Neos: Parteichefin Beate Meinl-Reisinger hat im KURIER bereits ihre Idee skizziert. Die Causen "Corona" und "Ibiza" sollen nicht in einem Ausschuss verquickt werden. Meinl-Reisinger schlägt einen Mehrheitsausschuss zum Thema Corona vor, bei dem alle Parteien mitmachen sollen – auch die ÖVP. Dieser Ausschuss soll analysieren, was funktioniert hat und was nicht. Beim Ibiza-U-Ausschuss hält die Neos-Chefin maximal eine "kleine Fortsetzung" für sinnvoll. Der Bevölkerung stehe das Thema "bis oben".
FPÖ: Die Blauen sind pro Verquickung: Fraktionsführer Christian Hafenecker schlägt einen Minderheiten-Ausschuss vor, der sich "weitestgehend" mit dem Thema Korruption auseinandersetzt. "Unter der Klammer Korruption könnte man den Wirecard-Komplex, die Corona-Beschaffungen und Netzwerke im Innenministerium beleuchten. Der Untersuchungszeitraum müsste die letzten beiden Regierungsbeteiligungen der ÖVP umfassen", sagt Hafenecker. Einem gemeinsamen Corona-Ausschuss könne er nichts abgewinnen: "Ich muss Beate Meinl-Reisinger widersprechen. Nachdem die ÖVP den aktuellen U-Ausschuss sabotiert hat, halte ich es für denkunmöglich, mit ihr einen gemeinsamen Ausschuss zu machen."
SPÖ: Der SPÖ-Klub würde den Ibiza-U-Ausschuss gerne weiterführen: "Es sind noch viele Fragen zum ,System Kurz’ offengeblieben. Die SPÖ-Fraktion wird deswegen eingehend prüfen, wie und mit welchen Mitteln mehr Licht ins Dunkel der Machenschaften der türkisen Familie gebracht werden kann." Den Roten wäre ein Ibiza-Ausschuss definitiv wichtiger als ein Corona-Ausschuss, heißt es aus Parteikreisen.
Grüne: Der Mandatar im U-Ausschuss David Stögmüller wünscht sich "persönlich eine Weiterführung des Ibiza-Ausschusses - mit Ergänzungen". Das Ibiza-Video sei hinreichend behandelt, aber es gebe viele offene Anhaltspunkte, zum Beispiel in der Causa Wirecard, die noch untersucht werden müssten. "Ich hoffe, dass die Opposition da einen Bogen findet und ein geeignetes Thema ausdealt", sagt Stögmüller.
ÖVP: Die ÖVP schlägt keinen weiteren U-Ausschuss vor. Fraktionsführer Andreas Hanger ist eine Reform der Verfahrensordnung wichtig, damit der Untersuchungsgegenstand künftig klarer definiert sei: "Die jetzige Verfahrensordnung, das hat der derzeitige Ausschuss gezeigt, stößt dort an ihre Grenzen, wo nicht sachliche Aufklärung, sondern Skandalisierungen und Unterstellung gegen Regierungsparteien im Vordergrund stehen."
Die Positionierung der ÖVP ist wenig überraschend. Sie war im aktuellen U-Ausschuss die Zielscheibe. Dem Kanzler droht zudem eine Anzeige wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss.
Anders ist das bei den Grünen. Sie haben aus Koalitionsräson gegen eine Fortsetzung des Ibiza-Ausschusses gestimmt. Dass sie nun dessen Wiedereinsetzung fordern, wo doch alle Akten vernichtet werden müssen, könnte auch daran liegen, dass die eigenen Minister bei einem Corona-Ausschuss „gegrillt“ würden.
Bei den Neos könnte man von vorausschauender Koalitionsräson sprechen. Über kurz oder lang wollen sie im Bund mitregieren. Stellt sich die Frage, wie sehr man dem naheliegendsten Partner ÖVP auf die Füße steigen will.
Während die Neos einen kuscheligen Mehrheitsausschuss vorziehen würden, wollen FPÖ und SPÖ den Ibiza-Komplex weiter untersuchen. Warum aber sollten die Blauen ausgerechnet die Zeit der eigenen Regierungsbeteiligung weiterbeleuchten wollen? Strategisch ist das nicht unlogisch, bescherte doch der aktuelle Ausschuss fast nur der ÖVP Negativschlagzeilen. Gut vorstellbar, dass sich SPÖ und FPÖ mit ihren insgesamt 70 Abgeordneten am Ende einig werden. Für das Einsetzen eines U-Ausschusses reichen 46.
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