Wie der KURIER erfuhr, soll Schmid im Dezember vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft seine Einvernahme absolvieren müssen. In Anwaltskreisen geht das Gerücht um, dass Schmid die „kleine Kronzeugenregelung“ anpeile. Wenn der Ex-ÖBAG-Chef den Oberstaatsanwälten neues, belastendes Material gegen Kurz liefern kann, könnte er eine Strafmilderung bekommen. Schmids Anwalt weiß allerdings nichts davon.
Tatsache ist: Egal ob Schmid von der WKStA ein Angebot bekommt oder nicht – ein über 100-seitiges Einvernahmeprotokoll von Schmid würde wieder eine brisante Medien-Lawine gegen die krisengeschüttelte ÖVP auslösen.
Warum auch immer Kurz schlussendlich zurückgetreten ist: Es musste jedenfalls ein neuer Parteichef her – der sollte praktischerweise auch wieder Bundeskanzler sein. Der im ÖAAB verankerte Innenminister Karl Nehammer stieß auf den geringsten Widerstand, der Parteivorstand wählte ihn einstimmig.
In einem ersten Schritt evaluierte er das gesamte türkise Regierungsteam. Zu Pandemiebeginn hatte Nehammer – im Kampf gegen Infektionsketten – gesagt: „Wir sind sozusagen die Flex.“ Quasi mit der Trennscheibe entledigte sich die schwarze ÖVP nun auch vieler Kurz-Getreuer.
Während Freitagfrüh vor der Politischen Akademie der Volkspartei die Pressevertreter froren, ein winkender Sebastian Kurz vorbeichauffiert wurde, waren drinnen die wichtigsten Entscheidungen längst getroffen. Den Posten des Innenministers übernimmt ein waschechter ÖVP-NÖ-Mann: Gerhard Karner. Auf Finanzminister Gernot Blümel folgt Staatssekretär Magnus Brunner. Ihn beerbt die wenig bekannte 26-jährige Claudia Plakolm (allerdings im Kanzleramt, nicht im Klimaministerium wie Brunner).
Tiroler Mann wollte nicht
Neues altes Gesicht im Außenministerium: Alexander Schallenberg, kürzester Kurzzeitkanzler der Zweiten Republik, drängt Michael Linhart wieder aus der Ministerriege. Weitere Änderung im Kanzleramt: Kabinettschef Bernhard Bonelli geht, ihn ersetzt sein bisheriger Stellvertreter Markus Gstöttner.
Überraschend: Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck bleiben. Für Schramböck dürfte die ÖVP keinen willigen Nachfolger gefunden haben. Ein „Mann aus Tirol“, auf Vorschlag von Landeschef Günther Platter nächtens hoch gehandelt, wollte nicht.
Dafür trat mit Heinz Faßmann jener ÖVP-Minister „ohne Wehmut und Groll“ zurück, der gegen den Willen der Länder im Lockdown die Schulen offengehalten hat. Sein Nachfolger, ein steirischer Wunschkandidat: der Grazer Uni-Rektor Martin Polaschek.
Einer aus Niederösterreich, ein Steirer: hat sie wieder das Sagen, die verländerte schwarze ÖVP?
Wie viel "Kurz" bleibt?
Nehammer, der in seiner Antrittsrede christlich-soziale Werte und „Solidarität“ im Kampf gegen Corona beschwor, behält das von Kurz eingeführte Durchgriffsrecht. Hermann Schützenhöfer relativiert: Die Stärke der ÖVP liege in ihrer „Vielfalt“, und einem erfolglosen Parteichef helfe auch kein Durchgriffsrecht.
Im Hintergrund wabert laut Insidern ein Machtkampf um die Parteilinie. Dass die Landeschefs nun wieder nach Belieben in den Bund hineinregieren, ist nicht im Sinne aller VP-Granden. Das Kurz-Modell – mit dem starken Mann in Wien – erscheint ihnen erfolgreicher als schwarze Vielfalt aus Bünden und Ländern.
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