Die Zeit von Birgit Gerstorfer an der Spitze der SPÖ Oberösterreich ist nun auch offiziell vorbei. In einer Pressekonferenz sagte die scheidende Parteichefin am Mittwoch: „Ich habe immer gesagt, wenn es gut ist für die Sozialdemokratie, dann werde ich an meine Nachfolge übergeben. Das ist jetzt unerwartet früh passiert.“
Auch Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer muss gehen. Klubobmann Michael Lindner wird Gerstorfers Platz einnehmen, Landesrätin bleibt sie bis zum Parteitag im September.
Ausschlaggebend für den Wechsel war offiziell eine misslungene Kampagne, bei der sich die Partei für das Impfen stark macht. Auf den Plakaten der SPÖ war ein trauriges Kind zu sehen, das für die Corona-Impfung warb.
Gebrodelt hat es bei den Genossen in Oberösterreich freilich schon länger.
Nach der Niederlage bei der Landtagswahl hatte die oberösterreichische SPÖ eine Analyse in Auftrag gegeben, bei der die Gründe für die Wahlschlappe strukturiert geklärt werden sollten.
In der Analyse wird die Rolle der Gewerkschaften hinterfragt und deren politische Haltung sinngemäß als veraltet hingestellt. Ungeachtet der Tatsache, ob dies zutrifft, hatte die Parteiführung die Analyse öffentlich gemacht – eine glatte Desavouierung der Gewerkschaftsbewegung. Und das im Industrieland Oberösterreich, wo die Gewerkschaften innerhalb der SPÖ entsprechend stark sind.
Dementsprechend war es kein Zufall, dass es nun ausgerechnet Dietmar Keck, dem Vorsitzenden der Gewerkschaftssektion voestalpine, zufiel, lautstark den Rücktritt von Gerstorfer und Brockmeyer zu fordern.
Mit der missglückten Impfkampagne hat man sich aber nicht einfach den erstbesten Grund gesucht, um Gerstorfer eine Retourkutsche zu verpassen. Auch Keck selbst soll sich bei internen Sitzungen für die Impfpflicht stark gemacht haben. Doch das Thema Impfpflicht hat in den vergangenen Wochen SPÖ-intern auch abseits von Oberösterreich für veritable Irritationen gesorgt.
Nachdem beispielsweise der einflussreiche Gewerkschaftsvertreter Beppo Muchitsch im Nationalrat gegen die Impfpflicht und damit gegen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner gestimmt hat, setzte sich die Debatte auch in der Bundesratsfraktion der SPÖ fort.
Laut dem KURIER vorliegenden Informationen konnten bei einer internen Fraktionssitzung am Dienstag die Kärntner Bundesräte nur durch eine persönliche Bitte bzw. Intervention von Landesparteichef Peter Kaiser dazu gebracht werden, für das Impfpflichtgesetz zu stimmen. Die steirischen SPÖ-Bundesräte waren teils gespalten. Und auch Salzburgs SPÖ-Bundesrat, der gleichzeitig Landesparteiobmann ist, sprach sich gegen die Impfpflicht aus.
Die Argumente der Gewerkschaftsvertreter gleichen denen der roten Lokal-Politik: Gerade am flachen Land macht man sich mit dem Propagieren der Impfpflicht derzeit nur Feinde. Ein Beispiel: Beim oberösterreichischen Industrieunternehmen Pierer Mobility AG (KTM) ist ein Drittel der Mitarbeiter ungeimpft. Dementsprechend „groß“ war die Begeisterung der oberösterreichischen SPÖ-Funktionäre in den Bezirken.
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