Jedenfalls werden Wirtschaftskapitäne und Fachleute nicht müde, die Vorteile der österreichischen EU-Mitgliedschaft immer wieder zu berechnen und zu verkünden. Als ob all die Zahlen die Menschen beeindrucken würden. Wohlstand wird für den Einzelnen erst dann messbar, wenn man ihn verliert.
Wie aber stünde Österreich heute ohne EU-Mitgliedschaft da? Natürlich wäre die Wirtschaft nicht so schnell, aber doch gewachsen. Dank der Ostöffnung vor allem und wegen der globalen Ausrichtung vieler österreichischer Industriebetriebe. EU-Gegner verweisen in diesem Zusammenhang gerne auch auf die Schweiz. Als ob dort Milch und Honig fließen würden. Die Schweiz hat jedoch genauso ein Migrationsproblem wie ganz Europa, und in schöner Regelmäßigkeit krachen dort Großkonzerne wie 2023 die Credit Suisse zusammen. Und eine Zahl sei doch genannt: 8.100. So viele Unternehmen gingen heuer in der Schweiz pleite. Das ist Rekord.
Auch ein Blick nach Großbritannien lohnt sich. Der Brexit ist – für Historiker – ein Glücksfall. Weil man hier mit freiem Auge erstmals sehen kann, was mit einem Land geschieht, wenn es aus der Union austritt. Nun: Großbritannien ist nicht kollabiert, wie das EU-Befürworter suggeriert haben. Aber leben die Menschen dort jetzt in Saus und Braus? Sind ihre Einkommen plötzlich überproportional (wenn überhaupt) gestiegen? Wollen keine Flüchtlinge mehr über den Ärmelkanal? Haben Covid und Inflation einen Bogen um die Insel gemacht? Sicher ist nur, dass der Schuldenberg gigantisch ist und Brexit-Guru Nigel Farage weiterhin Spaß hat und sein Leben genießt. Auch wenn es bei den letzten Wahlen nicht so gut lief.
All das soll nun umgekehrt nicht bedeuteten, dass die EU alles besser kann. Aber vielleicht könnten Befürworter und Gegner der EU mit Winston Churchill einen kleinen gemeinsamen Nenner finden. Der britische Staatsmann sagte bekanntlich über die Demokratie, dass sie die schlechteste aller Staatsformen sei, nur gebe es keine bessere. Das kann man in übertragenem Sinn auch über die EU sagen.
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