Wirtschaft für Halbierung der Quarantäne und Freitesten, Anschober bremst

CORONAVIRUS: PK "COVID-19 VORGEHEN IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN": ANSCHOBER
Dramatischer Appell des VP-Wirtschaftsbundes / Verfassungsexperte hält nach Schützenhöfer-Vorstoß Kontrollen im Privatbereich für möglich.

In der Debatte um verkürzte Quarantäne-Zeiten bzw. die Möglichkeit eines Freitestens aus der Quarantäne schlägt der ÖVP-Wirtschaftsbund (WB) dramatische Töne an: Ohne entsprechende Änderung der Regeln sei ein baldiger „Zusammenbruch ganzer Wirtschaftszweige“ zu befürchten, so WB-Generalsekretär Kurt Egger.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Nationalfeiertag erklärt, wenn die Zahl der Quarantänepflichtigen „zu groß wird, dann lähmt das irgendwann auch unser Land“ – aber gleichzeitig eingeschränkt: „Man kann diesen Weg nur gehen, wenn es wissenschaftlich vertretbar ist.“ Das Gesundheitsministerium prüfe das derzeit.

Dort war man zuletzt freilich skeptisch: Schon vor dem Wochenende verlautete Minister Rudolf Anschober (Grüne), er sei „gerade in Zeiten der massiven Zunahme der Infektionszahlen nicht bereit, ein erhöhtes Risiko für die Bevölkerung einzugehen“.

Auf Anfrage des KURIER zum Vorstoß des Wirtschaftsbundes heißt es dort, man sei sich der Problematik bewusst und evaluiere die Situation regelmäßig mit Experten. Das schnelle Isolieren von positiven Fällen und engen Kontaktpersonen sei ein Schlüssel in der Pandemiebekämpfung.

Infektiologe Herwig Kollaritsch ist ebenfalls skeptisch: Ein Großteil der Infizierten werde ab dem fünften Tag nach der Infektion erfasst. Eine generelle Quarantäne-Verkürzung erhöhe die Gefahr, dass mehr Infizierte nicht erkannt werden. „Das ist aus infektiologischer Sicht nicht vertretbar. Am fünften Tag kann man noch nicht alles erfassen.“ Ein „Freitesten“ sähe er nur per PCR-Test und bei schnellerem Vorliegen des Testergebnisses als möglich.

Kontrollen geboten?

Für Diskussionen sorgte auch der Vorstoß des steirischen Landeshauptmanns Hermann Schützenhöfer (ÖVP) im KURIER. Er sprach sich für die Möglichkeit des Einschreitens gegen „Exzesse“ auch im Privatbereich aus.

Verfassungsrechtsexperte Bernd-Christian Funk unterstützt diese Sichtweise gegenüber dem KURIER. Die derzeitige Gesetzeslage lasse solches nur über Hilfskonstruktionen (etwa den Verdacht einer Misshandlung oder auch eine gemeldete Lärmbelästigung) zu. Aber eine entsprechende Gesetzesänderung könnte geboten sein, wenn öffentliche Gesundheit und wirtschaftliches Wohlergehen bedroht seien.

Widerspruch kommt indes von Anschober wie auch von den Oppositionsparteien. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warnte zudem, die Regierung dürfe „nicht planlos in einen zweiten Lockdown hineintaumeln“. Ein solcher sei nicht grundsätzlich auszuschließen, müsse aber entsprechend vorbereitet werden.

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