Die Warnungen vor einem Medikamentenengpass in Österreich werden immer eindringlicher. Derzeit mangle es etwa an bestimmten Schmerzmitteln, teilt die Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin mit. Und tatsächlich: 591 Medikamente sind aktuell nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Einzusehen ist das in der entsprechenden Liste des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen.
Neben den Schmerzmitteln fehlt es etwa auch an Antibiotika – speziell in Form von Säften für Kinder – und Cortisonpräparaten.
Warum ist das so?
An den Engpässen sei nicht ein einzelner Faktor schuld, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Genannt werden etwa die Teuerungen, der Krieg in der Ukraine und die erneute Corona-Welle in China. „Das alles hat auch Auswirkungen auf die Produktion und Verfügbarkeit von Medikamenten am internationalen Markt.“
Und eben dieser Markt funktioniere gerade nicht, wie er sollte, sagt Komplexitätsforscher Peter Klimek vom neu gegründeten Lieferketten-Forschungsinstitut Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII). Das liege nicht an einer abnormal hohen Nachfrage, sondern an zu geringen Produktionskapazitäten. Bei den Antibiotika etwa würden weltweit nur an 25 Produktionsstandorten die benötigten pharmazeutischen Inhaltsstoffe hergestellt, der Großteil davon in China und Indien. Der Grund dafür sei unter anderem, dass die Pharmaindustrie mit der Produktion von Antibiotika nicht besonders gut verdient und es darum „keine allzugroße Motivation gibt, in mehr Produktionsstandorte zu investieren“, sagt Klimek.
Europa solls lösen
Was also können Politik und Institutionen tun? Das Problem sei langfristig nur auf europäischer Ebene wirklich lösbar, erklärt man im Gesundheitsministerium. Die EU-Kommission wird in den kommenden Wochen die Aktualisierung der Pharmaregulierung auf EU-Ebene veröffentlichen. Ziel ist es, die Produktion von Medikamenten wieder nach Europa zu bringen und Medikamente ohne Einschränkungen verfügbar, allgemein zugänglich und leistbar zu machen.
Auch Rufe, Medikamente verstärkt wieder in Österreich zu produzieren, gibt es bereits. Wie sehr eine lokale Produktion helfen kann, wenn der internationale Markt nicht funktioniert, ist laut Klimek allerdings fraglich. Er plädiert vor allem für eine bessere Dateninfrastruktur. So könne man die Zahl der Krankheitsfälle und den Zeitpunkt für hohe Nachfrage besser voraussagen und damit Modelle zur Bevorratung machen.
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