Die OMV übernahm 2004 um 1,5 Milliarden Euro die Mehrheit am einstigen heruntergewirtschafteten Staatsunternehmen.
Dieser Tage wurde der Privatisierungsvertrag zwischen dem damaligen rumänischen Wirtschafts- und Handelsministerium und der OMV etlichen Medien angeboten. Seit Wochenbeginn wird täglich über das fast 500 Seiten dicke Vertragswerk berichtet. Mit dem Tenor, dass die OMV Rumänien damals rücksichtslos über den Tisch gezogen habe.
Die Kampagne gipfelt in einer Sendung des Nachrichtensenders Realitatea.Net, dessen prominente Moderatorin Anca Alexandrescu seit Wochenbeginn täglich zur abendlichen Hauptsendezeit Enthüllungen über OMV-Petrom meldet, Passagen aus dem Vertrag zitiert, Journalistenrunden diskutieren lässt und die Zuseher aufruft, ihre Meinung kundzutun. Zuletzt übergab sie den Vertrag öffentlichkeitswirksam der Generalstaatsanwaltschaft.
Russland-Affinität?
Zusätzlich zu den Vorwürfen, Rumänien sei von der OMV schamlos übervorteilt worden, wird der Passus 4.1.5. des Vertrages besonders scharf kritisiert. In dieser Vertragsklausel verpflichtete sich Rumänien explizit, einen allfälligen Verkauf der noch im Staatsbesitz befindlichen Aktien (derzeit rund 20 Prozent) ohne die Zustimmung der OMV nicht in den Vereinigten Staaten zu bewerben oder ein Börsenlisting in den USA durchzusetzen. Die Österreicher hatten zuvor das Rennen um Petrom gegen US-Interessenten gewonnen.
Das hat durchaus politische Brisanz. Rumänien war am 29. März 2004 der NATO beigetreten, der Vertrag wurde am 23. Juli 2004 unterschrieben. Damit glaubt man, in Rumänien ein klares Indiz für eine russlandfreundliche Haltung Österreichs und der OMV zu haben.
Marius Ghilezan von der Tageszeitung Romania libera meint dazu gegenüber dem KURIER, 20 Prozent der Kampagne seien politisch gesteuert, 80 Prozent wirtschaftlich. Die OMV habe in Rumänien in den vergangenen Jahren viele Fehler gemacht, beispielsweise bei Steuerthemen. Er vermutet, dass dem OMV-Vertrag nachträglich weitere, bis dato unbekannte Klauseln hinzugefügt wurden. Der ursprüngliche Privatisierungsvertrag, der jetzt in Rumänien als große Enthüllung gefeiert wird, ist nämlich gar nicht so geheim. Das Papier war nach dem Deal jahrelang auf der Website der Petrom verfügbar.
Insider rechnen damit, dass in nächster Zeit die Verträge weiterer österreichischer Unternehmen aufpoppen könnten. Etwa über die Übernahme der Großbank Banca Commerciala Romana durch die Erste Group. Oder die Übernahme der Banca Agricola durch die RBI und der Erwerb der Asirom Versicherung durch die Vienna Insurance Group (VIG).
Nationalistische Kräfte in Rumänien fordern schon seit Längerem, die Privatisierung von Petrom rückgängig zu machen. Den Kaufpreis könne der Staat aus den Dividenden bezahlen, wird argumentiert. Petrom wurde von Ex-OMV-Vorstand Johann Pleininger saniert und ist die Cash-Cow des Konzerns, der Gewinn in Rumänien wird für 2022 auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Demnächst will OMV-Petrom über die Erschließung des riesigen Gasfeldes Neptun Deep im Schwarzen Meer entscheiden.
„Die OMV hat enorm viel in Petrom investiert und daraus ein modernes und erfolgreiches Unternehmen gemacht“, sagt Konzernsprecher Andreas Rinofner. Von 2005 bis 2021 habe OMV Petrom jährlich rund eine Milliarde investiert und zwei Milliarden zum rumänischen Staatsbudget beigetragen. Über die Kampagne will sich die OMV lieber nicht äußern.
Cashcow OMV-Petrom
2004 übernahm die OMV unter Wolfgang Ruttenstorfer vom rumänischen Staat die Mehrheit am Energiekonzern Petrom. Die OMV zahlte mehr als
1,5 Milliarden Euro, der bis dahin größte Deal eines heimischen Unternehmens im Ausland. Kommunismus und Korruption hatten Petrom völlig abgewirtschaftet. Wäre die Sanierung misslungen, hätte Petrom die damals viel kleinere OMV mit in den Abgrund gerissen. Die Zahl der Mitarbeiter wurde von über 60.000 auf heute 8.000 reduziert. Der rumänische Staat hält noch 20,7 Prozent, der Rest ist an der Börse.
andrea.hodoschek@kurier.at
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