist, werde dabei negiert.
Wie wichtig Garantien und Liquidität sind, das zeigt eine aktuelle IMAS-Studie im Auftrag des Wirtschaftsbundes. Die größten Sorgen bereiten den Unternehmern Umsatzrückgänge, mangelnde Nachfrage, Stornierungen, fehlende Liquidität und Möglichkeiten, zu investieren. Zudem bereiten die Rückzahlung von Krediten große Sorgen.
100 Prozent Umsatzverlust bei 22 Prozent der Unternehmen
Für 22 Prozent der 500 befragten Unternehmen brach das Geschäft in den Monaten März und April um 100 Prozent ein. Durchschnittlich brach der Umsatz um 67 Prozent weg. In Relation "nur“ 17 Prozent hatten in beiden Monaten gar keine Umsatzeinbußen.
Neun von zehn Unternehmern halten die Maßnahmen der Regierung für richtig, 88 Prozent halten denn auch die Coronakrise für die größte wirtschaftliche Herausforderung seit dem 2. Weltkrieg.
Was sich die Unternehmer (bei offener Fragestellung) und trotz aller bereits bekannten Hilfsmaßnahmen am meisten wünschen?
Mehr Unterstützung für kleinere und mittlere Unternehmen, mehr Planbarkeit, weniger Bürokratie und eine schnellere Lockerung der Maßnahmen.
Trotz vielfach öffentlich geäußerter Kritik erachten zwei Drittel laut IMAS-Studie die Arbeit der Wirtschaftskammer als "sehr gut“ oder "einigermaßen gut“.
"Entgegen mancher Unkenrufe steht die überwältigende Mehrheit der österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer hinter den strengen Maßnahmen der Bundesregierung. Das gilt auch für die Unterstützungsleistungen und die Abwicklung durch die Wirtschaftskammer“, sagt Wirtschaftsbundgeneralsekretär Kurt Egger.
Geschätzt wird laut IMAS-Studie seitens der Unternehmerschaft inbesondere die Informationspolitik und das Engagement der WKO.
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