Virus-Mutation verändert Stimmung: Schon zwei Drittel wollen sich impfen lassen
Die Virusmutation schlägt auf die Meinung der Bevölkerung voll durch: Bereits 94 Prozent haben von der neuen Virusvariante gehört, mehr als 80 Prozent halten sich an die Lockdown-Regeln, 50 Prozent sind wegen der ansteckenderen Variante für einen längeren Lockdown. Und die Impfbereitschaft steigt sprunghaft.
Das sind die überraschenden Ergebnisse, die eine neue KURIER-OGM-Umfrage erbringt. Gleichzeitig steigt die Kritik am Krisenmanagement der Regierung. Schlechter als über die Politik fällt aber das Urteil über Beamte und Verwaltung aus.
Und hier die Details der Umfrage:
Die Impfbereitschaft ist sprunghaft gestiegen. Wollten sich im Dezember nur 26 Prozent "so schnell wie möglich impfen lassen", sind es jetzt bereits 42 Prozent. Weitere 23 Prozent wollen sich ebenfalls impfen lassen, "aber noch etwas zuwarten". Der Anteil der "eher nicht"- und "sicher nicht"-Antworten ging von Dezember mit 44 Prozent auf nunmehr 29 Prozent zurück.
OGM-Chef Wolfgang Bachmayer über die sprunghaft steigende Impfbereitschaft: „Die Meldungen über die Virus-Mutation aus Großbritannien verbreiten Angst und Schrecken.“ Die Möglichkeit, sich vor der Mutation schützen zu können, steigere die Impfbereitschaft.
Wie ein Lauffeuer
Nur wenige Tage nach den ersten Medienberichten hatten schon 94 Prozent von der Mutation gehört. „Binnen kürzester Zeit ging diese Nachricht wie ein Lauffeuer durchs Land“, sagt Bachmayer. 37 Prozent der Bevölkerung fühlen sich durch die ansteckendere Variante bedroht. Ältere verspüren noch mehr Angst. Bachmayer rechnet damit, dass die Impfbereitschaft weiter steigen wird. Sogar ein „Verteilungsstreit“ sei möglich: „Durch die strikt geplante Reihenfolge bei den Impfungen könnte es sein, dass die Ungeduld, geimpft werden zu können, zunimmt. Es könnte zu einer Art Impf-Neid oder Impf-Konkurrenz kommen.“
50 Prozent für Lockdown
Die Verunsicherung durch die Virus-Mutation geht so weit, dass 50 Prozent der Befragten eine Verlängerung des derzeitigen Lockdowns oder sogar eine Verschärfung der Maßnahmen befürworten. 26 Prozent der Befragten sind für Verschärfung, um die Ausbreitung einzudämmen. 24 Prozent sind für eine Verlängerung des Lockdowns. 36 Prozent plädieren dafür, vor neuen Maßnahmen abzuwarten, ob sich das mutierte Virus weiter ausbreitet.
Mehrheit mit Regierung unzufrieden
Apropos „Streit“: Den sollte die Regierung genauso vermeiden wie widersprüchliche Meinungen und Aussagen, möchte sie ihre Zustimmungswerte konservieren. Denn diese brechen langsam ein. „Die oft und gern zitierte ,Message Control‘ hat im letzten halben Jahr eigentlich kaum noch stattgefunden“, sagt Bachmayer. Ob Impfplan oder Schulöffnung: „Die Regierung hat nicht mit einer Stimme gesprochen.“
Nun ist zum ersten Mal in der Corona-Krise eine knappe Mehrheit unzufrieden mit dem türkis-grünen Krisenmanagement. Im Dezember betrug die Zufriedenheit noch 62 Prozent, dieser Wert ist auf 46 Prozent gesunken. Der Wert der "gar nicht"-Zufriedenen ist von 15 auf 26 Prozent gestiegen, jener der "weniger Zufriedenen" von 21 auf 25 Prozent.
52 Prozent negative Zensuren für Beamte
Noch schlechter kommen Beamte und Behörden weg. Mit dem Krisenmanagement der Behörden und Beamten sind nur fünf Prozent sehr zufrieden, 34 Prozent eher zufrieden,hingegen 32 Prozent weniger und 20 Prozent gar nicht zufrieden. Ergibt 52 Prozent negative zu 39 Prozent positiven Zensuren für die Beamten.
Bezüglich der türkis-grünen Regierung relativiert Bachmayer die negativen Antworten der Befragten: DieZustimmungswerte im März 2020 seien "absurd" hoch gewesen, die höchsten, die OGM jemals bei einer Regierung gemessen habe. Seitdem gehe es „in Wellen“ bergab.
Bergab in die Normalität
Er könne sich gut vorstellen, dass die Werte auf das Niveau vor Corona sinken, sagt Bachmayer: „Von einem Berggipfel geht man jetzt wieder in die normale politische Ebene hinunter. Das ist ein automatischer Prozess der Normalisierung.“ Normalität statt Heiligenverehrung: Das gilt auch für die Gesichter des Krisenmanagements, Kanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Wegen der Parteipräferenzen der Befragten und „seinem Eintreten für strikte, sofortige Corona-Maßnahmen“ liegt Kurz als Krisen-Stratege vor Anschober.
Pannen schadeten Anschober
Anschobers Höhenflug endete mit November. Dank hoher Medienpräsenz und empathischer Auftritte hatte der Minister zu Beginn der Krise gepunktet, so Bachmayer: „Mit seinem ruhigen Tonfall und seinen sparsamen Gesten hat er beruhigend gewirkt, fast ein bisschen wie ein Pfarrer.“ Diverse Pannen in Anschobers Ressort, Stichwort Verordnungen, würden diesen Stil nun teils konterkarieren, meint der OGM-Chef.
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