Wie Österreich bis 2025 aus russischem Gas aussteigen kann

Wie Österreich bis 2025 aus russischem Gas aussteigen kann
Die OMV müsse nicht alle ihre Verträge mit Gazprom kündigen, damit Österreich unabhängig von Russland wird, sagt Energieexperte Walter Boltz.

Österreichs Bundesregierung möchte ab 2027 gänzlich auf russisches Erdgas verzichten. Dabei gibt es zwei Probleme. Erstens: Österreich bezieht noch immer vergleichsweise viel Gas aus Russland. Im Dezember lag der Anteil bei 71 Prozent, im Jänner war es knapp die Hälfte der importierten Menge. Zweitens: Der Gasliefervertrag der heimischen OMV mit der russischen Gazprom läuft bis 2040.

Können die Verträge vorzeitig gekündigt werden? Das müsste das Finanzministerium (BMF) wissen, meint Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Die Republik hält über die Beteiligungsgesellschaft ÖBAG mehr als 30 Prozent an der OMV und ist somit im Aufsichtsrat vertreten. Die ÖBAG weist zurück, die Verträge zu kennen. Bundekanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach sich für eine gesetzliche Änderung aus, um Einsicht zu erlangen. Gewessler unterstützt das und meint Richtung BMF: Dann könne sich niemand mehr "hinter irgendwelchen Klauseln verschanzen und so tun als wäre nichts".

Aus ÖVP-Kreisen heißt es wiederum, dass Gewessler die Verträge kennen müsse. Die Regulierungsbehörde E-Control, die dem Energieministerium berichtet, hat 2015 vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) Einsicht verlangt – und Recht bekommen. Das treffe zu, sie dürfe allerdings keine Vertragsunterlagen weitergeben, erklärt die E-Control auf KURIER-Anfrage. Die E-Control sei "als unabhängiger Regulator zur Verschwiegenheit verpflichtet", bekräftigt auch das Energieministerium, die Verträge nicht zu kennen.

Kündigung der Verträge nicht nötig

Einige Experten gehen davon aus, dass die Gazprom die Vertragsverpflichtungen bereits so massiv verletzt hat, dass die OMV die Verträge kündigen könnte. Erstens hat Gazprom die Zahlungsmöglichkeiten einseitig auf russischen Rubel reduziert. Zweitens hat sie die vereinbarte Liefermenge über Monate wohl stark unterschritten.

Und: Die OMV müsste nicht alle ihre Verträge mit der Gazprom kündigen, damit Österreich unabhängig von Russland wird. "Österreich kann der OMV ja nicht verbieten, russisches Erdgas zu kaufen und nach Deutschland zu liefern", sagt Energieexperte Walter Boltz, ehemaliger Leiter der E-Control und nun Gewessler-Berater, zum KURIER. Derzeit landet laut Schätzungen weniger als die Hälfte des Gazprom-Gases bei österreichischen Energieversorgern.

Ausstieg bis 2025

Schlechte Nachricht für die OMV: Österreich könnte eventuell noch vor 2027 auf russisches Gas verzichten. "Vor einem Jahr war die Situation noch eine andere. Würde die Gazprom heute aufhören zu liefern oder beispielsweise die OMV den Vertrag mit 1. April kündigen, wäre es für Österreich wohl kein Problem, mit Gas aus nicht-russischen Quellen über den nächsten Winter zu kommen", sagt Boltz. Das liegt unter anderem an den derzeit hohen Speicherständen von rund 70 Prozent und an der strategischen Gasreserve.

Und mittel- bis langfristig? Ab 2024 gehen weitere Flüssiggas-Terminals in Deutschland in Betrieb. Bis 2025 rechnet Boltz damit, dass sich die Gaspreise auf den Großmärkten beruhigen und auf ca. 3,5 Cent pro Kilowattstunde (kWh) sinken. "Ab 2025 sollte Österreich auch ohne russisches Gas gut auskommen", meint Boltz.

Österreich wäre auch jetzt schon "gut beraten, sich gegen eine Unterbrechung der russischen Lieferungen zu wappnen", argumentiert der Regierungsberater. Warum? Die Gas-Pipelines der Gazprom gehen durch die Ukraine. Verläuft sich eine Rakete und trifft zum Beispiel eine Kompressorstation, wäre die Leitung auf längere Zeit unterbrochen.

Gesetzliche Optionen

Boltz sieht mehrere gesetzliche Möglichkeiten, Österreichs Abhängigkeit von Russland schnell zu senken. Einerseits könnte die EU eingreifen und den Kauf von russischem Pipeline-Gas sanktionieren. Damit wäre der Import russischen Pipeline-Gases nicht mehr möglich.  Auch national gäbe es Hebel. , kein Gas aus Russland zu kaufen. Diese könnten natürlich jetzt schon freiwillig auf Gazprom-Gas verzichten. Aber: Dieses ist nach wie vor das billigste.

Und davon profitieren aktuell noch alle: Die OMV, somit auch die Republik und die Energieversorger der Bundesländer.

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