In der Debatte um die Verankerung des Bargeldes in der Verfassung fordert Robert Holzmann, Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, in der Krone nun eine Bargeld-Annahmepflicht, um die Wahlfreiheit, die Kanzler Karl Nehammer verspricht, auch wirklich sicherzustellen.
Wie? Da scheiden sich die Geister.
Laut dem Verfassungsexperten Christoph Bezemek, Uni Graz, wäre eine Verpflichtung, Bargeld anzunehmen, nicht ohne Weiteres umsetzbar. Geschäftstreibende haben ein Recht auf Privatautonomie, wie er im KURIER erklärte. Der Staat binde Anbieter nur an den Euro, nicht aber an die Zahlungsmodalitäten.
Scheine und Münzen
Fachkollege Peter Bußjäger, Uni Innsbruck, sieht das ein wenig anders: Aus seiner Sicht ergebe sich aus dem Nationalbankgesetz schon jetzt eine grundsätzliche Annahmepflicht. Der Euro ist seit 2002 Zahlungsmittel in Österreich – und das ist er durch Scheine und Münzen.
Es gibt aber Einschränkungen bei der Zumutbarkeit: Ein Geschäft muss nicht mehr als 50 Stück Münzen annehmen und darf große Banknoten ablehnen.
Gute Gründe
Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk bestätigt, dass es einen Grund braucht, um Bargeld abzulehnen. Der Kunde muss darüber in geeigneter Weise informiert werden. Was als „Grund“ durchgeht und was "geeignet" ist, sei im Einzelfall Auslegungssache.
Die Annahmepflicht sei jedenfalls nicht absolut, man müsse differenzieren, so Funk. Auch die Frage, wie man einen Geschäftstreibenden sanktionieren will, wenn er aus Prinzip kein Bargeld nimmt, sei schwierig zu beantworten. "Durchsetzen" kann sich ein Kunde etwa dadurch, dass er die Rechnung dann eben per Überweisung begleicht – oder woanders einkauft.
Gute Sitten
Recht bekommen könnte ein Kunde, wenn er auf die Leistung – Lebensmittel oder Medikamente – angewiesen ist und nicht so einfach woanders hingehen kann, etwa im ländlichen Bereich. "Es gibt eine gut gefestigte Judikatur, dass die Ablehnung in bestimmten Fällen gegen die guten Sitten verstoßen kann", so der Verfassungsjurist.
Eine Möglichkeit, die Frage der Bargeld-Annahme auszujudizieren, ist erst kürzlich in Tirol verstrichen: Die Arbeiterkammer drohte, gegen eine Supermarktkette vorzugehen, die in zwei Filialen ausschließlich Kartenzahlung zuließ. Die Kette hat Mitte Juli dann aber eingelenkt und erlaubt wieder in allen Filialen Bargeld.
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Gutes Geld
Derzeit regelt der Markt vieles selbst. Bargeld ist beliebt bei den Österreichern, Fachgruppenvertreter von Handel und Gastronomie bekennen sich in jüngsten Statements ebenfalls klar zum Kundenwunsch.
Die vielen Anschlussfragen im Zusammenhang mit einer Bargeld-Pflicht zeigen, dass die Forderung nach einer Verankerung in der Verfassung "nicht operabel" sei, sagt Funk. "Das würde keine Probleme lösen, sondern welche schaffen."
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