Warum die Abschiebung von Afghanen so schwierig ist

Warum die Abschiebung von Afghanen so schwierig ist
Die Ermordung des 13-jährigen Mädchens wirft auch viele Fragen rund um das Thema Asyl auf. Der KURIER hat einige Antworten.

Warum waren die mutmaßlichen Mörder der 13-jährigen Leonie auf freiem Fuß – beziehungsweise überhaupt noch in Österreich? Um diese Frage gab es vergangene Woche einen Schlagabtausch zwischen türkisem Innen- und grünem Justizministerium. Fakt ist: Drei der vier Afghanen, die derzeit verdächtigt werden, hatten sich gegen ihre drohenden Abschiebungen beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gewehrt, die Verfahren sind aber noch immer offen. Der KURIER hat beim Innenministerium nachgefragt.

Können Minderjährige abgeschoben werden?

Unbegleitete minderjährige Asylwerber werden kaum bis gar nicht abgeschoben. Erst wenn sie die Volljährigkeit erreicht haben, erfolgt eine Abschiebung. Anders schaut das im Fall von Minderjährigen aus, die in der Obhut ihrer Eltern nach Österreich geflüchtet sind (siehe die Abschiebung der zwölfjährigen Tina nach Georgien im Winter 2021). Das Wohl des Kindes wird grundsätzlich in allen Schritten des Asylverfahrens berücksichtigt – von der Ankunft und Asylantragstellung in Österreich bis hin zur endgültigen Entscheidung über den Aufenthalt im Bundesgebiet. Den grundlegenden Rechten auf Schutz, Versorgung und Beteiligung, die in der Kinderrechtskonvention (KRK) verankert sind, wird dabei durch eine Reihe von innerstaatlichen Bestimmungen und Verfahrensgarantien Rechnung getragen.

Wer entscheidet, ob ein Asylwerber abgeschoben werden darf oder nicht?

In ihren Herkunftsstaat rückgeführt werden stets nur Personen, deren Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde. Für einen negativen Bescheid muss die Verfahrensprüfung ergeben haben, dass keine Schutzbedürftigkeit im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegt. Die Zulässigkeit einer Außerlandesbringung wird in jedem einzelnen Fall individuell in einem rechtsstaatlichen Verfahren geprüft. Dabei werden auch drohende Gefahren im Falle einer Rückkehr sowie allfällige Integrationsbemühungen berücksichtigt. Liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor und reist der Betroffene nicht freiwillig aus, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Außerlandesbringung zu vollziehen.

Wie viele Abschiebungen gab es 2020 und 2021?

Dazu will das Innenministerium keine genauen Zahlen bekannt geben. Von 2017 bis Mai 2021 gab es in Summe 2.164 Ausreisen von afghanischen Staatsangehörigen. Davon fanden 1.316 Ausreisen zwangsweise (674 Abschiebungen und 642 Dublinüberstellungen) sowie 848 Ausreisen freiwillig statt. Der KURIER recherchierte aus den parlamentarischen Anfragen, dass es 2020 nur 49 Rückführungen afghanischer Staatsbürger gab. 2019 war es 279 Rückführungen.

Warum die Abschiebung von Afghanen so schwierig ist

Seit wann darf Österreich abgewiesene Asylwerber nach Afghanistan abschieben?

Im Oktober 2016 gab es das erste Abkommen zwischen der EU und der afghanischen Regierung, um Abschiebungen zu vereinfachen. Seit April 2021 gibt es ein neues Abkommen, wonach sogar bis zu 500 afghanische Staatsbürger pro Monat zurückgenommen werden können. Das österreichische Asylamt bucht regelmäßig Charterflüge nach Afghanistan, die von Frontex aus verschiedenen Ländern Europas organisiert werden.

Was, wenn in Afghanistan die Taliban regieren?

Viele Menschen sind wegen der Taliban aus Afghanistan geflüchtet. Sollten sie irgendwann die Regierung stellen, wäre eine Rückkehr ausgeschlossen. Höchstwahrscheinlich müsste auch ein neues Abkommen verhandelt werden. Und das dürfte schwierig werden.

Welche Rolle spielt die Straffälligkeit bei Asylverfahren? Werden diverse Delikte unterschiedlich bewertet?

Wird ein Asylwerber, ein Asylberechtigter oder ein subsidiär Schutzberechtigter straffällig, erfolgt eine sofortige und strenge Prüfung hinsichtlich asyl- und fremdenrechtlicher Konsequenzen. Bei einem laufenden Verfahren fließt die Straftat in die Entscheidungsfindung des BFA ein. Hat die straffällig gewordene Person bereits einen Schutzstatus, wird ein Aberkennungsverfahren eingeleitet.

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