Weltkrieg, Staatsvertrag, EU-Beitritt: Österreich und die Fünferjahre

Weltkrieg, Staatsvertrag, EU-Beitritt: Österreich und die Fünferjahre
Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Vor 70 Jahren wurde der Staatsvertrag unterzeichnet und vor 30 Jahren trat Österreich der EU bei.

Willkommen im Jahr 2025. Einem Jahr mit zahlreichen Jubiläen und Jahrestagen. So starb vor 60 Jahren der britische Weltkriegspremier Winston Churchill und vor 20 Jahren Papst Johannes Paul II. Vor 50 Jahren endete der Faschismus in Spanien und Südvietnam wurde vom kommunistischen Nordvietnam okkupiert.

Vor 90 Jahren wurde Elvis Presley geboren (er starb 1977) und vor 250 Jahren die britische Schriftstellerin Jane Austen. Und während heuer die katholische Christenheit in Rom wie alle 25 Jahre das Heilige Jahr feiert, feiert Wien den 200. Geburtstag von Johann Strauss, dem legendären „Walzerkönig“.

Für die Republik Österreich gibt es drei wichtige Jahrestage.

Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg und damit die Nazi-Tyrannei. Vor 70 Jahren wurde der Staatsvertrag unterzeichnet und exakt heute vor 30 Jahren trat Österreich nach einer Volksabstimmung im Juni 1994 der Europäischen Union (damals Europäische Gemeinschaft, EG) bei. Drei Ereignisse, die in Zusammenhang stehen.

Weltkrieg, Staatsvertrag, EU-Beitritt: Österreich und die Fünferjahre

Neugründung am 27. 4.

Beginnen wir mit 1945. Am 29. März betreten erstmals alliierte Truppen österreichischen Boden. Bei Klostermarienberg im Burgenland brechen Panzer der Roten Armee über die Grenze durch. Im Westen beginnen die Alliierten am 30. April mit der Befreiung Österreichs. In Vorarlberg besetzt eine Einheit der Fremdenlegion Hohenweiler. Kein Zufall: Der 30. April ist ein Ehrentag für die Legion. Er erinnert an eine Schlacht im Mexikanischen Krieg (1863). Damals errichteten die Franzosen das Kaiserreich Mexiko. Auf den Thron setzten sie Maximilian I., den ehrgeizigen Bruder des österreichischen Herrschers Franz Joseph I. 1867 wurde Maximilian entmachtet und hingerichtet.

Neben den Franzosen und Russen befreien Briten und US-Amerikaner Österreich bis Mai 1945 von den Nazis. Danach teilen sie das Land in vier Besatzungszonen auf.

Der offizielle Gründungstag der Zweiten Republik ist der 27. April 1945. Die drei Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ erklären Österreich für unabhängig. Gleichzeitig bekennt man sich zur demokratischen Verfassung von 1920. Die Kommunisten tun das nur zum Schein. Ihr Ziel ist ein kommunistisches Österreich. In der ersten noch nicht gewählten provisorischen Regierung sind zehn Kommunisten vertreten. Neben 13 ÖVP-Mitgliedern, zwölf Sozialisten und vier Parteilosen.

Chef dieser Regierung ist Karl Renner. Der Sozialist Renner war nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 Staatskanzler gewesen; sowie österreichischer Delegationsleiter bei den Friedensverhandlungen in St. Germain, letzter frei gewählter Nationalratspräsident der Ersten Republik und opportunistischer Befürworter des Anschlusses an Deutschland.

Der sowjetische Diktator Josef Stalin glaubt, mit Renner leichtes Spiel zu haben. Er irrt. Auf subtile Weise entzieht sich Renner der sowjetischen Umarmung. Nicht zuletzt, weil man schnell Wahlen ausruft. Die gewinnt die ÖVP mit absoluter Mehrheit. Trotzdem bildet Kanzler Leopold Figl aus allen drei Parlamentsparteien die bis heute einzige Konzentrationsregierung. Die KPÖ hatte übrigens nur vier der damals 165 Mandate gewonnen. Eine schwere Niederlage.

Hohe Besatzungskosten

Die Regierung steht nach dem Krieg vor enormen Problemen. Österreich muss die Besatzungskosten tragen, die ein Drittel des Budgets ausmachen. 80.000 Soldaten sind in Österreich stationiert. Viele Städte sind schwer zerstört. Die Industrie ebenso.

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Von 1948 bis 1953 unterstützen dann die USA den Wiederaufbau des Landes mit dem „Marshallplan“. Zugleich verzichten die West-Alliierten auf die Besatzungskosten. Das alles pusht. Die Industrieproduktion Österreichs wächst allein von 1948 bis 1951 jährlich um 30 Prozent.

1955 ziehen die Alliierten ab. 1953 war Stalin gestorben. Die neue Moskauer Führung ist etwas flexibler als der Massenmörder. Und dann haben die Österreicher die Idee, den Alliierten die immerwährende Neutralität anzubieten. Nach dem Muster der Schweiz aus dem Jahr 1815 (Wiener Kongress). Den Sowjets gefällt die Idee. Ein neutrales und freies Österreich ist besser als ein von den Westmächten halb besetztes Österreich.

Während des Kalten Kriegs profitiert Österreich von der Neutralität. Besonders Bruno Kreisky (SPÖ-Kanzler 1970–1983) gibt dem Land damit außenpolitisch eine Rolle, die weit über seine eigentliche Bedeutung hinausging, wie es der damalige US-Außenminister Henry Kissinger formulierte.

EFTA statt EU

Ein Beitritt zu der seit den 1950ern im Entstehen begriffenen heutigen Europäischen Union ist wegen der Neutralität freilich lange undenkbar. Österreich gehört dafür der Europäischen Freihandelsassoziation EFTA an, die als Gegengewicht zur EU gedacht war. Andere EFTA-Mitglieder sind damals Dänemark, Norwegen, Portugal, Schweden, die Schweiz und Großbritannien. Die Briten und die Dänen treten 1973 dann der EU bei. Seither ist die EFTA eine Art EU-Abwehrklub. Mitglieder heute: Schweiz, Island, Liechtenstein und Norwegen.

Am 1. Jänner 1995 tritt schließlich auch Österreich der EU bei. Nach dem Kollaps des Ostblocks schien das mit der Neutralität vereinbar. Noch 1989 reicht man das Beitrittsansuchen ein.

Bereits 1992 startet die SPÖ-ÖVP-Regierung eine millionenschwere Informationskampagne, nachdem Umfragen eine große Europaskepsis der Bevölkerung offenbart hatten.

FPÖ und Grüne sind gegen einen EU-Beitritt. Die Grünen sollten nach der Volksabstimmung (66,6 Prozent Ja-Stimmen) auf einen Pro-EU-Kurs umschwenken. Die FPÖ bleibt antieuropäisch. Bis zu Jörg Haider, der die Partei 1986 übernommen hatte, war die FPÖ jahrzehntelang die europafreundlichste Partei Österreichs gewesen. Aber das ist Geschichte.

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