Wie sich die WKStA in Salami-Taktik durch die Signa-Causa arbeitet

Nach nur etwas mehr als einem Jahr der Ermittlungen liegt jetzt eine erste Anklage gegen Signa-Gründer René Benko vor. Ein Zeitraum, von dem frühere Buwog-Beschuldigte nur hätten träumen können. Was ist beim Signa-Komplex anders?
Alleine der Umstand, dass der Tiroler seit Ende Jänner in U-Haft ist, zwingt alle Beteiligten zur Eile: Es gilt das „Beschleunigungsgebot“ – nicht nur für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), sondern auch für ihre Oberbehörden, die nach Abschuss der Ermittlungen das Vorhaben prüfen. Der Berichtsweg kann Monate in Anspruch nehmen, wenn nicht Jahre (bei der Buwog-Causa waren es zwei). Jetzt sind zwischen Vorhabensbericht und Anklage nur drei Wochen vergangen.
Ein wesentlicher Unterschied zur Buwog ist auch, dass es bei der Signa keinen durchgängigen Tatplan gab, sondern mehrere einzelne Stränge, die sich ein Team bei der WKStA aufgeteilt hat. Fünf Oberstaatsanwälte arbeiten mit Unterstützung von drei Wirtschaftsexperten parallel.
Die vorliegende Anklage ist nicht besonders spektakulär (siehe oben). Bei einem geschätzten Gesamtschaden von 300 Millionen Euro geht es darin nur um ein Delikt mit 660.000 Euro Schaden. Das dürfte aber erst der Anfang sein, und überrascht nicht.
In Anwaltskreisen kursierte nach Benkos Inhaftierung die Theorie, dass die WKStA zum Auftakt eine Anklage einbringt, die relativ schnell und einfach herstellbar ist. Hauptziel dürfte sein, dass Benko nach einer ersten Verurteilung von der U-Haft in die Strafhaft übergeht – und fix „sitzt“. Die WKStA kann sich dann stressfrei anderen, komplexeren Fakten zuwenden.
Und das große Rechnen beginnt: Alle Delikte, die in beliebig vielen Prozessen zur Verurteilung kommen, können in Summe zu nicht mehr als zehn Jahre Haft führen – das ist das Maximum bei Wirtschaftsstrafsachen.
Bei der jetzigen Anklage wegen betrügerischer Krida drohen Benko bei dieser Schadenssumme bis zu zehn Jahre Haft; nun ist aber nicht davon auszugehen, dass er das voll ausfasst. Bei einem zweiten Prozess könnte es um Untreue oder Betrug gehen – hier wird noch eifrig ermittelt.
Das Urteil, das Benko beim ersten Prozess bekommen hat, muss der Richter beim zweiten Prozess mitbedenken, eine Gesamtstrafe kalkulieren und die Differenz zur ersten Strafe dann als Zusatzstrafe verhängen. Dasselbe bei weiteren Prozessen – so lange, bis die zehn Jahre voll sind.
Alle weiteren Ermittlungen könnten danach eingestellt werden. Auf diese Option hat das Justizministerium nach einer früheren KURIER-Anfrage explizit hingewiesen: Es gehe darum, sicherzustellen, dass „Ressourcen zielgerichtet eingesetzt werden“, hieß es. Wobei Benko schon noch mit auf der Anklagebank sitzen dürfte, wenn andere Faktenkreise mit Beschuldigten aus dem Signa-Kosmos vor Gericht landen.
Dass in Salami-Taktik, Scheibchen für Scheibchen, nur so viel wie nötig ermittelt wird, mag unbefriedigend wirken, denn vollumfänglich aufgeklärt wird die weit verästelte Signa-Causa auf diese Weise wohl nicht.
Andererseits: Erinnert sich jemand an die vielen Einzelheiten, die sieben Jahre lang in der Buwog-Causa ermittelt wurden? Oder jene aus den 168 Tagen Hauptverhandlung? Eben.
Die Preisfrage lautet nun, wann der erste Prozess beginnt. Auch für das Landesgericht Innsbruck gilt das Beschleunigungsgebot. Möglich, dass es schon im (Spät-)Herbst so weit ist.
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